Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Titel: Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clarke Arthur C.
Vom Netzwerk:
die verlockende Gärten mit leuchtenden Blumen zu erkennen waren. Es gab in Diaspar noch Gärten, aber diese hatte der Künstler nur nach seinen Vorstellungen geschaffen. Heute blühten keine solchen Blumen mehr auf der Welt.
    Alystra war von ihrer Schönheit entzückt; sie hatte offensichtlich den Eindruck, dass Alvin sie nur dieses Anblicks wegen hergebracht hatte. Er beobachtete sie eine Weile, während sie fröhlich von Ansicht zu Ansicht lief. Es gab Hunderte solcher Orte in den halbverlassenen Gebäuden am Stadtrand, die von verborgenen Kräften überwacht und bewahrt wurden. Eines Tages vielleicht würde der Lebensstrom sich wieder hierherwenden, aber bis dahin war dieser alte Garten ein Geheimnis, das sie allein besaßen.
    »Wir müssen noch weiter«, sagte Alvin schließlich. »Das ist nur der Anfang.« Er trat durch eines der Fenster, und die Illusion zerbrach. Hinter dem Glas lag kein Garten, sondern ein Tunnelgang, der steil nach oben führte. Einige Meter entfernt sah er Alystra stehen, obgleich er wusste, dass sie ihn nicht sehen konnte. Aber sie zögerte nicht; einen Augenblick später stand sie neben ihm in dem Gang.
    Unter ihren Füßen begann der Boden langsam und stetig vorwärtszugleiten, als sei er begierig, sie zu ihrem Ziel zu bringen. Sie machten noch ein paar Schritte, bis ihre Geschwindigkeit so groß war, dass sie keiner weiteren Anstrengung bedurfte.
    Der Gang führte in einem Bogen immerfort nach oben und hatte nach dreißig Metern einen rechten Winkel durch messen. Aber das wusste nur die Logik; allen Sinnen schien es, als würde man in einem völlig ebenen, geraden Gang vorwärtsgetragen. Die Tatsache, dass sie in Wirklichkeit in einem Schacht senkrecht hochstiegen, der Tausende von Metern maß, erregte kein Gefühl der Unsicherheit in ihnen, denn ein Versagen des Polarisationsfeldes war schlicht undenkbar.
    Bald darauf neigte sich der Gang etwas, bis er wieder einen rechten Winkel beschrieben hatte. Die Bewegung des Fußbodens verlangsamte sich unmerklich, bis sie am Ende eines langen Spiegelsaales zum Stillstand kam. Alvin wusste, dass er Alystra hier nicht würde zur Eile drängen können. Das lag nicht nur daran, dass seit Eva einige weibliche Eigenschaften unverändert geblieben waren: Diesem Ort hätte so leicht niemand widerstehen können. In ganz Diaspar gab es nichts Ähnliches. Durch eine Laune des Künstlers reflektierten nur ein paar Spiegel die Realität, und Alvin war sich ziemlich sicher, dass auch diese sich in einer ständigen Veränderung befanden. Die anderen spiegelten sicherlich auch etwas wider, aber es war doch einigermaßen irritierend, sich in einer ständig wechselnden und ziemlich fantastischen Umgebung wiederzufinden.
    Manchmal liefen in der Welt hinter dem Spiegel Leute hin und her, und mehr als einmal hatte Alvin Gesichter gesehen, die er kannte. Durch den Geist des unbekannten Künstlers hatte er in die Vergangenheit geschaut und die früheren Inkarnationen von Menschen erblickt, die heute auf der Welt lebten. Es machte ihn traurig, daran zu denken, dass er keinem alten Echo seiner selbst begegnen würde, auch wenn er noch so lange vor diesen wechselnden Ansichten verharrte.
    »Weißt du, wo wir sind?«, fragte Alvin, als sie alle Spiegel abgeschritten hatten. Alystra schüttelte den Kopf. »Irgendwo am Rand der Stadt, nehme ich an«, erwiderte sie unbekümmert. »Anscheinend sind wir weit gegangen. Wo sind wir jetzt?«
    »Wir sind im Turm von Loranne«, antwortete Alvin. »Das ist einer der höchsten Punkte in ganz Diaspar. Komm, ich will es dir zeigen.« Er nahm Alystra bei der Hand und führte sie aus dem Saal. Es gab keine sichtbaren Ausgänge, aber an verschiedenen Stellen wies das Muster im Boden auf Seitengänge hin. Wenn man sich an diesen Stellen den Spiegeln näherte, schienen die Spiegelungen in einem Lichtbogen zu verschmelzen, und man konnte durch sie einen anderen Gang betreten. Durch ihr unaufhörliches Drehen und Wenden hatte Alystra bald jede Orientierung verloren. Schließlich kamen sie in einen langen, völlig geraden Tunnel, durch den ein kalter Wind fegte. Der Tunnel erstreckte sich zu beiden Seiten Hunderte von Metern, und an seinen fernen Enden schimmerten kleine Lichtpunkte.
    »Hier gefällt es mir nicht«, klagte Alystra. »Es ist kalt.« Sie hatte wahrscheinlich in ihrem ganzen Leben noch keine Kälte gespürt; Alvin war etwas verlegen. Er hätte ihr raten sollen, einen Mantel mitzunehmen – einen dicken Mantel, denn die Kleidung

Weitere Kostenlose Bücher