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Die Stadt und die Stadt

Die Stadt und die Stadt

Titel: Die Stadt und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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gefühlten Ewigkeit drehte er sich um und trat an die Bordsteinkante.
    »Geben Sie eine Fahndung nach Jaris heraus«, sagte ich zu seinem Rücken. »Sperren Sie seinen Pass, informieren Sie Flughafen und Bahnhöfe. Doch er hat sich wahrscheinlich erst gemeldet, als bereits eine ausreichende Entfernung zwischen ihm und uns lag, um mir zu sagen, was seiner Meinung nach passiert ist. Sein Handy liegt wahrscheinlich in tausend Stücken neben den Gleisen mitten auf dem Cuani-Pass, und er ist längst umgestiegen in den Balkan-Express.«
    »Meinetwegen. Und was ist seiner Meinung nach passiert?«
    »Orciny.«
    Er wandte sich angewidert ab und wischte das Wort mit einem Schwenk der Hand beiseite.
    »Wann wollten Sie mich in dieses große Geheimnis einweihen?«, fragte er.
    »Ich habe es Ihnen gesagt, oder nicht?«
    »Ihr Freund hat sich verpisst. Verrät Ihnen das nichts? Flucht gilt im Allgemeinen als Schuldeingeständnis.«
    »Reden Sie von Mahalia? Kommen Sie, was sollte er für ein Motiv gehabt haben?« Während ich das sagte, musste ich an einiges denken, das Jaris mir erzählt hatte. Sie hatte nicht ihrem Verein angehört. Als man ihre wahren Absichten durchschaute, hatte man sie ausgeschlossen. Ich zögerte kurz. »Oder meinen Sie Bowden? Warum zum Teufel und wie zum Teufel hätte Jaris so etwas organisiert?«
    »Auf beide Fragen keine Antwort. Wer weiß schon, wie diese Idioten ticken. Bestimmt gibt es irgendeine zusammengeschusterte Rechtfertigung mit der ein oder anderen Verschwörungstheorie als Hauptzutat.«
    »Ergibt keinen Sinn«, meinte ich vorsichtig nach einer höflichen Pause. »Es war ... Also gut, der Anruf damals, das war er.«
    »Ich wusste es. Sie haben ihn verdammt noch mal gedeckt!«
    »Ich war mir nicht sicher. Als er gestern Nacht anrief, hat er es mir gesagt. Warten Sie, Dhatt, warten Sie, hören Sie zu. Weshalb hätte er mich damals anrufen und mir den Tipp geben sollen, wenn er der Mörder ist?«
    Dhatt starrte mich an. Nach einer Minute wandte er sich ab und winkte einem Taxi. Er öffnete die Tür. Ich schaute zu. Das Taxi hatte schräg am Bordstein gehalten und blockierte die halbe Fahrbahn: qomanische Autos hupten im Vorbeifahren, Besź machten routiniert einen Bogen um die Protub, die Gesetzestreuen unter ihnen sah man nicht einmal fluchend die Lippen bewegen.
    Dhatt hatte einen Fuß im Wagen, den anderen noch draußen. Der Taxifahrer beschwerte sich, Dhatt schnauzte ihn an und zeigte ihm seine Marke.
    »Eins von vielen Rätseln«, sagte er zu mir. »Aber es gibt trotz allem zu denken, oder nicht? Dass er die Fliege gemacht hat?«
    »Wenn er Dreck am Stecken hätte, wäre er verschwunden, ohne sich abzumelden. Und wie soll er die Leiche nach Besźel transportiert haben?«
    »Hat seine Freunde drüben angerufen ...?«
    Ich hob die Schultern: ein zweifelndes Vielleicht. »Die Unifs in Besźel haben uns die ersten Anhaltspunkte gegeben, ein Typ namens Drodin. Man könnte ihm unterstellen, dass er uns auf eine falsche Fährte locken wollte, aber dazu hätten wir überhaupt eine Fährte haben müssen, was zu dem Zeitpunkt nicht der Fall war. Er und seine Gesellen haben weder den Grips noch die Kontakte, um zu wissen, wo der ideale Lieferwagen für ihr Vorhaben steht - jedenfalls nicht die, die ich kennengelernt habe. Abgesehen davon stehen ohnehin mehr Policzai -Agenten als echte Verfechter eines Beźqoma in ihrer Mitgliederliste. Wenn Geary, Rodriguez und Bowden auf das Konto von Unifs gehen, war es ein geheimer harter Kern, von dem wir noch nichts wissen.
    Ich habe mich mit Jaris unterhalten. Er hat Angst. Er hörte sich nicht schuldig an, sondern verängstigt und deprimiert. Ich glaube, er hatte ein Auge auf Mahalia geworfen.«
    »Okay.« Dhatt schien einen Entschluss gefasst zu haben. Er winkte mir, einzusteigen, während er selbst noch draußen stehenblieb und in sein Handy sprach, so leise und schnell auf Illit, dass ich nicht folgen konnte. »Na gut, legen wir eine andere Platte auf.« Das Taxi fuhr los. »Wen juckt's, wenn zwischen Besźel und Ul Qoma der Weg manchmal dornig ist. Wen juckt's, was mein Boss mir für Anweisungen gibt oder welche Verhaltensmaßregeln Ihrer Ihnen mit auf den Weg gegeben hat? Sie sind Polizist, ich bin Polizist. Also tun wir uns zusammen. Ich könnte etwas Hilfe gebrauchen bei einem Fall, der von Minute zu Minute verworrener wird, und Sie? Ul Huan hat übrigens nichts zur Vermehrung unseres Wissensstandes beigetragen.«
    Das Lokal, vor dem uns das Taxi

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