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Die Stadt und die Stadt

Die Stadt und die Stadt

Titel: Die Stadt und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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nachzusuchen. Er schaute mich offen an und nickte. »War er mit einem von ihnen besonders gut befreundet? Oder mit einer, mit Mahalia Geary vielleicht?«
    »Mit Geary? Verflucht, nein. Geary kannte wahrscheinlich nicht einmal seinen Namen. Sie ruhe in Frieden.« Er machte mit der Hand das Zeichen des Langen Schlafs. »Aikam ist mit einigen von ihnen befreundet: Jacobs, Smith, Rodriguez, Browning fallen mir ein, aber Geary gehörte nicht dazu.«
    »Komisch, denn er hat uns gefragt ...«
    »Er war ungemein scharf darauf zu erfahren, was wir im Fall Geary herausgefunden haben«, sagte Dhatt.
    »Ja nun.« Buidze zuckte die Achseln. »Das hat uns alle nicht kaltgelassen. Natürlich will er wissen, ob man ihren Mörder gefunden hat.«
    Ich gab Dhatt ein Zeichen, mir das Feld zu überlassen, damit ich mir über einen Punkt Klarheit verschaffen konnte, über den wir bereits diskutiert hatten. »Bol Ye'an ist eine unübersichtliche Anlage. Wie ich auf der Karte gesehen habe, ist sie größtenteils total, doch es gibt einige kleine deckungsgleiche Bereiche. Ist es nicht ein Albtraum, das alles im Auge zu behalten?
    Mr. Buidze, als wir mit den Studenten gesprochen haben, hat nicht ein einziger von ihnen Ahndung erwähnt. Nicht mit einem Wort. Junge Leute aus dem Ausland? Sie wissen, wie verrückt alle Fremden auf die in ihren Augen kuriosen Verhältnisse hierzulande sind. Eine der ihren ist verschwunden, und sie zeigen nicht auf den berüchtigtsten Popanz von Ul Qoma und Besźel, der sogar echt ist, äußern keinen Verdacht? Sie verstehen, dass wir nicht anders können als uns fragen, wovor sie sich fürchten?«
    Buidze starrte mich an. Er schaute zu Isabelle Nancy. Er ließ den Blick durchs Zimmer wandern. Endlich lachte er.
    »Sie wollen mich auf den Arm nehmen, habe ich recht? Nein? Na gut, Inspektor. Ja, sie haben Angst, das stimmt, aber nicht davor, dass finstere Gestalten von Gott weiß wo über die Grenze kommen, um sie zu entführen. Ist es das, was Sie glauben?« Er schüttelte den Kopf. »Sie haben Angst, dass man ihnen auf die Schliche kommt.« Er hob schicksalsergeben die Hände. »Sie haben mich erwischt. Hier wird Grenzbruch begangen, den wir nicht verhindern können. Diese kleinen Scheißer betreiben das als Sport.«
    Er erwiderte unsere Blicke. Nicht defensiv. Pragmatisch. Sah ich so schockiert aus wie Dhatt? Professor Nancys Miene drückte allenfalls Verlegenheit aus.
    »Sie haben natürlich recht«, fuhr Buidze fort. »Man kann nicht jeden Grenzbruch verhindern, nicht an einem Ort wie diesem und nicht bei einem Rudel junger Ausländer. Sie sind nicht von hier, und mir ist egal, wie viele Vorbereitungskurse man sie absolvieren lässt: Sie haben Verhältnisse wie hier noch nie erlebt. Erzählen Sie mir nicht, dass es auf Ihrer Seite anders ist, Borlú. Glauben Sie wirklich, unsere kleinen Studiosi spielen nach den Regeln? Glauben Sie, wenn sie durch die Stadt spazieren, Sightseeing, dass sie wirklich Besźel nichtsehen? Heilige Einfalt.
    Wir können nur hoffen, dass sie vernünftig genug sind, kein großes Theater zu machen, aber selbstverständlich werfen sie den ein oder anderen Blick über die Grenze. Nein, wir können es nicht beweisen, und aus dem Grund wird auch Ahndung nicht aktiv, außer sie bauen wirklich Mist. Auch das ist vorgekommen. Aber viel seltener als Sie denken. Und seit einer Ewigkeit nicht mehr.«
    Isabelle Nancy hielt immer noch die Augen niedergeschlagen und studierte die Tischplatte. »Sie bilden sich ein, keiner von unseren ausländischen Besuchern begeht Grenzbruch?« Buidze beugte sich uns entgegen, spreizte die Finger. »Was wir bestenfalls von ihnen erwarten können, ist ein bisschen Anstand. Und hat man ein Rudel junger Leute auf einem Haufen, probieren sie natürlich aus, wie weit sie gehen können. Vielleicht beschränken sie sich nicht auf Blicke. Haben Sie als junger Mann immer getan, was man Ihnen gesagt hat? Aber unsere Studenten sind clever.«
    Mit der Fingerspitze zeichnete er einen Plan auf den Tisch. »Bol Ye'an überlagert hier und hier, und der Park überlagert uns hier und hier. Und dort, zum Rand hin in dieser Richtung, schiebt sich sogar ein Ausläufer total Besźel hinein.
    So, nun begießen unsere jugendlichen Schützlinge sich eines schönen Abends ordentlich die Lampe. Ob sie sich dann nicht gegenseitig anstacheln, sich in so eine Deckungsgleiche im Park zu stellen? Und dann, wer weiß, ob sie nicht ohne ein Wort zu sprechen, ohne einen Schritt zu tun, die Grenze

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