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Die Stadt unter dem Eis

Die Stadt unter dem Eis

Titel: Die Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und
drehten sich im Kreis, ohne zu einem wie auch immer gearteten
Ergebnis zu kommen. Aber dann schüttelte er den Kopf.
»Nein«, murmelte er. »Das ist nicht die NAUTILUS. Sie kann es nicht sein!«
»Da hast du Recht, mein lieber Junge«, sagte eine Stimme
hinter ihm. »Das ist die WOTAN. Aber sie könnte es sein, das
musst du zugeben. Die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend.«
Während Vom Dorff redete, hatten sich Mike und Kanuat
langsam herumgedreht. Der deutsche Handelsattaché stand
keine drei Schritte hinter ihm und er war keineswegs allein
gekommen. Gleich vier Soldaten hatten rechts und links von
ihm Aufstellung genommen und zielten mit ihren Gewehren auf
sie.
»Wie lange beobachten Sie uns eigentlich schon?«, fragte
Mike.
Vom Dorff zuckte die Achseln. »Lange genug«, sagte er.
»Ich hoffe doch, eure kleine Rutschpartie war nicht zu unsanft.
Du hättest wirklich auf einem leichteren Weg hier
hereinkommen können. Warum hast du nicht einfach geklopft?«
Mike sah sich verstohlen um. Abgesehen von Vom Dorff und
seinen vier Soldaten war die Kaimauer vollkommen leer. Mit
ein bisschen Glück konnte er den Sprung ins Wasser schaffen.
»Versuch es erst gar nicht«, sagte Vom Dorff, als hätte er
seine Gedanken gelesen. »Selbst wenn dich meine Soldaten
nicht erschießen, kämst du nicht sehr weit. Das Fluttor reicht
unter Wasser bis zum Grund des Hafenbeckens und es gibt
keinen anderen Ausgang aus der Stadt. Du würdest dir nur
vollkommen sinnlos eine Erkältung einhandeln.«
»Spielt das eine Rolle?«, fragte Mike. »Ich meine: Es ist doch
eigentlich egal, ob Sie mich mit oder ohne Triefnase erschießen
lassen.«
»Erschießen lassen?« Vom Dorff blinzelte. »Wie
kommst du darauf, dass ich so etwas vorhabe?«
»Sie werden mich bestimmt nicht einfach laufen lassen,
oder?«
»Bestimmt nicht«, antwortete Vom Dorff. »Aber ich habe
auch nicht vor, dich und deine Freunde umzubringen. Du hörst
anscheinend viel zu oft den britischen Propagandasender, wie?«
»Was haben Sie denn mit uns vor?«, fragte Kanuat.
Vom Dorff seufzte. »Wenn ich das wüsste. Ich muss gestehen,
dass ihr mich vor große Probleme stellt. Ich kann euch nicht
laufen lassen, wie ihr bestimmt einsehen werdet, aber ich kann
euch auch nicht umbringen. Ich fürchte, ich werde euch für eine
Weile bitten müssen, mit unserem Gästequartier vorlieb zu
nehmen. Wenigstens, bis ich mich entschieden habe, was mit
euch geschieht.«
»Und wie lange wird das sein?«, fragte Mike. »So ungefähr
zwanzig oder dreißig Jahre? Oder nur so lange, bis Deutschland
mit Hilfe der WOTAN den Krieg gewonnen hat?«
»Du urteilst wieder vorschnell«, sagte Vom Dorff.
»Aber dieser Fehler ist verständlich.«
»Was haben Sie mit Trautman gemacht?«, fragte Mike.
»Was nötig war«, antwortete Vom Dorff. »Euer Freund ist
ziemlich übel verletzt, aber das habt ihr ja bestimmt schon
selbst gemerkt. Wir haben ihn in die Krankenstation gebracht.
Macht euch keine Sorgen. Wir haben sehr gute Ärzte hier.« Er
machte eine auffordernde Geste. »Muss ich euch in Ketten
legen lassen oder erspart ihr uns allen diese Peinlichkeit?«
Mike starrte ihn wütend und wortlos an, trat dann aber
gehorsam auf Vom Dorff zu und folgte ihm. Auf dem ersten
Stück bewegten sie sich genau den Weg zurück, den sie
gekommen waren, dann aber steuerten sie auf eines der großen
Gebäude in der Nähe des Hafens zu: eine gewaltige, leicht
asymmetrisch wirkende Pyramide, hinter deren zahlreichen
Fenstern weiße und gelbe Lichter brannten.
Sie wurden getrennt, als sie das Haus betraten. Vom Dorff
versicherte ihm noch einmal, dass Kanuat kein Haar gekrümmt
würde, bestand aber darauf, den Inuit von seinen Soldaten in
den Keller der Pyramide bringen zu lassen. Mike musste ihm
die Treppe hinauf in einen kleinen, erstaunlich gemütlich
eingerichteten Raum folgen. Zu Mikes Überraschung ließ Vom
Dorff die beiden Soldaten draußen auf dem Flur zurück, als er
die Tür hinter sich und Mike schloss.
»Nur Sie und ich?«, fragte Mike spöttisch. »Ganz allein?
Haben Sie gar keine Angst?«
»Ich bin dreißig Jahre älter als du, mein Junge«, sagte Vom
Dorff, während er um den Schreibtisch herum ging und sich
setzte.
»Vielleicht kann ich ja Judo«, antwortete Mike. »Oder
Karate.«
»Ja und ich trage den schwarzen Gürtel in Mikado«, sagte
Vom Dorff spöttisch. »Lass uns doch mit diesem Unsinn
aufhören, Mike. Bitte setz dich. Wir haben zu reden.«
Mike rührte sich nicht, sondern starrte Vom Dorff

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