Die Statisten - Roman
Sie haben keine Ahnung, wie hoch die Gewinnspannen in diesem Geschäft sind. Mr Rathi, dem dieses Taxi und vierundzwanzig weitere gehören, hat drei Wohnungen auf Malabar Hill und zwei in Bandra. Er besitzt auÃerdem noch eine Autovermietung, die leitende Angestellte groÃer, vor allem ausländischer Unternehmen bedient. Er wird es nicht einmal merken, wenn ich Sie jeden Tag ins Büro fahre. Wenn es Ihnen unangenehm ist, überhaupt nichts zu zahlen, können Sie mir den Preis für eine Busfahrt geben, dann brauchen Sie nicht das Gefühl zu haben, in meiner Schuld zu stehen. Ich kann Sie auch abends wieder abholen. Manchmal kommen Sie sehr spät heim, das ist unvorsichtig für eine so schöne junge Dame wie Sie. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich will mir keine Vertraulichkeiten herausnehmen. Es ist nur einfach gefährlich. Und Sie müssen doch erschöpft sein, nach einem so langen Arbeitstag!
Er warf einen Blick in den Rückspiegel. Sie war wieder mit ihren Gedanken woanders. Sie runzelte die Stirn und schien irgendwie unter Druck zu stehen. Musste an ihrem Boss liegen, der sie dauernd Ãberstunden machen lieÃ. Nein, das ging so nicht weiter. Ravan sollte ein paar Takte mit ihm reden, ihm ein für allemal den Kopf zurechtrücken. He, Sie, wie auch immer Sie heiÃen mögen! Ich sage es Ihnen nur ein Mal: Miss Pieta Coutinho ist eine gute Freundin von mir. Sie ist keine Sklavin, ich wiederhole: keine Sklavin, von niemandem! Also behandeln Sie sie anständig! Andernfalls könnte es sein, dass Sie nicht einmal Gelegenheit bekommen, es zu bereuen!
âKennen Sie zufällig einen guten Arzt?â
Ich wusste es, ich wusste es in dem Augenblick, als ich sie heute gesehen habe! Es geht ihr nicht gut. Wie ich schon gesagt habe, ihr Boss verlangt ihr zu viel ab.
âKlar, ich kenne einen. Einen sehr guten, Dr. DâPenha. Er hat meine Mutter behandelt, als sie unter akuter Schwäche litt; sie hatte kein Eisen im Blut. Er hat ihr keinerlei Tabletten gegeben. Hat ihr gleich Eiseninjektionen verschrieben, eine pro Woche. Sehr schmerzhaft, so schmerzhaft, dass meine Mutter anschlieÃend kaum laufen konnte. Aber sie haben Wunder gewirkt.â
Und noch während er sprach, erinnerte er sich, dass Dr. DâPenha der Hausarzt der Coutinhos und überhaupt fast sämtlicher Katholiken der CWD -Chawls war.
âEs freut mich, dass Ihre Mutter wieder gesund ist. Aber ich meinte einen ⦠eine andere Art von Arzt.â
âWas denn für einen?â
âSie wissen schon, einen für Problemeâ, sie schien nicht zu wissen, wie sie es formulieren sollte, âfür Frauenprobleme.â
âFrauenprobleme?â Ravan wäre furchtbar gern behilflich gewesen, aber er hatte keine Ahnung, wovon sie sprach. Er sah die Enttäuschung in ihren Augen, die Mutlosigkeit, die sich über ihr ganzes Gesicht ausbreitete. âIch könnte Mr Pratik Shah fragen, er kennt bestimmt einen, er ist ein groÃer Diamantenhändler. Er ist sehr klug.â
âIst schon gut. Danke.â Pieta zog sich in sich zurück und schrumpfte wie einer dieser Regenschirme zusammen, die man in die Hosentasche stecken kann. Sie wurde so klein, dass er wusste: Er hatte sie endgültig verloren. Er spürte, wie eine bittere Woge der Ohnmacht in ihm aufstieg. Sie war die Frau seines Lebens, ob sie es nun wusste oder nicht, und wieder hatte er sie enttäuscht.
Sie bezahlte, und dann war sie verschwunden. Sie würde nie wieder mit ihm fahren. Da war er sich sicher. Ebenso wenig würde sie je wieder mit ihm sprechen. So viel zu sagen und doch so viel war ungesagt geblieben! Er hätte ihr von der groÃen Veränderung erzählen wollen, die in seinem Leben stattfinden würde. Er gab bald das Taxifahren auf, um sich ganz der Schauspielerei widmen zu können. Die Schauspielerei war eine eifersüchtige Göttin, man musste ihr all seine Zeit zu FüÃen legen. Er würde sich zwei neue Anzüge nähen lassen, einen schwarzen und einen weiÃen, und er würde sich in der Schauspielschule des Charakterdarstellers Krishna Kumar einschreiben. Er würde sich voll auf die Sache konzentrieren.
Ravans Laufbahn als Bandleader der Cum September mochte ein vorzeitiges Ende genommen haben, aber nichts, absolut nichts würde ihn davon abhalten, ein Filmstar zu werden.
10
Manchmal, wie Eddie allmählich herausfand, betrug der Abstand
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