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Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Titel: Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clarke Arthur C.
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durch den sie hergekommen waren, endete hoch oben in der Saalwand – knapp unter der Decke der wahrscheinlich größten Halle, die die Menschheit jemals erschaffen hatte –, und auf jeder Seite schwangen sich große Rampen zu dem tief unter ihnen liegenden Boden hinab. Die hell erleuchtete Bodenfläche bedeckten Hunderte von großen weißen Gebilden; Alvin glaubte einen Augenblick lang, auf eine unterirdische Stadt zu blicken. Dieser Eindruck war so ungeheuer lebhaft, dass er sich nie mehr ganz von diesem Bild lösen konnte. Doch nirgends trafen seine Augen auf das, was er erwartet hätte – das vertraute Schimmern von Metall, das der Mensch seit Anbeginn der Zeiten mit dem Anblick seiner Diener in Verbindung brachte.
    Hier lag die Endstufe einer Entwicklung, beinahe so alt wie die des Menschen selbst. Ihre Anfänge verloren sich im Nebel der Frühzeit, als die Menschheit erstmals den Gebrauch der Energie erlernt und lärmende Maschinen um die Welt geschickt hatte. Dampf, Wasser, Wind – alle waren eine Weile gezähmt und dann doch wieder aufgegeben worden. Jahrhunderte hindurch hatte Materienenergie die Welt versorgt, bis auch sie übertroffen wurde; bei jeder Veränderung vergaß man die alten Maschinen und ersetzte sie durch neue. Ganz langsam, über Jahrhunderte hinweg, näherte man sich dem Idealbild der vollkommenen Maschine – jenem Ideal, das einst ein Traum, dann eine ferne Möglichkeit gewesen und schließlich Wirk lichkeit geworden war: Eine Maschine darf keine beweglichen Teile besitzen.
    Hier lag der letztmögliche Ausdruck dieses Ideals. Der Mensch hatte vielleicht hundert Millionen Jahre dazu benötigt und im Augenblick des Triumphes der Maschine auf immer den Rücken gekehrt. Sie hatte äußerste Vollkommenheit erreicht und konnte sich nun ewig selbst erhalten, während sie ihm diente.
    Alvin fragte sich nicht mehr, welche dieser stummen weißen Strukturen das Zentralgehirn war. Er wusste, dass es alle umfasste und sich weit über diesen Saal hinaus erstreckte und dass es die zahllosen anderen Maschinen in Diaspar ebenfalls einschloss, bewegliche wie fest installierte. Wie sein eigenes Gehirn die Summe vieler Milliarden einzelner Zellen war, so verteilten sich die physischen Elemente des Zentralgehirns über ganz Diaspar. Dieser Saal enthielt vielleicht nicht mehr als das Schaltsystem, durch welches alle Einheiten miteinander in Verbindung standen.
    Unsicher starrte Alvin auf die stille Arena. Das Zentralgehirn musste wissen, dass er hier war, wie es alles wusste, was in Diaspar vor sich ging. Er konnte nichts weiter tun, als auf seine Anweisungen zu warten.
    Die schon vertraute, aber noch immer Ehrfurcht erregende Stimme war so ruhig und so dicht an seinem Ohr, dass er bezweifelte, ob seine Begleitung sie ebenfalls hören konnte. »Geh die linke Rampe hinunter«, sagte sie. »Ich werde dich dann weiterleiten.«
    Er ging langsam die Rampe hinunter; der Roboter schwebte über ihm. Weder Jeserac noch die Wachen folgten ihm; er fragte sich, ob sie angewiesen waren, hierzubleiben, oder ob sie entschieden hatten, ihn von oben aus zu beobachten und sich den anstrengenden Weg zu sparen. Aber vielleicht trauten sie sich auch nur nicht näher heran …
    Am Fuß der Rampe gab die ruhige Stimme Alvin wieder eine Anweisung, und er schritt durch eine Avenue von Formen, die schlafenden Riesen glichen. Dreimal sprach die Stimme zu ihm, ehe er wusste, dass er sein Ziel erreicht hatte.
    Die Maschine, vor der er nun stand, war kleiner als die meisten anderen, aber er fühlte sich wie ein Zwerg vor ihr. Die fünf Reihen mit ihren weit ausschwingenden horizontalen Linien vermittelten den Eindruck eines kauernden Raubtieres. Alvin sah auf seinen Roboter, dann wieder auf die Maschine und konnte kaum glauben, dass beide Produkte derselben Entwicklung waren und beide mit demselben Ausdruck bezeichnet wurden.
    Etwa einen Meter über dem Boden befand sich ein breites, durchsichtiges Paneel, das sich über die ganze Seite der Maschine hinzog. Alvin presste seine Stirn gegen das glatte, seltsam warme Material und starrte in die Maschine. Zuerst sah er nichts; dann beschattete er die Augen und erkannte Tausende schwacher Lichtpünktchen, die im Nichts zu schweben schienen. Sie waren hintereinander in einem dreidimensionalen Gitterwerk gruppiert und erschienen ihm so seltsam und unbegreiflich, wie die Sterne den ersten Menschen vorgekommen sein mussten. Obwohl er sie lange betrachtete, rührten sich die farbigen Lichter nicht

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