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Die Stadt - Roman

Titel: Die Stadt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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er einen Geruch wahr, der von bratendem Fleisch und Rauch kündete. Im obersten Stock blieb er vor einer Tür stehen, hinter der gedämpfte Stimmen erklangen, und klopfte an.
    Die Stimmen verstummten.
    Schritte näherten sich der Tür.
    »Wer ist da?«

    »Ich heiße Benjamin und komme von der Gemeinschaft.« Er stand genau vor dem Guckloch und lächelte freundlich, während sich die Hand in der Parkatasche etwas fester um die Pistole schloss.
    Es klackte mehrmals, als Riegel beiseitegeschoben wurden. Dann drehte sich ein Schlüssel im Schloss, und die Tür öffnete sich einen Spaltbreit. Ein misstrauisches Gesicht spähte in den Flur.
    »Von der Gemeinschaft kommst du? Und was will Hannibal von mir?«
    »Ich nehme an, du bist Laslo«, sagte Benjamin.
    »Ja.«
    »Es geht um Louise. Sie ist tot.«
    »Wer ist es, Schatz?«, erklang eine Frauenstimme, untermalt von lautem Zischen und Brutzeln.
    »Jemand von der Gemeinschaft. Heißt Benjamin.«
    »Lass ihn herein, Schatz. Leute von der Gemeinschaft sind mir immer willkommen.«
    Laslo schnitt eine skeptische Miene und öffnete die Tür.
    Benjamin trat ein und bekam nach dem ersten Atemzug einen Hustenanfall. Es war zu warm, es stank nach halbverbranntem Fleisch, und Rauchschwaden so dicht wie Wolken hingen unter der Decke. Eine Frau erschien auf der anderen Seite in der Küchentür: um die sechzig und eher klein, aber mindestens neunzig Kilo schwer, das Haar unter einem Kopftuch, die Wangen gerötet. Die Brüste unter dem weiten Kittel wölbten sich so weit vor, dass sie eine Art Balkon formten, auf dem man Blumentöpfe hätte abstellen können. Wenn sie in ihre Töpfe und Pfannen sehen wollte, dachte Benjamin, durfte sie nicht zu nahe an den Herd herantreten.
    »Der Abzug funktioniert nicht richtig«, sagte sie und wischte sich Schweiß von der Stirn. »Hab dich noch nie zuvor gesehen, Benjamin.«
    »Ich bin erst vor ein paar Tagen in der Stadt angekommen.«
    »Es geht um Louise«, wandte sich Laslo an die kleine, dicke Frau, die vermutlich Rebecca war. »Sie soll tot sein.« Sein Blick kehrte zu Benjamin zurück. »Wo ist da das Problem? Sie wird wieder erwachen. Und überhaupt …«, fügte er betont laut hinzu. »Louise interessiert mich nicht mehr.«
    Rebecca lächelte und warf ihm einen Kuss zu. Sie wischte sich die Hände an ihrer fleckigen Schürze ab und kam näher, wobei sie vorsichtig navigieren musste, denn das Zimmer war mit Gerümpel vollgestopft. Alte Möbel, die vielleicht als Brennstoff für Herd und Ofen dienten, waren aufeinandergestapelt; die Gänge zwischen ihnen schienen fast zu schmal für Rebeccas breite Hüften. »Möchtest du heute Abend bei uns essen, Benjamin? Es gibt Kohl aus meinem Garten, dazu ein saftiges Lendenstück von einem Stachler, den mir Dagos Leute heute Morgen gebracht haben. Frisch gefangen.«
    »Danke für die Einladung«, sagte Benjamin. »Aber das geht leider nicht. Laslo und ich, wir müssen uns sofort auf den Weg machen.«
    »Müssen wir das?«, fragte Laslo.
    Benjamin musterte ihn: ein paar Jahre jünger als er selbst, Haar und Kleidung sauber, das Gesicht weich, die Hände schmal und ohne Schwielen. So sah jemand aus, der an ein bequemes Leben gewöhnt war, und bei Rebecca schien er einen komfortablen Platz für sich gefunden zu haben.
    »Louise ist bei dem Versuch gestorben, die Bibliothek zu erreichen«, sagte Benjamin. Als Laslo ihn nur anstarrte, fügte
er hinzu: »Sie liegt dort tot auf dem Innenhof. Wir müssen zu ihr, bevor sie erwacht und weitere Fallen auslöst.«
    »Was habe ich damit zu tun?«, fragte Laslo.
    »Hannibal schickt mich zu dir«, log Benjamin. »Wir sollen Louise aus der Bibliothek holen. Dafür verspricht er dir und Rebecca zwei Besuche im Supermarkt.«
    »Das hat Hannibal gesagt?«, fragte Rebecca. Sie stand an der Tür.
    »Ja.«
    Im geröteten Gesicht der dicken Frau veränderte sich etwas. »Rein zufällig bin ich heute Nachmittag Katzmann und Mikado begegnet, die auf ihrer Patrouillenfahrt vorbeikamen. Sie haben mir erzählt, dass Hannibal einen Neuen namens Benjamin aus der Gemeinschaft verstoßen hat.« Sie griff in die Tasche ihrer Schürze und holte ein langes Küchenmesser hervor. »Was wird hier gespielt?«
    Benjamin zog die Pistole und wich zur Seite, damit er sowohl Laslo als auch Rebecca im Auge behalten konnte. Direkt hinter ihm stand hochkant eine alte Couch an der Wand; einige Federn ragten halb aus dem Polster. Die Couch knarrte und drohte umzustürzen, als Benjamin mit dem Rücken

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