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Die Stadt und die Stadt

Die Stadt und die Stadt

Titel: Die Stadt und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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bringen, zeigte ich einem der Flugbegleiter meine Marke.
    »Seid nett zu ihnen.«
    »Den Ausgewiesenen?«
    »Ja. Ich meine es ernst.« Er hob die Augenbrauen, nickte aber.
    Man hatte den Gearys geholfen, sich einzurichten. Mrs. Geary hatte den Platz am Gang, ich ging neben dem Sitz in die Hocke. »Mrs. Geary, bitte richten Sie Ihrem Mann mein aufrichtiges Bedauern aus. Er hätte nicht tun sollen, was er getan hat, aber ich verstehe seinen Beweggrund.« Ich zögerte. »Wissen Sie ... wenn er sich besser in Besźel ausgekannt hätte, hätte er wahrscheinlich vermeiden können, nach Ul Qoma hineinzugeraten, und wäre nicht Ahndung in die Hände gefallen.«
    Sie sagte nichts, schaute mich nur unverwandt an.
    »Geben Sie her.« Ich stand auf, nahm ihre Tasche und verstaute sie in dem Gepäckfach über dem Sitz. »Sobald wir wissen, wie es weitergeht, falls wir neue Spuren finden, sich neue Informationen ergeben, werden wir Sie sofort benachrichtigen.« Immer noch sagte sie nichts, nur ihr Mund zuckte: Sie versuchte zu entscheiden, ob sie mich anflehen sollte oder mit Vorwürfen überschütten. Ich verneigte mich mit altmodischer Höflichkeit, drehte mich um und verließ den Flieger und das seiner Tochter beraubte Ehepaar.
    Ins Flughafengebäude zurückgekehrt, faltete ich den Zettel auseinander, den ich aus dem Seitenfach von Mrs. Gearys Tasche entwendet hatte. Der Name einer Organisation, Rechte Bürger, von einer Website ausgedruckt. Die Rechten Bürger, denen seine Tochter, wie er von ihr erfahren hatte, verhasst war und zu denen Mr. Geary wollte, um seine eigenen, illegalen Nachforschungen anzustellen. Eine Adresse.

9. Kapitel
 
    Corwi beschwerte sich, eher pflichtschuldig als ernsthaft empört. »Was soll der Aufwand?«, fragte sie. »Geht nicht jede Minute das Ersuchen an Ahndung?«
    »Theoretisch. Um ehrlich zu sein, lassen sie sich ganz schön viel Zeit. Es hätte längst passieren sollen, ich weiß nicht, weshalb das so lange dauert.«
    »Na und? Weshalb tun wir uns jetzt noch die Arbeit an? Mahalias Mörder wird demnächst Ahndung im Nacken haben.« Ich fuhr schweigend. »Verdammt. Sie wollen den Fall nicht abgeben, stimmt's?«
    »Oh doch, will ich.«
    »Ha, ha ...«
    »Ich möchte nur diesen unerwarteten Leerlauf nutzen, um etwas zu überprüfen.«
    Erst als wir vor dem Hauptquartier der Rechten Bürger hielten, entließ sie mich aus der Zange ihres forschenden Blicks. Ich hatte im Präsidium angerufen und die Adresse der RBs ermitteln lassen: Sie stimmte mit der auf Mrs. Gearys Zettel überein. Da ich Shenvoi, den undercover tätigen Kollegen, nicht erreichen konnte, musste ich mich mit dem begnügen, was ich schon wusste und was das Internet hergab. Corwi stand neben mir; ich sah, dass sie die Hand auf den Kolben ihrer Dienstwaffe legte.
    Eine verstärkte Tür, verbarrikadierte Fenster, aber das Gebäude selbst war ein Wohnhaus oder war ein Wohnhaus gewesen, genau wie seine Nachbarn in dieser Straße. (Ich fragte mich, ob man je versucht hatte, das RB-Heim auf Grund der Bebauungsvorschriften zu schließen.) Mit ihrem willkürlich scheinenden Wechsel zwischen Reihen- und einzeln stehenden Häusern sah die Straße beinahe aus wie eine Deckungsgleiche, aber sie war total Besźel, die Variation der Stile eine architektonische Kapriole, wenn auch nur um eine Ecke entfernt von einer stark deckungsgleichen Zone.
    Von Seiten der Liberalen wurde behauptet, nicht ganz zu Unrecht, es wäre mehr als Ironie, dass die reinräumliche Nähe zu Ul Qoma den RBs reichlich Gelegenheit gab, den Feind zu provozieren. Wegen der engen Nachbarschaft konnten die Qomani gar nicht anders, als auf irgendeiner Ebene die paramilitärische Kluft der Rechten Bürger wahrzunehmen und die Aufnäher mit Besźel Vor, auch wenn sie sich jede Mühe gaben zu nichtsehen. Man konnte fast sagen, es war Grenzbruch, aber nur fast.
    Bei unserer Ankunft lungerten sie draußen herum, rauchten, tranken, lachten laut. Mit ihrem ganzen Gehabe zeigten sie überdeutlich, dass sie die Straße als ihr Revier beanspruchten, genauso gut hätten sie an den Ecken das Bein heben können. Es waren alles Männer, nur eine Frau dabei. Wir wurden gemustert. Halblaute Worte fielen, und die meisten von ihnen schlenderten ins Haus. Ein paar blieben an der Tür stehen. In Leder, Denim, einer trotz der Kälte in einem der Physis schmeichelnden Muskelshirt, starrer Blick. Bodybuilder, einige mit Bürstenhaarschnitt, einer schmückte sich mit einer ehedem bei den oberen

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