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Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Titel: Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clarke Arthur C.
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freizulegen.
    »Weißt du bestimmt«, sagte er langsam, indem er den Polypen ansprach, mit seinen Worten aber auf den Roboter zielte, »dass du wirklich die Wünsche des Meisters erfüllst, wenn du hierbleibst? Er wollte, dass die Welt von seiner Lehre erfuhr, aber sie ging verloren, während du dich hier in Shalmirane versteckt hast. Nur durch Zufall haben wir dich gefunden.«
    Hilvar sah ihn scharf an, offensichtlich in Ungewissheit über seine Absichten. Der Polyp schien erregt, und das gleichmäßige Geräusch seiner Atemorgane setzte für wenige Sekunden aus. Dann erwiderte er mit unsicherer Stimme: »Wir haben dieses Problem viele Jahre diskutiert. Da wir Shalmirane nicht verlassen können, muss die Welt zu uns kommen, gleichgültig, wie lange es dauert.«
    »Ich habe eine bessere Idee«, sagte Alvin eifrig. »Es stimmt, dass du vielleicht hier im See bleiben musst, aber es gibt keinen Grund, warum dein Begleiter nicht mit uns kommen sollte. Er kann jederzeit zurückkehren, wenn es ihm beliebt oder wenn du ihn brauchst. Seit dem Tod des Meisters haben sich viele Dinge verändert – Dinge, über die du Bescheid wissen solltest, die du aber nie begreifen wirst, wenn du hierbleibst.«
    Der Roboter rührte sich nicht, aber in seiner Unentschlossenheit tauchte der Polyp völlig unter die Wasserfläche und blieb einige Minuten unten. Vielleicht führte er ein stummes Gespräch mit seinem Begleiter; mehrmals begann er wieder aufzutauchen, überlegte es sich wieder anders und verschwand aufs Neue. Hilvar nutzte die Gelegenheit, mit Alvin ein paar Worte zu wechseln.
    »Ich möchte wissen, was du vorhast«, sagte er, halb scherzhaft. »Oder weißt du es selbst nicht?«
    »Gewiss tun dir doch auch diese armen Wesen leid,« erwiderte Alvin. »Glaubst du nicht, dass die Anständigkeit gebietet, sie zu retten?«
    »Doch, aber ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass Selbstlosigkeit nicht eine deiner beherrschenden Eigenschaften ist. Du hast noch ein anderes Motiv.«
    Alvin lächelte kläglich. Auch wenn Hilvar seine Gedanken nicht las, kannte er doch offensichtlich seinen Charakter.
    »Ihr und die euren habt bedeutende geistige Kräfte«, erwiderte er und versuchte, das Gespräch von dem gefähr lichen Thema abzubringen. »Vielleicht könnt ihr etwas für den Roboter tun, wenn man schon dem Tier nicht helfen kann.« Er sprach sehr leise, damit ihn der Roboter nicht hörte. Diese Vorsichtsmaßnahme war vielleicht nutz los, denn der Roboter ließ nicht erkennen, ob er Alvins Bemerkungen verstanden hatte oder nicht.
    Ehe Hilvar weiterforschen konnte, tauchte der Polyp glücklicherweise wieder an die Oberfläche. Er war in den letzten Minuten wesentlich kleiner geworden, und seine Bewegungen schienen unkontrolliert. Während Alvin den Polypen beobachtete, brach ein Teil seines komplizierten durchsichtigen Körpers vom Hauptleib ab und zerfiel in viele kleine Teilchen, die schnell verschwanden. Das Wesen begann sich vor ihren Augen aufzulösen.
    Als es diesmal wieder das Wort ergriff, war seine Stimme kaum noch zu verstehen.
    »Der nächste Kreislauf beginnt«, stieß es flüsternd hervor. »Haben ihn nicht so früh erwartet – nur noch ein paar Minuten – Aufregung zu groß – können uns nicht mehr lange halten.«
    Alvin und Hilvar starrten das Wesen mit entsetzter Faszination an. Obwohl der Vorgang, den sie beobachteten, ganz natürlich war, bereitete es kein Vergnügen, einem Wesen zuzusehen, das sich anscheinend im Todeskampf befand. Sie fühlten sich auch irgendwie schuldig; dieses Gefühl war unvernünftig, weil es an sich gleichgültig war, wann der Polyp einen neuen Kreislauf begann, aber sie begriffen, dass die durch ihre Anwesenheit bedingte ungewohnte Anstrengung und Erregung für diese verfrühte Verwandlung verantwortlich war.
    Alvin spürte, dass er schnell handeln musste, ehe die Gelegenheit vorüber war – vielleicht nur für ein paar Jahre, vielleicht aber auch für Jahrhunderte.
    »Was hast du beschlossen?«, fragte er. »Kommt der Roboter mit uns?«
    Eine quälende Pause trat ein, während sich der Polyp bemühte, den zerfallenden Körper mit seinem Willen zu bezwingen. Die Sprachmembran zitterte, aber kein hörbarer Laut drang aus ihr hervor. Dann winkte er, wie in einer verzweifelten Abschiedsgeste, schwach mit seinen zarten Fühlern und ließ sie ins Wasser zurückfallen, wo sie sich sofort abtrennten und in den See hinaustrieben. In wenigen Minuten war die Verwandlung vorbei. Von dem Wesen blieb

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