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Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
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„Bitte tun Sie, was ich sage.“ Sie klang leicht ungeduldig.
    Sie fuhren eine Zeit lang durch die Gegend; sie war auf der Suche nach einem Gebäude namens Rehman Manzil, wusste jedoch nicht genau, wo es war. Sie fragte mehrere Leute. Sie sahen sie komisch an und zuckten die Achseln oder deuteten, um nicht ungefällig zu erscheinen, in irgendeine beliebige Richtung. Ravan hatte beschlossen, den Mund zu halten, damit sie ihn nicht am Ende noch anschnauzte. Offensichtlich wusste sie, was sie tat.
    Schließlich standen sie vor dem richtigen Haus. Sie blieb lange in ihrer Ecke des Taxis sitzen, als sei sie unfähig, sich zu bewegen. Ravan war sicher, dass seine Phantasie mit ihm durchging, aber er hatte den Eindruck, dass sie sich unschlüssig war, ob sie das, was sie vorhatte, wirklich tun sollte, und als ob es ihr lieber gewesen wäre, wenn jemand sie aufgehalten hätte. Er konnte sie im Rückspiegel sehen. Sie atmete tief durch, biss die Zähne zusammen und stieg aus. „Machen Sie sich keine Gedanken über die Wartezeit. Ich werde dafür bezahlen.“
    â€žSind Sie sicher, dass Sie …“
    â€žWarten Sie einfach. Das ist nicht zu viel verlangt, oder?“
    Ihre Frage klang fast wie eine Bitte, als flehte sie ihn an, sie sofort von diesem entsetzlichen Ort wegzuführen, von dem sein Vater erst vor ein paar Tagen andeutungsvoll gesprochen hatte.
    Es war eine Querstraße der Falkland Road, und es war kaum zu glauben, dass eine echte Lady ernsthaft beabsichtigte, dieses dreckige Gebäude zu betreten, das sehr viel schäbiger als ihr eigener Chawl aussah. Was hatte sie hier zu suchen? Was immer es war, er wünschte, er hätte sie begleiten dürfen.
    Während das Licht schwand, erschienen die Damen der Nacht in den Türen ihrer Häuser und setzten sich auf die Stufen oder hockten sich einfach auf die Straße. Er hatte das Gefühl, als schaute er sich einen dieser Kurzfilme zur nationalen Integration von der Documentary Films Division an. Ganz Indien war hier vertreten, nur dass es ausschließlich Frauen waren: aus Tamil Nadu, Bengalen, Orissa, Uttar und Madhya Pradesh, aus Maharashtra, Gujarat und Panjab, Himachal Pradesh, Kerala, Assam. Das größte Kontingent schien allerdings aus einem Nachbarland zu stammen, Nepal. Ravan fragte sich, wie der Maaiboli Sangh, die nationalistische Partei, die ja der Ansicht war, nur Marathi-Muttersprachler sollten in Bombay arbeiten dürfen, diese gesamtindische Versammlung betrachtete. Veranstalteten sie gewalttätige Demonstrationen, um zu verlangen, dass nur maharashtrische Damen hier beschäftigt wurden? Und wurden alle Auswärtigen verprügelt, wie es ihm selbst vor nicht allzu langer Zeit passiert war? Hatte am Ende der Big Boss persönlich die Weisung erlassen, kein Einheimischer dürfe die Dienste einer „Ausländerin“ in Anspruch nehmen? Und wer achtete darauf, ob die Anordnung auch wirklich befolgt wurde?
    Die meisten Damen waren in grelle Nylon-Saris oder Maxiröcke aus Kattun gekleidet; die übrigen trugen kurze plissierte Röcke oder Shalvar-Kamiz. Sie schienen zu glauben, sie würden wie Teenager aussehen, wenn sie die Haare als Rattenschwänzchen trugen. Ihre Brüste waren ausnahmslos riesig und so spitz, dass man sie wie Kreisel auf dem Pflaster hätte trudeln lassen können. Sie rochen nach einem aufdringlichen Parfüm von der Sorte, die auch Lali, die Mätresse seines Vaters, benutzt hatte, ihre Gesichter waren mit Afghan Snow und Talkumpuder getüncht, und sie hatten so viel Lippenstift aufgetragen, dass ihre Zähne wie halbiert aussahen. Falls es der Zweck der Übung gewesen war, sie sexuell unwiderstehlich zu machen, hatten sie genau das Gegenteil erreicht. Sie waren seltsam un-sexy; sie wirkten eher wie eine Sex-Parodie. Er hätte nicht sagen können, worin der Unterschied zwischen Pieta und diesen Frauen bestand, denn auch sie trug Lippenstift und Make-up und Parfüm, aber dennoch hätte sie niemand für eine von denen halten können.
    Einige der Mädchen steckten den Kopf in das Taxi und grinsten ihn lüstern an. „Willst du die Ware begrapschen, bevor du sie kaufst?“ Er schüttelte den Kopf, aber sie ließen sich nicht so leicht abwimmeln. Andere wollten sein Taxi für die Nacht mieten und ihm einen Anteil ihrer Einnahmen geben. Die Zuhälter dagegen knallten mit der Hand auf die Motorhaube oder öffneten

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