Die Stahlkönige
was für ein wunderbarer Tag! Ihr habt mich wirklich hervorragend unterhalten und belustigt. Sage mir, Junge, verhält es sich so, wie dieser Mann behauptet?«
Kairn nickte. »Ja. Der König teilte mir mit, dass sich ein Shasinnspion oder ein Gesandter in eurem Land aufhalten soll. Höchstwahrscheinlich in der Hauptstadt.«
»Hat dir der König seinen Namen genannt?«
Kairn hatte keine Ahnung, welchen Namen sein Vater benutzte. Er schüttelte den Kopf. »Nein. Ich glaube, das wusste er nicht. Er sagte, jeder Shasinn hier führe nichts Gutes im Schilde. Ich sollte ihn ohne Aufsehen töten, wenn sich eine Gelegenheit ergäbe.« Todesmond sah ihn zweifelnd an, aber Hael lenkte ihn durch ein verächtliches Schnauben ab.
»Einen unerfahrenen Knaben auszuschicken, um einen Shasinnkrieger zu töten! Hael ist tatsächlich verblödet, wie König Gasam immer sagt. Was willst du mit diesem kleinen Narren anfangen, werter Graf?«
»Oh, ich werde ihn eine Weile behalten. Wer weiß, was er noch alles zu erzählen hat. Man wirft ein Buch nicht einfach fort, nur weil man es einmal gelesen hat.«
In ein leises Gespräch vertieft, verließen sie die Zelle. Kairn sank zurück. Schmerzen quälten ihn, aber ihm war ein Stein vom Herzen gefallen. Er war sicher, dass sie Todesmond erfolgreich an der Nase herumgeführt hatten. Hätte sein Vater ihn nicht schon gestern erkannt und sich anmerken lassen, was er beim Anblick seines Sohnes in diesem Zustand empfand – er wagte nicht, den Gedanken weiterzuspinnen. Haels schnelle Reaktion und die erfundene Geschichte, die ihrer beider Anwesenheit zur Zufriedenheit des Grafen erklärte, erfüllte ihn mit Stolz auf seinen Vater.
Was nun? Unschlüssig zerrte er an seinen Ketten. Jetzt war es an Hael, den nächsten Schritt zu tun. Mit diesem Gedanken legte er sich so bequem wie möglich hin und fiel in einen unruhigen Schlummer.
Ein Rascheln weckte ihn. Seine Umgebung und die Ketten, die ihn fesselten, waren ihm so fremd, dass er nicht gleich begriff, wo er war. Die letzten Tage zogen an ihm vorüber und die Erinnerung kehrte zurück. Langsam setzte er sich aufrecht hin, wobei er jedes Geräusch vermied. Das Stückchen Himmel, das er durch das kleine Fenster sah, verriet ihm nicht viel, aber es musste längst nach Mitternacht sein.
Das glühende Kohlenbecken und eine einsame Kerze erlaubten ihm einen Blick in den angrenzenden Raum. Dort döste ein einzelner Wächter. Das Rascheln, das Kairn geweckt hatte, störte den Mann nicht. Wieder raschelte es, diesmal jedoch lauter. Der Wächter zuckte zusammen. Am Fuß der Treppe erblickte Kairn einen Schatten. Der Bewaffnete drehte sich langsam um.
»Wächter!«, rief Kairn halblaut. Der Mann wandte sich ihm zu und ein großer Schatten erschien hinter ihm. Ein dumpfer Schlag ertönte und der Wächter sackte mit leisem Stöhnen zusammen. Dann stand Hael an der Zellentür. Kairn hörte das Schaben eines Riegels und wurde Augenblicke später heftig umarmt.
»Mein Sohn! Wie bist du hierher gekommen, du kleiner Narr?« Er ließ Kairn los und machte sich mit einem seltsam geformten Schlüssel an den Ketten zu schaffen.
»Vater, ich habe eine Botschaft …«
»Später, wenn wir entkommen sind! Deine Botschaft nützt mir nichts, solange wir Gefangene sind.« Die letzten Fesseln fielen zu Boden. »Bist du unverletzt?« Kairn erhob sich steifbeinig und rieb sich die Arme.
»Mir fehlt nichts.«
»Gut. Wir haben einen anstrengenden Weg vor uns, ehe wir in Freiheit sind.«
»Am schlimmsten sind meine Kopfschmerzen«, gab Kairn zu, als sie die Zelle verließen.
»Seltsam. Schließlich hast du den Teil deines Körpers am wenigsten benutzt.«
»Was ist mit den Wachen geschehen?«
»Was üblicherweise mit Wächtern geschieht, die unaufmerksam sind. Sei jetzt still.«
Sie eilten die Treppe hinauf und fanden sich in einem Wachraum wieder. Zwei leblose Männer lagen auf dem Boden. Hael deutete in eine Ecke, und Kairn unterdrückte einen Triumphschrei, als er seine Habe entdeckte.
»Nimm nur die Waffen und jene Sachen, mit denen du klettern kannst. Den Sattel und die Taschen musst du hierlassen. Den Speer auch.«
Kairn tat es leid um seinen Besitz, aber er war froh, mit heiler Haut zu entkommen. Einen Speer und einen Sattel konnte man ersetzen. Pfeile und Bogen hängte er sich über die Schulter, wo sie eine unbequeme, aber leichte Last bildeten. Das Schwert und den Dolch schnallte er an den Gürtel, stopfte sich noch ein paar kleinere Dinge in die
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