Die Stahlkönige
Mal und erhielt die gleiche Antwort.
»Na gut, ich glaube dir.« Seine Stimme klang völlig ausdruckslos. »Ehrlich gesagt, glaubte ich dir schon beim ersten Mal.«
»Aber warum …« Kairn konnte kaum sprechen. Tränen liefen ihm über das Gesicht, doch er konnte nichts dagegen tun. Er war tief beschämt.
»Weil es wichtig ist, dass du von Anfang an begreifst, wie ernst deine Lage ist. Die Humerusklemme – so nennt man übrigens den Knochen in deinem Oberarm - ist sehr schmerzhaft, nicht wahr? Das kommt daher, weil sie an dem Punkt Druck auf den Knochen ausübt, wo nichts als Haut dazwischenliegt. Trotz der Schmerzen ist der Druck völlig harmlos und es wird nur ein Bluterguss zurückbleiben.«
Mit ernsthafter Miene beugte er sich vor. »Begreife, dass dies die mildeste Folter ist. Von nun an wird alles andere viel, viel schlimmer sein, was den Schmerz und nicht wiedergutzumachende Schäden angeht. Hast du mich verstanden?«
»Ja«, stieß Kairn hervor.
Todesmond lächelte zufrieden. »Gut. Du bist ein aufgeweckter junger Mann, und ich finde, dein König hat gut gewählt. Du hast nur zu wenig Erfahrung. Würde sich dein König ein wenig besser mit Spionage auskennen, hätte er dich zuerst mit weniger gefährlichen Aufträgen unter der Anleitung erfahrener Männer ausgeschickt. Nun, daran können wir nichts mehr ändern, nicht wahr?«
Das entsetzlichste an seiner Lage war die Logik dieses Mannes, überlegte Kairn. Nie hätte er gedacht, dass ein Mensch gleichzeitig wahnsinnig und dennoch völlig selbstbeherrscht sein könnte. Trotz seiner tiefen Verzweiflung entdeckte er noch einen Grund, stolz auf sich zu sein: Was auch immer geschah, er sagte Todesmond nicht die Wahrheit.
Kairn sank in sich zusammen und hoffte, ein Bild völliger Verzweiflung und Mutlosigkeit abzugeben. Beides kam seinem wahren Zustand bedenklich nahe.
»Sag mir, was du wissen willst«, murmelte er.
»Jetzt hast du mich verstanden. Wunderbar. Nun können wir uns ernsthaft unterhalten.«
Das Verhör zog sich endlos dahin. Die meisten Fragen waren durch und durch praktischer Natur. Es ging um den Weg, auf dem Kairn nach Mezpa gereist war, wie er Botschaften an Hael geschickt hatte und ob er von anderen Spionen wusste, die sich im Land aufhielten. Kairn versuchte so zu antworten, dass Todesmond zufrieden gestellt wurde und sein Misstrauen bestätigt sah. Inzwischen war Kairn sicher, dass der Mann vorhatte, das Reich seines Vaters anzugreifen. Todesmonds Wahnsinn nahm Gestalt an. Er wollte glauben, dass alle anderen gegen ihn intrigierten, um dann gemäß seinen Plänen gegen sie vorzugehen.
Endlich erhob sich der Graf.
»Nun, das Gespräch war recht aufschlussreich. Du hast einen guten Eindruck auf mich gemacht, mein Junge. Wenn du weiterhin so gut mitarbeitest, überlebst du die ganze Angelegenheit vielleicht. Ach, da ist noch etwas.« Er wandte sich der Treppe zu, die nach oben führte.
Kairns Gedanken überschlugen sich. Angst, Demütigung, Schmerzen, Verzweiflung und jetzt Hoffnung. Todesmond hielt ihn für so zermürbt, dass er jetzt sein schwerstes Geschütz auffuhr. Kairn machte sich bereit. Was würde geschehen? Ein Schatten erschien an der Treppe, und Kairn wusste sofort, wen er vor sich hatte.
»Du hast nach diesem Mann gesucht«, sagte Todesmond. »Warum?«
Kairn bemühte sich, weiterhin verzweifelt auszusehen. Alles hing davon ab, was Hael tat, wenn er seinen Sohn erblickte. Die vertraute Gestalt trat ins Licht. Haels Miene war ernst und verschlossen. Nur der Hauch eines verächtlichen Lächelns umspielte seinen Mund.
Jetzt begriff Kairn. Hael hatte ihn am Vortag auf dem Felsenpfad erkannt! Wenn sein Vater schnell genug handelte, waren sie beide gerettet.
»Ich sage dir, warum er mich sucht«, sagte Hael, ohne Todesmond zu beachten, der ihn mit Gesten zum Schweigen bringen wollte. »Er kam hierher, um mich zu töten! Hael weiß, dass ich zu Königin Larissas Spionen gehöre. Er hat erfahren, dass man mich nach Mezpa sandte, und wollte mich aus dem Weg räumen, damit ich seine Pläne nicht durchkreuze.«
»Ich hätte das lieber von ihm gehört«, stieß Todesmond mit zusammengepressten Zähnen hervor. Er sah Kairn an. »Davon hast du mir nichts erzählt.«
»Du hast mich nicht gefragt, edler Herr. Ich hatte Angst, es unaufgefordert zu erzählen.«
Zu seiner Überraschung und seinem Entsetzen hörte er den Grafen zum ersten Mal lachen. Es war ein ersticktes, grunzendes Geräusch, als lache der Mann nur selten.
»Oh,
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