Die standhafte Witwe
Erklärung, warum er den Jungen von hier fernhielt. Gabriel zog sie zum Stuhl hinüber, setzte sich und zog sie auf seinen Schoß.
Augenblicklich wurde sie wieder schüchtern. Sie war es nicht gewöhnt, auf dem Schoß ihres Ehemannes zu sitzen. Jemand könnte doch hineinspazieren und sie so zusammen sehen. Doch dann schob sie die Bedenken beiseite. Was kümmerte es sie schon, was andere dachten? Gabriel war schließlich ihr Mann. Es war in Ordnung. Und außerdem saß sie gerne auf seinem Schoß.
Ja, sie mußte zugeben, sie fing an, ihn mehr zu mögen, als sie jemals für möglich gehalten hatte.
»Hör auf zu träumen«, befahl Gabriel. »Ich will dir etwas erklären.«
»Ja, Lieber?«
Sie legte einen Arm um seinen Hals und begann ihn zu streicheln. Er verbat sich das, doch sie ignorierte seinen Befehl. Er blickte sie finster an.
»Als die Maclaurins verzweifelt einen Anführer für die Schlacht mit den Engländern brauchten, sandten sie eine Abteilung Soldaten zu mir.«
Sie nickte und fragte sich, warum Gabriel ihr erzählte, was sie bereits wußte. Sie unterbrach ihn jedoch nicht, weil es unhöflich gewesen wäre. Außerdem hatte Nicholas ihr bereits erzählt, warum Gabriel Clansherr war, und Vater MacKechnie hatte ihr weitere Einzelheiten mitgeteilt.
Sie hatte noch einen anderen Grund, ihm aufmerksam zuzuhören. Es war das erste Mal, daß Gabriel ihr seine Gedanken mitteilte. Ob er es nun wußte oder nicht, er gab ihr das Gefühl, an seinem Leben beteiligt und wichtig zu sein.
»Bitte erzähl weiter«, forderte sie ihn auf.
»Nachdem die Schlacht gewonnen war und die Engländer keine Bedrohung mehr bedeuteten, waren die Maclaurins damit zufrieden, mich als Anführer zu behalten. Natürlich hatten sie auch keine große Wahl.« Er nickte zufrieden. »Bei meinen Gefolgsleuten waren sie allerdings nicht so gastfreundlich.«
»Haben die MacBains nicht mit den Maclaurins gegen die Engländer gekämpft?«
»O doch.«
»Dann müßten die Maclaurins doch dankbar sein. Haben sie es denn vergessen?«
Gabriel schüttelte den Kopf. »Nicht alle MacBains konnten kämpfen. Auggie zum Beispiel. Er ist zu alt für die Schlacht. Ich dachte, mit der Zeit würden sich die Maclaurins und MacBains aneinander gewöhnen, aber nun muß ich erkennen, daß dies nicht geschehen wird. Meine Geduld ist am Ende, Frau. Die Männer werden jetzt entweder lernen, miteinander auszukommen, oder ich werde wütend.«
Er grollte inzwischen wie Dumfries, und sie streichelte wieder seinen Hals. »Und was bedeutet es, wenn du wütend wirst?«
Er zuckte die Schultern. »Gewöhnlich bringe ich jemanden um.«
Er mußte sich über sie lustig machen! Sie lächelte also. »In meinem Haus gestatte ich keine Kämpfe, Ehemann. Du wirst woanders töten müssen.«
Er war zu verblüfft über ihre Worte, um sich zu ärgern.
Johanna hatte die Burg gerade ihr Zuhause genannt. Es war das erste Mal, daß sie so etwas sagte. Bisher hatte sie alles immer als sein Eigentum bezeichnet. Gabriel erkannte plötzlich, wie sehr ihm diese Trennung, ob beabsichtigt oder nicht, zu schaffen gemacht hatte.
»Ist dies dein Zuhause?«
»Ja«, antwortete sie. »Oder nicht?«
»Doch«, erwiderte er verwirrt. »Johanna, ich möchte, daß du hier glücklich bist.«
Er schien verwirrt über sein Zugeständnis. Sie konnte nicht anders, als darauf etwas beleidigt zu reagieren.
»Du hörst dich überrascht an«, bemerkte sie. Aber Himmel, sah er gut aus. Sie hätte ihren Mann den ganzen Tag ansehen können, ohne sich dabei zu langweilen.
»Ich bin auch überrascht«, gab er zu.
Plötzlich wollte er sie unbedingt küssen. Ihr Mund kam ihm so verdammt attraktiv vor. Und ihre Augen! Sie hatten das klarste Blau, das er je gesehen hatte. Verflucht, er mochte sogar ihre finstere Miene, mit der sie ihn jetzt ansah. Er schüttelte den Kopf, um diesen albernen Gedanken loszuwerden. Frauen durften ihren Männern niemals ihr Mißfallen zeigen … oder?
»Es gibt durchaus einige Männer, die ihre Frauen gerne glücklich sehen«, murrte Johanna laut. »Mein Vater wollte es ganz bestimmt.«
»Und was wollte deine Mutter?«
»Meinen Vater lieben«, antwortete sie.
»Und du?«
Sie schüttelte den Kopf. Es kam gar nicht in Frage, daß sie ihm sagte, sie wolle ihn auch lieben. Solch ein Eingeständnis würde sie nur verletzlich machen … oder vielleicht nicht?
»Ich weiß, was du willst«, versuchte sie ihn von ihren Gefühlen abzulenken. »Du willst, daß ich am Abend am Feuer
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