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Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Titel: Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clarke Arthur C.
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konnte.
    Die Säulen setzten sich in ungebrochener Reihenfolge über die Landschaft fort. Dann, achtzig Kilometer von der ersten Richtungsänderung entfernt, beschrieben sie wieder einen rechten Winkel. Bei diesem Schema, dachte Alvin, werden wir bald wieder dort sein, wo wir angefangen haben.
    Die endlose Folge der Säulen hatte sie so hypnotisiert, dass sie die Lücke mehrere Kilometer hinter sich gelassen hatten, ehe Hilvar etwas rief, und Alvin, der überhaupt nichts bemerkt hatte, mit dem Schiff umkehrte. Sie schweb ten langsam herab, und als sie über der von Hilvar entdeckten Stelle kreisten, stieg in ihnen ein ungeheuerlicher Gedanke auf – obwohl ihn zuerst keiner der beiden auszusprechen wagte.
    Zwei Säulen waren an ihrer Basis abgebrochen. Sie lagen auf dem Felsboden.
    Das war noch nicht alles; die beiden Säulen rechts und links von dieser Lücke waren von einer enormen Kraft zur Seite gebogen worden.
    Es gab keine Ausflucht vor der Schlussfolgerung. Jetzt wusste Alvin, was sie überflogen hatten; er hatte etwas Ähnliches oft in Lys gesehen, es aber der erschreckenden Ausmaße wegen nicht gleich erkannt.
    »Hilvar«, sagte er und wagte kaum, seine Gedanken in Worte zu fassen, »weißt du, was das ist?«
    »Kaum zu glauben, aber wir sind am Rand eines Geheges entlanggeflogen. Dieses Ding hier ist ein Zaun – ein Zaun, der nicht stark genug war.«
    »Leute mit Haustieren«, meinte Alvin mit dem nervösen Lachen, hinter dem Männer manchmal Scheu zu verbergen suchen, »sollten eigentlich besser auf sie aufpassen.«
    Hilvar ging auf diese gezwungene Spaßhaftigkeit nicht ein; er starrte mit gerunzelter Stirn auf die zerstörte Begrenzung.
    »Ich versteh es nicht«, sagte er schließlich. »Woher hätte es auf diesem Planeten Nahrung bekommen können? Und warum brach es aus seinem Gehege aus? Ich würde viel dafür geben, um zu erfahren, was das für ein Tier war.«
    »Vielleicht hat man es hier zurückgelassen, und es ist ausgebrochen, weil es Hunger hatte«, vermutete Alvin. »Oder irgendetwas hat es wütend gemacht.«
    »Geh ein wenig tiefer«, sagte Hilvar. »Ich möchte mir den Boden ansehen.«
    Sie schwebten hinunter, bis das Schiff fast den Felsboden berührte, und jetzt bemerkten sie, dass die Ebene mit unzähligen kleinen Löchern übersät war, keines größer als drei bis vier Zentimeter. Außerhalb des Zaunes jedoch zeigte der Boden diese geheimnisvollen Narben nicht; an dem Zaun hörten sie abrupt auf.
    »Du hast Recht«, sagte Hilvar. »Es war hungrig. Aber es ist kein Tier gewesen; man könnte es eher eine Pflanze nennen. Es hatte den Boden in seinem Gehege ausgesaugt und musste neue Nahrung finden. Wahrscheinlich bewegte es sich ganz langsam; vielleicht brauchte es Jahre, um diese Pfosten umzubrechen.«
    Alvins Fantasie ergänzte schnell die Einzelheiten. Er zweifelte nicht daran, dass Hilvars Überlegung im Wesentlichen zutraf und dass irgendein botanisches Ungeheuer einen trägen, aber unablässigen Kampf gegen dieses Gehege geführt hatte.
    Selbst nach all den Jahren konnte es noch am Leben sein und nach Belieben über den Planeten wandern, aber es hatte keinen Sinn, danach zu suchen, denn dazu hätte man die Oberfläche des gesamten Planeten abgrasen müssen. Lustlos durchkämmten sie ein paar Quadratkilometer um die Zaunlücke und fanden tatsächlich eine kreisförmige Anhäufung kleiner, pockenartiger Löcher, die in einem Radius von fast siebzig Metern verteilt waren. Dort hatte sich das Wesen offensichtlich zu einer Mahlzeit niedergelassen – wenn man dieses Wort auf einen Organismus anwenden konnte, der seine Nahrung aus Felsgestein zog.
    Als sie wieder in den Weltraum aufstiegen, fühlte Alvin eine seltsame Müdigkeit. Er hatte so viel gesehen und doch so wenig erfahren. Es gab viel Merkwürdiges auf diesen Planeten, aber das, wonach er suchte, gab es schon lange nicht mehr. Es würde zwecklos sein, dachte er, die anderen Planeten der Sieben Sonnen aufzusuchen. Auch wenn es noch intelligente Wesen im Universum geben sollte, wo sollte er sie jetzt suchen? Er sah die Sterne an, die wie Staubkörnchen über dem Bildschirm verstreut lagen, und er wusste, dass die Zeit nicht ausreichen würde, sie alle zu erforschen.
    Er wurde von einem Gefühl nie gekannter Einsamkeit und Niedergeschlagenheit überwältigt. Jetzt konnte er die Angst Diaspars vor den Weiten des Universums verstehen, jenen Schrecken, der seine Mitbürger veranlasste, sich im Mikrokosmos ihrer Stadt zusammenzudrängen.

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