Die standhafte Witwe
verschreckte Megan. Und obwohl der Hund sie nicht einmal beachtete, war sie sehr vorsichtig, als sie sich bückte, um die Reste des Wandteppichs aufzuheben.
Keith und Calum hatten den Aufruhr mitbekommen und kamen angerannt. Auf der obersten Stufe hielten sie wie erstarrt inne. Gabriel, der direkt hinter ihnen herbeigeeilt war, schob die Soldaten zur Seite und stieg eilig die Treppe hinunter.
Johanna veranstaltete ein Tauziehen mit Dumfries. Der Hund winselte, während sie versuchte, ihren Beutel aus seiner Schnauze zu zerren. Sie befürchtete, der Hund könnte an dem Stück Stoff ersticken, das er gerade als Mahlzeit zu nehmen gedachte.
»Guter Gott, Megan! Was hast du mit dem Wandteppich unserer Lady angestellt?« fragte Keith, der endlich erkannt hatte, was sie in ihrer Hand hielt. Er blickte die Maclaurin-Frau finster an und schüttelte den Kopf.
Johanna wandte ihre Augen nicht einmal von dem großen Hund, während sie Keith zurief: »Sir, Ihr glaubt doch nicht ernsthaft, daß Megan das Ding verspeist hat?«
Calum brach in Gelächter aus. Johanna verlor ihren Halt und fiel hintenüber, aber Gabriel fing sie rechtzeitig auf. Dann hob er sie aus dem Weg und wandte sich an seinen Hund. Johanna rannte um ihren Ehemann herum, um sich vor Dumfries zu stellen.
»Gabriel, du schlägst den Hund nicht!«
Sie hatte den Satz gebrüllt, um Calums Gelächter zu übertönen. Gabriel sah sie an, als wollte er zurückbrüllen.
»Ich habe nicht die Absicht, ihn zu schlagen. Jetzt geh mir aus dem Weg, Frau, und hör auf, die Hände zu ringen. Ich tu ihm ja nichts. Dumfries, hör verdammt noch mal mit dem Geheule auf!«
Johanna bewegte sich keinen Schritt. Gabriel hob sie erneut zur Seite, ließ sich dann auf ein Knie nieder und zwang den Hund, die Schnauze zu öffnen, um den Stoffstreifen aus den Zähnen zu lösen. Dumfries dachte nicht daran, loszulassen. Er japste protestierend, bevor er notgedrungen nachgab.
Gabriel ließ nicht zu, daß Johanna das Tier tröstete. Er stand auf, packte sie an den Schultern und befahl ihr, ihm einen Abschiedskuß zu geben.
»Vor deinen Männern?« flüsterte sie.
Er nickte. Sie errötete. Sein Mund hielt ihren in einem langen, schwelgenden Kuß fest. Johanna seufzte und war etwas aus dem Konzept gebracht, als er sich von ihr löste.
»Du siehst müde aus, Frau. Du solltest dich ausruhen.«
Gabriel bemerkte dies beiläufig auf dem Weg zur Tür. Johanna jagte ihm augenblicklich nach.
»Das kann nicht dein Ernst sein.«
»Ich meine es immer ernst.«
»Aber ich bin doch gerade erst aufgestanden. Du erwartest doch sicher nicht, daß ich jetzt ein Nickerchen mache.«
»Ich erwarte, daß du dich ausruhst«, rief er über die Schulter. »Und zieh dir das andere Plaid über, Johanna. Du trägst das falsche.«
»Es ist Freitag, M’lady«, rief Calum ihr hilfreich in Erinnerung.
Sie stieß ein lautes, undamenhaftes Stöhnen aus. Megan wartete, bis die Männer draußen waren, dann eilte sie zu ihrer Herrin. »Bitte, geht und setzt Euch, Lady Johanna. Ich möchte nicht, daß Ihr Euch überarbeitet.«
Johanna hätte am liebsten geschrien, aber sie konnte sich noch beherrschen. »Bei allen … Megan, sehe ich etwa krank aus?«
Die Maclaurin-Frau musterte sie sorgfältig, bevor sie den Kopf schüttelte. »Im Gegenteil. Ihr wirkt sehr gesund und munter auf mich.«
»Wirst du dich setzen und dich ausruhen?« fragte Johanna.
»Ich habe noch Arbeit zu erledigen«, antwortete Megan. »Ich habe keine Zeit, mich auszuruhen.«
»Ich auch nicht«, murmelte Johanna. »Es wird höchste Zeit, daß ich mich um den Haushalt kümmere. Ich habe mich einfach viel zu sehr auf mich selbst konzentriert. Aber all das wird sich jetzt ändern. Und zwar sofort.«
Megan hatte ihre Herrin noch nie so resolut gesehen.
»Aber, M’lady! Euer Gatte hat Euch Ruhe befohlen.«
Johanna schüttelte den Kopf. Sie ratterte die Liste der Arbeiten herunter, die sie bei Abendeinbruch erledigt haben wollte, gab Megan die Erlaubnis, zwei weitere Diener als Hilfe auszusuchen und verkündete dann, sie würde jetzt mit der Köchin über das Abendessen sprechen.
»Bitte hol doch meinen Bogen und die Pfeile aus der Schlafkammer«, bat Johanna, während sie sich zur hinteren Tür wandte. »Wenn die Köchin gut gelaunt ist, bekommen wir vielleicht Kaninchenragout zum Abendessen. Bestimmt kann ich Auggie dazu bringen, mit mir ein bißchen jagen zu gehen. Vor der Mittagsstunde bin ich zurück, Megan.«
»Ihr könnt nicht einfach
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