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Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Titel: Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clarke Arthur C.
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zu zahlreichen Kommentaren inspiriert hatte, bis die ursprünglichen Bände in einer Art Kettenreaktion unter Bergen von Anmerkungen und Erklärungen verschwanden. Der Meister hatte viele Welten besucht und bei vielen Völkern Anhänger geworben. Seine Persönlichkeit musste ungeheuer beeindruckend gewesen sein, um sowohl Menschen als auch Nicht-Menschen begeistern zu können, und es bestand kein Zweifel daran, dass eine Religion von so starker Ausstrahlung viel Gutes und Edles mit sich bringen musste.Der Meister war nicht nur der letzte Messias, den die Menschheit hervorgebracht hatte, sondern auch der wahrscheinlich erfolgreichste. Keiner seiner Vorgänger hatte so viele Anhänger sammeln können, keine andere Lehre hatte so große Abgründe zwischen Zeit und Raum überwunden.
    Worin die Lehre bestand, konnten weder Alvin noch Hilvar genau herausfinden. Der große Polyp bemühte sich nach Kräften, sie ihnen zu verdeutlichen, aber viele seiner Worte waren bedeutungslos, und er hatte die Gewohnheit, Sätze und ganze Reden mit einer mechanischen Schnelligkeit zu wiederholen, die sie sehr schwer verständlich machten. Nach einer Weile lenkte Hilvar das Gespräch von diesem sinnlosen Gestammel ab, um sich auf nachvollziehbare Tatsachen konzentrieren zu können.
    Der Meister und eine Gruppe seiner gläubigsten Anhänger waren kurz vor dem Untergang der Städte auf der Erde angekommen, zu einer Zeit also, in der Diaspars Hafen noch den Sternen offenstand. Sie mussten in sehr unterschiedlichen Raumschiffen angekommen sein; die Polypen zum Beispiel erschienen in einem mit Wasser aus ihren Heimatmeeren angefüllten Raumfahrzeug. Ob ihre religiöse Bewegung auf der Erde begrüßt wurde, ließ sich nicht mit Sicherheit feststellen; aber jedenfalls stieß sie nicht auf heftige Gegenwehr, und nach längerem Umherziehen errichteten sie ihre letzte Zuflucht in den Bergen und Wäldern von Lys.
    Am Ende seines langen Lebens hatten sich die Gedanken des Meisters wieder seiner Heimat zugewandt, und er bat seine Freunde, ihn ins Freie zu tragen, damit er die Sterne sehen konnte. Mit schwindenden Kräften hatte er auf die Kulmination der Sieben Sonnen gewartet und gegen Ende zu viele unverständliche Worte gemurmelt, denen sich in künftigen Zeitaltern noch mehr Bibliotheken voller Interpretationen widmen sollten. Immer wieder erwähnte er die Großen, die dieses Universum aus Raum und Materie verlassen hätten, aber gewiss eines Tages zurückkehren würden, und er beauftragte seine Anhänger, hierzubleiben und sie zu bewillkommnen, wenn sie kämen. Das waren seine letzten vernünftigen Worte. Danach erkannte er seine Umgebung nicht mehr. Aber kurz vor seinem Ende sagte er noch einen Satz, der die Zeiten überdauerte und keinem aus dem Kopf ging, der ihn hörte: »Es ist herrlich, die farbigen Schatten auf den Planeten des ewigen Lichts zu betrachten.« Dann starb er.
    Nach dem Tod des Meisters gaben viele seiner Anhänger ihren Glauben auf, aber andere blieben seiner Lehre treu und bewahrten sie über die Zeiten hinweg. Zuerst glaubten sie, dass die Großen, wer auch immer sie sein mochten, bald zurückkehren würden, aber mit den dahinziehenden Jahrhunderten schwand diese Hoffnung. Die Geschichte wurde an dieser Stelle sehr verwirrt, und es schien, als seien Wahrheit und Legende untrennbar miteinander verwoben. Alvin gewann nur ein undeutliches Bild zahlreicher Generationen von Fanatikern, die auf ein großes Ereignis warteten, das sie nicht verstanden und das zu einem unbekannten Zeitpunkt in der Zukunft stattfinden sollte.
    Die Großen kehrten niemals zurück. Langsam nahm die Kraft der Bewegung ab, als Tod und Enttäuschung sie ihrer Anhänger beraubten. Die kurzlebigen Menschen verschwanden als Erste, und es lag größte Ironie in der Tatsache, dass der letzte Anhänger eines menschlichen Propheten ein sehr menschenunähnliches Wesen war.
    Der große Polyp wurde aus einem ganz einfachen Grund zum letzten Schüler des Meisters . Er war unsterblich. Die Milliarden individueller Zellen, aus denen sich sein Körper zusammensetzte, starben dahin, aber ehe es so weit kommen konnte, pflanzten sie sich fort. In großen Intervallen zerfiel das Wesen in seine Myriaden einzelner Zellen, die ihren eigenen Weg gingen und sich durch Teilung vermehrten, wenn ihre Umwelt es zuließ. Während dieses Stadiums existierte der Polyp nicht als bewusstes, intelligentes Einzelwesen – und hier wurde Alvin zwingend an die Art erinnert, in der die

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