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Die Stasi Lebt

Titel: Die Stasi Lebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Schreiber
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Androhung von Gewalt wird sie am Betreten der Adresse gehindert, in der sie aufwuchs. Nach Wollwebers Wegzug funktionierte die Stasi das Ganze zum »Gästehaus« um.
    Dachte Starke in Westberlin an das nahe und doch ferne Hohenschönhausen, dann stets in der Überzeugung, »die DDR würde es ewig geben«. Genauso ewig, wie ihnen Recht und Eigentum vorenthalten bleiben werde. 1958 trugen die Kommunisten zwar die Immobilien auf seine Mutter im Grundbuch Nieder-Barnim ein, Flurstück 212-214, Band 22, Blatt 650, Band 23, Blatt 670, Band 44, Blatt 1279. Indes erfuhr die Familie aber bis 1990 mit keinem Wort, dass sie gleichwohl klammheimlich und entschädigungslosum ihren Besitz betrogen worden war. Durch sogenannte Inanspruchnahme, ein Tarnwort für Enteignung, kassierte der »Magistrat von Berlin, Hauptstadt der DDR, Az.: 733/py«, am 1. September 1980 das Gelände am Weiher. »Zeitwert 38 000 Mark« steht gekritzelt auf dem gesiegelten Bescheid: »i.A. Müller, Tel. 2423720«. Willige Helfer arrondierten für das im Hintergrund Regie führende MfS die Gegend. Eine Art Gartenstadt mit Sommerlinden, Erlen, Rotbuchen, locker besiedelt, nah beim Hauptquartier Normannenstraße.
    In Top-Lage schuf sich die »Firma« ihr eigenes Wandlitz. »Der Obersee war von den Tschekisten begehrt«, berichtet ein Ex-Obrist. Der nahe Orankesee mit Strandbad hingegen sei was für die Werktätigen gewesen. Im gutbürgerlichen Ambiente lebten Stasi-Großverdiener zu lächerlich geringen Kosten Tür an Tür. Eine »Mietvertragsergänzung« für Mielkes Vize Werner Grossmann vom Juni 1989 weist aus, er habe sich in der repräsentativen Oberseestraße 6/8 Einbaumöbel für 4874,29 Mark montieren lassen. Das »Nutzungsentgelt« dafür erhöhe die Monatsmiete um 24 Mark 37 auf 268 Mark 12.
    Im »grünen Versteck der Stasi-Bonzen« (»Super-Illu«) stand auf Türschildern statt des Namens oft nur »Untergeschoss«, »Obergeschoss«. Zufall oder Regie, auf ihrer Meile residierten höhere Chargen bevorzugt in geraden, niedrigere Dienstgrade in ungeraden Nummern, erzählt ein Kenner beim Rundgang und meint, »80 Prozent« der Altkader seien bestimmt geblieben. »Warum sollen die weg? So wat finden die nie wieder.« Im Laufe der Zeit setzte sich damit gleichsam Unrecht ins Recht. Beispielhaft lasse sich die Pfründewirtschaft auf den 1295 Straßenmetern durchmessen. Misstrauische Blicke verfolgen dort Fremde, ein Empfinden wie im Feindesland. Wer wissen will, ob die Stasi lebt, sie tut es. Nur stehen die Schattenkrieger nichtmehr in Fünferreihen gestaffelt am Tresen der »Gebrüder Franke« (heute »Efinger«), zum Sturztrunk.
    Außer »dem großen Grossmann« wohnten die Mielke-Stellvertreter Gerhard Neiber (samt Adlatus), Rudi Mittig und Generalleutnant Alfred Scholz im Karree, ebenso Oberst Ralf-Peter Devaux, laut MfS Handbuch zuständig für die »Aufk lärung des Staatsapparats der BRD«. Sein Klingelschild in seltsam altdeutscher Schriftist noch da. Mielkes Sohn Frank kam im Viertel unter, Stasi-Knastchef Siegfried Rataizick und MfS-Finanzchef Werner Hennig, um nur wenige der leitenden Juristen, Auswerter, Waffenhändler, Spionageexperten, Schnüffler und Zuständigen für »Republikflüchtige« zu nennen, die dort exklusiv und unbehelligt siedelten.
    Morgens rumpelten Ikarus-Busse übers Kopfsteinpflaster von »Stasihausen«, der »Sachsen-Express« sammelte die Truppe zur Fahrt in die Zentrale ein. Chauffeure holten die gleich im Dutzend versammelte Generalität ab. Hätte die ihr Lametta getragen, es hätte in der Oberseestraße golden geblitzt.
    Unter den MfS-Promis fehlte auch Markus Wolf nicht. Nach Angaben seines ehemaligen Offiziers, des Buchautors Günter Bohnsack, residierte er in der 40. Laut einem bei der Gauck-Behörde gefundenen Plan soll Grossmann unten, Wolf darüber gewohnt haben, wie es sich vom Rang her gehörte. Ein paar Häuser weiter, Manetstraße 6, stand Schalck-Golodkowskis Bungalow. Seit dem Machtverlust leben die Geheimen hinter maurischen Verzierungen, bleiverglasten Scheiben und Gardinchen gleichsam wie in Deckung. »Wohnte 007 am Obersee?«, fragt der Kunsthistoriker Hans-Michael Schulze bei Führungen da draußen.
    Gleicher als gleich, siedelten die Großkopfeten direkt am Wasser, verteidigten mit Klauen und Zähnen den Blick auf Bötchenund Park. Die Stasi duldete keinen Plebs neben sich und beharrte in »Nur für den Dienstgebrauch« bestimmten Dokumenten darauf, dass die »Freigabe der nördlichen Uferzone zur

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