Die Stahlkönige
die scharfen Kanten der Spitze fanden ihr Ziel und die Angreifer taumelten blutend zurück. Ein dritter Mann hob sein Feuerrohr. Es knallte und blitzte, aber der Schuss ging vorbei. Zwei gute Bogenschützen, dachte Kairn, hätten uns auf der Stelle getötet.
Dann rasten sie über die Brücke auf das sich langsam öffnende Mittelstück zu. Das Geräusch der Hufe veränderte sich, als sie die hölzernen Bohlen unter sich hatten. Kairn sah die Hinterhufe des Cabos, als sein Vater den Absprung wagte. Augenblicke später segelte auch er mit seinem Tier, das ihm vertraute, durch die Luft. Als er auf der anderen Seite auf den Steinen landete, blickte er hinter sich. Die übrigen Cabos sprangen mit Leichtigkeit, da sie keine Reiter trugen, wurden aber durch das Führseil behindert. In einem Gewirr aus Hörnern und Hufen flogen sie über die Lücke, und Kairn sah, dass das letzte Cabo mit nicht mehr als zwei Zoll festem Boden unter den Hufen landete. Er atmete auf.
Lachend und johlend galoppierten sie an ein paar Reisenden vorbei. Sobald sie außer Sichtweite der Festung waren, verließen sie die Straße und ritten am weichen Rand entlang, um die Tiere zu schonen. Nach einer halben Stunde hielten sie an, um den Cabos eine Rast zu gönnen und die Reittiere zu wechseln.
»Solange wir immer wieder wechseln, bleiben wir jedem Verfolger voraus«, sagte Hael. »Die wenigen berittenen Mezpaner, die ich sah, waren sehr schlechte Reiter.« Er stieß den Speerschaft in den Boden und Kairn deutete darauf.
»Damit bist du hergekommen und nennst mich dumm?«
Hael lächelte reuevoll. »Ja, es war wirklich ein Fehler. Glücklicherweise hält Todesmond eisern an einer Meinung fest, wenn er sie erst einmal gefasst hat. Er entschied, dass ich ein Shasinnspion wäre, der in Larissas Diensten steht. Nichts hätte ihn von dieser Ansicht abgebracht.« Sanft streichelte er die samtige Nase des Cabos. »Leider habe ich nicht in Erfahrung gebracht, weswegen ich hierher kam. Ich weiß immer noch nicht, wie man Feuerrohre herstellt oder Schießpulver oder wie man sie in der Schlacht einsetzt.«
»Nördlich von hier gibt es einen adligen Rebellen, der genau darüber mit dir reden will. Er behauptet, all das zu wissen. Angeblich gehört er zu einem Bund Edelmänner, welche die Regierung von Felsenstein stürzen wollen.«
Hael strahlte. »Du hast bessere Arbeit geleistet als ich! Führe mich zu dem vermeintlichen Verbündeten.«
»Verbündeter?«
»Ja. Todesmond dachte, er hätte einen Shasinnspion gefangen. Ich sollte als Vermittler zwischen ihm und Gasam dienen. Er will König Hael zwischen zwei Fronten zermalmen. Wahrscheinlich brauche ich jeden Verbündeten, den ich bekommen kann.«
Kairns Herz wurde schwer. »Leider habe ich eine noch schlechtere Neuigkeit für dich.«
Haels Miene verdüsterte sich. »Was ist los? Handelt es sich um die Botschaft, die du mir überbringen wolltest? Geht es um die Familie? Ist etwas mit deiner Mutter?«
»Nichts in der Art«, versicherte ihm Kairn. »Trotzdem ist es sehr schlimm. Ansa kehrte von seiner Reise in den Süden zurück und entdeckte etwas so Furchtbares, dass er alles tat, um zu dir zu eilen. Leider warst du schon fort. Mutter schickte mich aus, dich zurückzuholen.«
Hael stieg auf ein frisches Cabo. »Heraus damit! Was ist passiert?«
Auch Kairn stieg auf. Es gab nichts, was die nächsten Worte milderte.
»Vater, Larissas Spione habe die Stahlmine entdeckt, und Gasam bereitet einen Feldzug vor, um sie zu erobern. Gasam hat deine Stahlmine!«
ZWEITES BUCH
STAHLKÖNIGE
KAPITEL NEUN
K önig Gasam ritt seiner aus Veteranen bestehenden Leibgarde voraus. Die meisten der Krieger stammten von den Inseln und die Hälfte waren Shasinn. Alle hatten bereits an vielen Schlachten und Überfällen teilgenommen. Die Leibgarde zählte hundert Köpfe. Gasam fand eine so große Truppe unnötig und wäre mit zwanzig Shasinn zufrieden gewesen, aber seine Frau bestand darauf, dass er standesgemäß reiste, und bei Kleinigkeiten wie dieser richtete er sich nach ihren Wünschen.
Reiten behagte ihm nicht, aber es war ausgeschlossen, in diesem verdammten Land zu Fuß zu reisen. Mit der ihr eigenen Voraussicht hatte seine Gemahlin entlang des Weges Proviantstationen einrichten lassen, damit sie nicht durch eine Karawane von Packtieren behindert wurden. Seit sie den Fluss Kol hinter sich gelassen hatten, war das Land mit jeder Meile öder geworden, bis es
Weitere Kostenlose Bücher