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Die Stasi Lebt

Titel: Die Stasi Lebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Schreiber
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Beihilfe zur Steuerhinterziehung.
    Aus unzähligen Informationen entstand in der Summe ein präzises Bewegungsbild des Politikers. Zeitweise trugen Informationen von 34 »Quellen« zum Porträt der »Hummel« bei. Gesprächsweise schöpfte ihn am 1. Mai 1983 der Stasi-Mitarbeiter »Nematus« ab. Spitzel »Beermann« vermeldet am 18. Juni 1983 Kieps »Zusammentreffen« mit »führenden Vertretern von Banken und Konzernen der BRD«. Ein Mitarbeiter »Friedrich« liefert am 24. März 1982 Vertrauliches über »Journalistische Aktivitäten zu Problemen der Parteienfinanzierung in der BRD«. Geplante Veränderungen in der Leitung der von Kiep geführten »Atlantikbrücke« teilt ein »Werner« am l. Mai 1984mit. Der von den Magdeburgern auf das »Hauptobjekt CDU« angesetzte »Bakker« (ein Bonner Journalist) steht als Zuträger in den Akten.
    Das Plansoll – Sammeln von Informationen über »finanzielle Zuwendungen von Firmen für die CDU« – wurde nicht erfüllt. Aber bei der Gauck-Behörde sind erst 332 laufende Meter Akten der Abteilung »Aufklärung der Organisationen in der BRD« erschlossen. 731 Meter stehen noch aus. Im Klartext: »Hummel«-Fortsetzung folgt.

»Bitte nicht diese Dinge am Telefon«
    Uwe Lüthjes konspirative Töne
     
     
    Uwe Lüthje war einer der engsten Mitarbeiter von Helmut Kohl. Für die CDU trieb er Millionenspenden ein. Und die Stasi hörte mit. Der erste Einblick in die geheimen Protokolle zeigt: Beim Umgang mit Geld verhielt sich die Union auffällig konspirativ.
     
    Der Mann mit den vielen Namen hieß bei der Stasi »Lütsche«, »Lüttke«, »Lüdige« oder »Lüttich«. Auch als »Lüdchen« steht er in der streng geheimen »Information 7299«. Korrekt hieß die Zielperson der DDR-Staatssicherheit einfach Dr. Uwe Lüthje. Er war Generalbevollmächtigter der CDU-Schatzmeisterei, ein besonders enger Vertrauter des Parteivorsitzenden und Schwarze-Kassen-Kanzlers Helmut Kohl.
    Obwohl Mielkes Hauptabteilung III (zuständig für die »Kontrolle und Überwachung von Funknetzen und Nachrichtenverbindungen der Nato-Staaten«) den Namen des großen Unbekannten in zwölf Varianten falsch schrieb, hatten die Abhörexperten mit Kohls Helfer den Richtigen an der Strippe. Der Zielkontrollauftrag 060580 beinhaltete in der Rubrik »Informationsbedarf« das Übliche: »Charakteristik der Person« und »Verbindung zu anderen Politikern«. Worauf es eigentlich ankam, war die Spezialität des Hauses Lüthje: »Verbindungen zu Wirtschaftskreisen in der BRD und Westberlin« sowie »Finanzprobleme der CDU«. Die hier erstmals zitierten Stasi-Protokolle und Hinweise von Mielkes Elektronikern lassen den Schluss zu, dass die DDR schon früh von der doppelten Buchführung der CDU, ihren imAusland gebunkerten Millionen und diversen Verschleierungstricks wusste.
    Die vom »Zentralobjekt Wuhlheide« (ZOW) aus operierenden Lauscher klinkten sich »auf Kanal Bonn 01« oder »Bonn 04« bei Lüthje ein. Ihre auf bestimmte bundesdeutsche Nummern programmierten Geräte (Westimport, Marke Uher) sprangen an, wenn der Diplom-Volkswirt vom Autotelefon, Ruf 41264, durchläutete oder vom Büro, Ruf 2204042. Ferner steuerte die nicht identifizierbare »Quelle Lupine« Details zu Lüthjes einträglichem Wirken im Dienste der Partei bei, von Mielkes Apparat intern mit der Dringlichkeit »Vorrangig« belegt. Kein Wunder, dem heute 67-jährigen Lüthje verdankt die Union von 1971 bis 1993 viele Millionen – und nun den Absturz in die Spendenaffäre. Der stets freudlos lächelnde Buchhaltertyp ist eine, wenn nicht die Zentralfigur der finanziellen Machenschaften des Systems Kohl. Was die Funkpiraten bei Lüthje abschöpften, passte jedenfalls trefflich ins Schema der Sozialisten; sie sahen im Klassenfeind CDU die Partei des Geldes und des kurzen Drahtes zum Großkapital.
    Prototypisch für 350 weitere Seiten wertet die Stasi-Bezirksverwaltung Schwerin im September 1977 Telefonate des Generalbevollmächtigten aus: Vorausgeschickt wird, Ende Mai seien von Lüthje bereits »11 Gespräche gewonnen worden«. Nun ist die Rede von dessen Besuch bei der Brinkmann AG, »Tabak und Cigaretten Fabrik Bremen«. Lüthje habe zuvor eine Firma der gleichen Branche in Hamburg besucht: »Die dort besprochene Angelegenheit ist nach seinen Worten unglaublich heiß.« Seine Besuche dienten dazu, »das glatt zu machen« – was immer das meint. »Großes schatzmeisterliches Interesse« bekundete Lüthje ausweislich des Papiers im gleichen Atemzug an

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