Die Stadt unter dem Eis
so recht, was er tun sollte, sodass er
sich unschlüssig im Raum umsah. Kanuat war mittlerweile zu
den Hunden gegangen und begann sie zu füttern.
Es waren wirklich prachtvolle Tiere. Während der kurzen,
aber heftigen Unterhaltung hatten sie sich vollkommen still
verhalten, sodass sich Mike ihrer Anwesenheit gar nicht richtig
bewusst gewesen war, und auch jetzt gaben sie nicht den
mindesten Laut von sich, beobachteten Mike aber sehr
aufmerksam. Die Tiere ähnelten einer Mischung aus
Schäferhunden und Wölfen, waren aber etwas kleiner und
hatten ein dichtes, halb langes Fell und Augen von intensiv
blauer Farbe.
»Das sind Huskys«, sagte Kanuat, als hätte er seine Gedanken
gelesen. »Sie sind sehr intelligent und auch sehr zutraulich. Du
kannst sie ruhig streicheln, wenn du möchtest.«
Das ließ sich Mike nicht zweimal sagen. Er liebte Tiere und
allein der Anblick der acht großen Hunde ließ sein Herz höher
schlagen. Während der Inuit die Hunde fütterte, spielte Mike
ausgelassen mit den Tieren, die gerade nicht an der Reihe
waren. Auf diese Weise vergingen gute zwanzig Minuten, in
denen Trautman mehr schlecht als recht den Schlitten anspannte
und Kanuat die Ausrüstung zusammentrug, die sie benötigten –
eine erstaunliche Menge übrigens, wenn man bedachte, dass sie
bloß eine Strecke von siebzig oder achtzig Kilometern vor sich
hatten.
»Wir brauchen noch Salz«, sagte Kanuat. »Bitte gehen Sie ins
Haus und holen Sie es. Der Beutel steht direkt neben dem
Herd.«
»Salz? Wir haben nicht vor, zum Nordpol zu fahren.« Kanuat
schüttelte den Kopf. »Besser, auf alles vorbereitet zu sein. Man
gerät schnell in einen Schneesturm oder eine andere gefährliche
Situation.«
Trautman sah nicht besonders überzeugt drein,
widersprach aber nicht mehr, sondern wandte sich zur Tür.
»Ihr habt mir noch gar nicht gesagt, wohin ihr wollt«, sagte
Kanuat, kaum dass sie allein waren.
»Spielt das denn eine Rolle?«, fragte Mike ausweichend.
Wenn Trautman dem Inuit ihr Ziel nicht verraten hatte, dann
hatte er vielleicht seine Gründe dafür. Außerdem wusste er gar
nicht genau, wo ihr Ziel lag. Die Koordinaten, die Trautman
genannt hatte, bedeuteten ihm nicht mehr als eine Kombination
sinnloser Ziffern und Buchstaben.
»Wir können nicht nach Norden«, sagte Kanuat. »Die
Deutschen gestatten es nicht. Und es ist auch zu gefährlich.«
»Gefährlich? Warum?«
Kanuat wollte antworten, doch in diesem Moment flog die
Tür auf und Trautman stürzte herein. Er befand sich in heller
Aufregung. »Mike!«, keuchte er. »Wir müssen weg! Schnell!
Sie kommen! Vom Dorff und ein halbes Dutzend Soldaten! Wir
–«
Die Tür flog ein zweites Mal auf und diesmal so heftig, dass
sie Trautman im Rücken traf und ihn nach vorne taumeln ließ.
Nur mit Mühe fand er sein Gleichgewicht wieder und wirbelte
herum.
Es war zu spät. Zwei, drei Soldaten drängten in den Raum,
dicht gefolgt von Vom Dorff und Berghoff. Kanuat richtete sich
drohend zu seiner vollen Größe auf und hob die linke Hand, und
wie auf ein unhörbares Kommando hin sprangen auch sämtliche
Hunde auf und fletschten drohend die Zähne.
»Kanuat, nicht!«, sagte Trautman hastig. »Das geht Sie nichts
an!«
Der Inuit rief seine Hunde zurück und Vom Dorff machte ein
anerkennendes Gesicht. »Das ist sehr vernünftig von Ihnen,
Herr Trautstein«, sagte er. »Es täte mir wirklich Leid, wenn ich
meinen Männern befehlen müsste, die Hunde zu erschießen. Es
sind wirklich ganz außergewöhnlich schöne Tiere.«
Trautman funkelte ihn an. »Was soll das?«, fragte er. »Was
fällt Ihnen ein, sich so aufzuführen?«
Vom Dorff lächelte, trat einen Schritt zurück und ließ seinen
Blick nachdenklich über das Hundegespann und das
vorbereitete Gepäck schweifen. »Wollen Sie einen Ausflug
machen, Kapitän?«, fragte er. »Ich hätte Sie wirklich für
vernünftiger gehalten. Sie enttäuschen mich. Ich hatte Sie doch
eindringlich gewarnt, sich nicht mit diesen Wilden einzulassen,
oder?«
»Ich glaube, das ist meine Entscheidung«, sagte Trautman.
»Leider nicht«, erwiderte Vom Dorff. »Sie können natürlich
gehen, wohin Sie wollen, aber zuvor werden wir uns noch
einmal unterhalten müssen, fürchte ich. Wenn Sie und Ihr
junger Freund also so freundlich wären uns zu begleiten? Sie
möchten doch nicht, dass Unbeteiligte zu Schaden kommen,
oder?« Die Drohung in seinen Worten war unüberhörbar. Mike
sah aus den Augenwinkeln, wie sich Kanuats Gesicht noch
weiter verdüsterte. Aber
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