Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson
Alvin die Entscheidung des Rates so gleichmütig aufgenommen hatte. Warum er sich nicht empört gezeigt hatte, als er von der Versiegelung der Fließstraßenkaverne hörte.
Die stolzen Konturen des Schiffs, das sich mit einem Mal aus der gespaltenen Wüste erhob, verschwommen unter der Decke aus Erde und Steinen, ohne ganz zu verdeckt zu werden. Jeserac sah zu, wie es sich langsam zu ihnen drehte, bis sich ein kreisförmiger Umriss abzeichnete, der sich allmählich weiter ausdehnte.
Alvin sprach schnell, als habe er nicht viel Zeit.
»Dieser Roboter wurde als Begleiter und Diener des Meisters gebaut und war vor allem Pilot dieses Schiffes. Ehe er nach Lys kam, landete er auf dem Flughafen von Diaspar, der jetzt dort draußen unter dem Sand begraben ist. Selbst damals dürfte er zum großen Teil unbenutzt gewesen sein; ich glaube, dass das Schiff des Meisters eines der letzten Raumfahrzeuge war, die auf der Erde landeten. Er lebte geraume Zeit in Diaspar, ehe er nach Shalmirane aufbrach; die Untergrundbahn muss damals noch verkehrt haben. Aber das Raumschiff brauchte er nie mehr; es hat die ganze Zeit hier unter dem Wüstenboden gewartet. Wie Diaspar selbst, wie dieser Roboter, wurde es von seinen eigenen Gedächtnisanlagen bewahrt. Solange es eine Energiequelle besaß, konnte es weder zerfallen noch vernichtet werden; das in seinen Erinnerungszellen vorhandene Bild konnte nie vergehen, und dieses Bild bewahrte seine physische Struktur.«
Das von dem Roboter gelenkte Schiff war ihnen inzwischen immer näher gekommen; Jeserac konnte sehen, dass es etwa dreißig Meter lang war und an beiden Enden spitz zulief. Man sah keine Fenster oder andere Öffnungen, die dicke Erdschicht verbarg sicher manches.
Sie wurden plötzlich mit Schmutz überschüttet, als sich ein Teil der Außenhülle öffnete; Jeserac erhaschte einen Blick auf eine kleine, leere Kabine mit einer zweiten Tür. Das Raumschiff schwebte dreißig Zentimeter vor der Öffnung des Luftschachtes, an die es sich vorsichtig heranmanövriert hatte.
»Leben Sie wohl, Jeserac«, sagte Alvin. »Ich kann mich von meinen Freunden in Diaspar nicht verabschieden; erledigen Sie das bitte für mich. Sagen Sie Eriston und Etania, dass ich bald zurückzukehren hoffe; wenn es nicht möglich sein sollte, danke ich ihnen für alles, was sie für mich getan haben. Und ich bin auch Ihnen dankbar, obwohl Sie vielleicht die Art und Weise nicht schätzen, in der ich Ihre Lektionen umsetze.
Was den Rat angeht – so sagen Sie ihm, dass man einen Weg, der einmal den Menschen offengestanden hat, nicht durch Beschlüsse wieder verschließen kann.«
Das Raumschiff war nur noch ein dunkler Fleck am Himmel; wenig später hatte Jeserac es ganz aus den Augen verloren. Er bekam überhaupt nicht mit, wie es verschwand, doch vom Himmel hallte plötzlich das seltsamste Geräusch herab, das ein Mensch jemals erzeugt hatte – das gedehnte Donnern der Luft, die Kilometer für Kilometer in den Vakuumtunnel stürzte, der sich mit einem Mal quer durch den Himmel bohrte.
Selbst als die letzten Echos in der Wüste verklungen waren, rührte sich Jeserac nicht. Er dachte an den Jungen, der verschwunden war, denn für Jeserac würde Alvin immer ein Kind bleiben, das einzige Kind, das seit langer Zeit in Diaspar zur Welt gekommen war. Alvin würde nie erwachsen werden; für ihn war das ganze Universum ein Spielzeug, ein Rätselspiel, das seinem Vergnügen diente. Jetzt hatte er das letzte, todbringende Spielzeug gefunden, das den Rest der menschlichen Zivilisation zerstören konnte – aber gleichgültig, wie es ausging, für ihn war es nur ein Spiel.
Die Sonne stand tief am Horizont; ein kühler Wind strich von der Wüste herüber. Aber Jeserac überwand seine Angst, und bald darauf sah er zum ersten Mal in seinem Leben die Sterne.
Achtzehn
Achtzehn
Selbst in Diaspar hatte Alvin selten einen solchen Luxus gesehen, wie den, der sich seinen Augen bot, als die innere Tür der Luftschleuse zur Seite glitt. Der Meister war offensichtlich alles andere als ein Asket gewesen. Erst geraume Zeit später fiel Alvin ein, dass dieser Komfort keine sinnlose Verschwendung war; diese kleine Welt war vermutlich das einzige Heim des Meisters in der Zeit seiner vielen langen Reisen zwischen den Sternen gewesen.
Es gab keine sichtbaren Bedienungsgeräte, aber der große, ovale Bildschirm, der die ganze vordere Wand ausfüllte, bewies, dass es sich hier um keinen gewöhnlichen Raum handelte; drei niedrige Sofas
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