Die standhafte Witwe
ihren Blick auf MacKay geheftet. »Englische Töchter werden ermutigt, ihre Meinung zu sagen«, begann sie. »Ihre Väter lieben und schätzen sie nämlich. Sie beschützen sie auch, statt wie manche Clansherrn Bündnisse über die Sicherheit und das Glück ihrer Tochter zu stellen.«
MacKays Gesicht lief rot an. Johanna wußte, wie sehr sie ihn reizen mußte. Aber irgendwie kümmerte es sie überhaupt nicht. »Liebt Ihr Eure Tochter?« fragte sie.
»Natürlich«, antwortete der Clansherr. »Und ich schätze sie auch.«
Johanna nickte. »Wußtet Ihr, Clansherr, daß Eure Tochter fast umgebracht wurde?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, das wußte ich nicht«, gab er zu.
Vater MacKechnie räusperte sich, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. »Vielleicht sollte ich erklären, wie Clare hierherkam.«
Er wartete auf das zustimmende Nicken seines Clansherrn und begann dann zu erzählen, wie Clare hergebracht wurde, wie sie nackt in einem Rupfensack steckte und ließ auch nicht aus, daß Robert MacInnes auf das Mädchen gespuckt hatte.
»Er wollte sie gerade noch einmal treten«, fügte Vater MacKechnie hinzu, »als Lady Johannas Pfeil ihn davon abhielt.«
Clansherr MacKay stand schweigend da, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, während er dem schlimmen Bericht lauschte. Seine Miene zeigte keinerlei Reaktion auf das Gehörte, während seine Augen jedoch das Gegenteil bewiesen. Sie schwammen in Tränen.
»Der MacInnes-Clan wird für das bezahlen, was er meiner Tochter angetan hat. Ich rede von Krieg, nicht von Bündnissen. Euer erster Befehlshaber sagte mir, auch Ihr wolltet Rache. Was ist Euer Grund?«
»Robert MacInnes hat es gewagt, zu versuchen, ein Messer gegen meine Frau zu schleudern. Ich konnte ihn gerade noch aufhalten.«
Johanna hatte nicht gewußt, daß ihr Mann plante, sich mit dem MacInnes-Clan zu bekriegen. Die Wut, die sie nun aus seiner Stimme heraushören konnte, verursachte ihr ein flaues Gefühl im Magen.
»Aber er hat Eure Frau nicht angefaßt«, fauchte MacKay.
»Worauf wollt Ihr hinaus, MacKay?«
»Robert gehört mir«, erwiderte der Clansherr. »Es ist mein Recht, meine Tochter zu rächen.«
Gabriel mußte wohl oder übel zustimmen. »Darüber muß ich nachdenken«, murmelte er.
Clansherr MacKay nickte. Er wandte sich wieder seiner Tochter zu, aber Johanna versperrte ihm die Sicht, so daß er zur Seite treten mußte.
»Ich habe geglaubt, du hättest deine Lage übertrieben. Ich wußte, daß du Robert nicht heiraten wolltest, und ich habe dummerweise gedacht, du würdest schon lernen, mit ihm auszukommen. Es ist mir nie in den Sinn gekommen, daß die MacInnes dich mit solcher Brutalität mißhandeln könnten. Ihre Beleidigung ist unverzeihlich … und meine auch, Kind. Ich hätte dir zuhören müssen. MacBains Frau hat recht … auch ich bin verantwortlich dafür.«
»O Papa«, flüsterte Clare. »Es tut mir so leid. Ich habe dir Schande gemacht, indem ich …« Ihr Schluchzen erstickte den Satz. Johanna beeilte sich, ihr ein Tuch zu reichen.
»Hör auf damit«, befahl ihr Vater. »Ich will keine Tränen sehen.«
»Es tut mir leid«, sagte Clare wieder. »Ich kann nicht aufhören.«
Der Clansherr schüttelte den Kopf. »Du hättest mich zum Zuhören zwingen sollen, als du nach Hause gelaufen kamst, Tochter, anstatt dich mit einem MacBain zu entehren. Dir ein Kind machen zu lassen, war keine Lösung. Und jetzt nenn mir den Namen des Bastards, und ich mache es mit ihm aus.«
»Ich bitte um Vergebung, daß ich unterbreche«, meldete sich Johanna zu Wort, »aber ich dachte, Clare wäre nach Hause gekommen, nachdem sie zum ersten Mal verprügelt wurde. War es nicht so?«
»Ich habe keine blauen Flecken gesehen«, antwortete der Clansherr. »Ich dachte, sie hätte sich das ausgedacht, um mein Mitgefühl zu bekommen. Ich bin ein Mann, der Fehler einsieht, wenn er sie erkennt.«
Vater MacKechnie freute sich über das Bekenntnis des Clansherrn. »Das ist doch ein Anfang«, sagte er.
»Sag mir den Namen des Mannes, Clare.«
»Vater, es tut mir leid, wenn ich dich enttäusche. Du kannst den MacBains keine Schuld geben, denn es war ganz allein meine Sünde.«
»Ich will den Namen, Tochter.«
Johanna kümmerte sich nicht um den scharfen Ton. Sie schob sich wieder zwischen Vater und Tochter.
Gabriel sah ihren Gesichtsausdruck und griff augenblicklich nach ihr, um sie am Arm festzuhalten. Clansherr MacKay bemerkte nun auch, was sie tat.
»Wollt Ihr meine Tochter etwa
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