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Die Stadt im Spiegel: Roman (German Edition)

Die Stadt im Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt im Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirko Kovac
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jener Eltern zu schützen, die es sich in den Kopf gesetzt hatten, die Arbeit meiner Lehrerin zu unterwandern, weil sie überzeugt davon waren, dass sie ihren Kindern alles falsch beibrachte; sie hatten aber keine Beweise dafür. Meine Mutter war mit der Lehrerin befreundet, deshalb war ich bei ihr auch willkommen. Ich klopfte einmal, dann noch einmal, das zweite Mal etwas lauter, die Vorhänge gingen auf und meine Lehrerin zeigte sich am Fenster, sie gab mir mit der Hand ein Zeichen, ich durfte eintreten. Ich hörte, dass der Schlüssel im Schloss umgedreht wurde, und als sie mich sah, war sie besorgt. »Ich habe dich erwartet, allerdings nicht in einem so niedergeschlagenem Zustand.« Fast flüsternd sagte sie das, als sei ich ein Geliebter, von dem niemand wissen durfte.
    Heute kann ich zusammenfassend sagen, dass nach all den Jahren und Freundschaften, die nun für immer vorbei sind, mir Menschen, die Einfluss auf mich hatten, immer dabei geholfen haben, an mich selbst zu glauben. Und meine Lehrerin Jozipa B. war einer der wichtigsten Menschen in meinem ganzen Leben.
    Jozipa kam aus der südlichen Region des Neretva-Flusses, aus der Gemeinde Slivno, vor langer Zeit haben die Herrscher von Dubrovnik genau aus diesem Ort ihre Pferde geholt. Vielleicht stammte Jozipa sogar von Pferdezüchtern ab? Es ist eine große Ehre, Nachfahre von Menschen zu sein, die sich mit Pferden auskennen und die ihre unterschiedlichen Rassen am Leben erhalten.
    Als ich ihre Wohnung betrat, ahnte sie offenbar schon, dass ich sehr aufgewühlt war, dieser liebenswürdige Engel kannte mich gut genug. Nur mit Mühe hielt ich die Tränen zurück, musste mich sehr zusammennehmen und sie stand mir bei, legte ihre Hand zärtlich auf meinen Hals und zog mich an ihren Körper heran, mit ihrem Hausmantel bedeckte sie mich wie eine tröstende Mutter, der verlockende Duft ihrer weichen warmen Haut tröstete mich. Voller Vertrauen drückte ich meinen Kopf an ihren Körper und sie umarmte mich beidhändig, ihr Hausmantel kam mir vor wie ein Beschützer meines Unglücks, meiner Schwäche, die über mich gekommen war. Mir kam es vor, als bedecke dieser Stoff meine Kleingeistigkeit, meine Aufgeregtheit und meine Angst, einfach alles, was ich in dieser kurzen Zeit erlebt hatte. Nur mit Hilfe meiner Lehrerin, mit ihrer lieben Zugewandtheit konnte ich alles in mir sortieren, nur ihr konnte ich sagen, dass es mir über alle Maßen schwerfiel, die baldige Geburt dieses Geschwisterchens zu ertragen. Es fühlte sich an, als würde es sich in unser Haus hineinschleichen, ich litt sehr darunter, dass Mutter mich nicht ins Vertrauen gezogen hatte. Ich fühlte mich von ihr betrogen, aber ich wusste gar nicht richtig, ob mein Aufbegehren einen Sinn machte oder ob ich nicht einfach immer von Natur aus schnell gekränkt war und ein eifersüchtiges Wesen hatte. Darüber konnte mir doch eigentlich nur meine Lehrerin etwas sagen! Nur sie hatte immer das passende Wort zur Hand und wusste auch, was sie sagen musste, um mich zu beruhigen und meine Zweifel zu zerstreuen. Sie hatte mir schon früher aus schwierigen Situationen geholfen, vor allem wenn es Streitereien mit den älteren Schülern gegeben hatte.
    Sie hatte auch dieses Mal schon mit meiner Mutter gesprochen, hatte geahnt, dass ich abgehauen war und irgendwo am Fluss den Tag verbracht hatte, deshalb nahm sie mich gleich so selbstverständlich auf, und dann sprach sie mit mir eine Weile über die Schönheit der Geburt, aber auch über die Schönheit des Todes. Sie streichelte mich, erzählte mir alles mit beruhigender Stimme und ich nahm ihre Worte in mich auf, sie schmolzen in mir wie Honig, wie etwas, das mir das Leben retten würde. Dieses Erlebnis hat sich tief in meinem Gedächtnis abgelegt, noch heute denke ich, dass eine Geburt etwas Sinnvolles ist. Und es ist nur ihr zu verdanken, dass ich nach allen Stürmen in meinem eigenen Leben und nach allem, was sich bei uns und auch in der restlichen Welt ereignet hat, noch immer davon überzeugt bin, dass das Leben heilig ist.
    Auch früher schon war ich das ein oder andere Mal abends bei der Lehrerin vorbeigekommen. Meine Mutter schickte ihr frisches Obst aus unserem kleinen Garten, im Frühling junge Zwiebeln, Radieschen und grünen Salat, und wenn die Zeit der Feigen in L. gekommen war, brachte ich ihr die reifen Früchte in einem kleinen Reisigkorb, den ich mit großen Feigenblättern ausgelegt hatte, um die Frische zu erhalten. Wann immer ich zu ihr kam, fiel es

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