Die Stahlkönige
durch die erste Reihe. Die Männer hatten die Hähne gespannt. Wieder erfolgte ein Befehl, offenbar ein Ruf der Vorbereitung. Die Thezaner waren auf hundert Schritte herangekommen und gerade dabei, in schnellen Galopp zu fallen. Beim nächsten Ruf explodierte die erste Reihe in Rauch und Feuer. Über den Dampf hinweg sah Larissa, dass ein paar Feinde gefallen waren. Es waren nicht viele und ihre Kameraden liefen weiter.
Der zweite Knall überraschte sie. Die erste Reihe kniete am Boden, während die zweite über ihre Köpfe hinweg feuerte. Noch während sie hinsah, kniete auch die zweite Reihe nieder. Die dritte Linie feuerte, und nun wurde der Rauch so dicht, dass man nur noch die Umrisse der Knienden erkennen konnte, die ihre Waffen nachluden.
Der Ansturm der Thezaner geriet mit der dritten Salve ins Wanken. Inzwischen lagen viele leblose Körper auf dem Boden und die dichten Reihen der Feinde wiesen deutliche Lücken auf. Der Galopp wurde zum Schritt, und auch die Krieger, die sich weit hinten befanden, schlichen förmlich dahin, als sie begriffen, dass weder Schilde noch Rüstungen sie vor den Kugeln schützten.
Die Mezpaner feuerten ohne Pause. Jede Salve forderte neue Verwundete, je näher die Gegner kamen. Larissa bemerkte etwas Seltsames: Die Feinde sangen, schwenkten die Schilde und sprangen zu zweit oder zu dritt vor, aber nie reihenweise, und jede Salve warf sie zurück, obwohl die meisten nicht einmal getroffen wurden.
»Wenn sie einfach tapfer weiterstürmen würden, wären sie bald ganz dicht heran und könnten eure Soldaten töten.«
»Das geschieht aber nie«, erklärte Todesmond. »Irgendetwas in dieser Lage passiert, was die Männer davon abhält, sich vernünftig zu verhalten.«
»Und warum fliehen sie dann nicht? Warum stehen sie einfach da und lassen sich umbringen?«
Inzwischen standen die Thezaner kaum mehr als dreißig Schritte von den Feinden entfernt still. Sie sangen immer noch und schwenkten die Schilde, aber jedes Mal fielen etliche den Salven zum Opfer. Auf Larissa wirkte es wie die reinste Verschwendung von Kriegern.
Der Graf zuckte die Achseln. »Das wäre feige, und du siehst, dass sie nicht feige sind. Ich nehme an, man müsste sich dort unten zwischen ihnen aufhalten, um zu verstehen, warum sie sich so benehmen, aber Krieger tun das nun einmal, wenn man auf sie schießt. Alle Krieger.« Sein eisiger Blick verriet, dass er seine Botschaft übermittelt hatte. Hier fand eine Vorführung statt, aber sie diente nicht nur dazu, die Nützlichkeit mezpanischer Verbündeter im Krieg gegen Hael zu verdeutlichen.
»Ich verstehe genau, was du sagen willst«, antwortete Larissa.
»Wie gut, dass wir uns so vortrefflich verstehen.«
Mit grimmigem Gesicht wandte sie sich wieder dem sinnlosen Gemetzel zu. Endlich hatten die Thezaner den Mut verloren und rannten in wilder Flucht davon. Larissa sollte Gasam eine Warnung überbringen. Das passiert auch den Insulanern, hatte Todesmond deutlich gemacht, wenn sie sich jemals gegen Mezpa wenden.
KAPITEL SIEBZEHN
K airn saß auf seinem Cabo, das er mit den Knien lenkte. In der linken Hand hielt er den Bogen, die rechte glitt zum hundertsten Mal an diesem Tag zum Köcher hinab und zog einen Pfeil heraus. Er legte ihn an und spannte die Sehne. Die zahlreichen Schichten aus Holz, Horn und Sehnen knarrten leise. Die Sehne schnellte vor, der Pfeil flog davon und gesellte sich zu mehreren tausend anderen, die wie ein Regenschauer auf die feindliche Infanterie herabprasselten, die unter ihren Schilden Deckung suchte. Die gegnerische Armee war riesig, hatte aber seit Beginn der Schlacht am frühen Morgen noch keinen einzigen Schlag ausführen können. Kairn blickte zum Himmel und konnte kaum glauben, dass die Sonne den Zenit noch nicht erreicht hatte. Seinem Gefühl nach hätte es schon Spätnachmittag sein müssen.
Er hörte das Dröhnen eines Kaggahorns, und die Hand, die nach dem nächsten Pfeil griff, sank herab. Die Feinde hissten eine weiße Flagge, und Haels Offiziere befahlen, das Feuer einzustellen. Die Männer zügelten die Cabos, und eine kleine Gruppe Offiziere ritt mit einem Nevaner, der alle südlichen Dialekte beherrschte, auf den Feind zu, um zu verhandeln. Wenig später warfen die Gegner ihre Standarten zu Boden, denen kurz darauf die schwarzen Schilde und sämtliche Waffen folgten.
Kairn atmete tief durch und merkte plötzlich, wie müde er war. Seine Beine zitterten vor Anstrengung durch das stundenlange Reiten und Lenken
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