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Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
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er herausfinden, dass er der einzige Mensch an Bord war, und ohne Kapitän und Besatzung würde das Schiff untergehen.
    Er hatte sich bislang alle Mühe gegeben, selbst unter den schwierigsten Umständen nicht den Mut zu verlieren. Jetzt erkannte er, dass Mrs Fernandes ehrlicher und großzügiger als die meisten gewesen war, obwohl sie selbst ein so schweres Leben gehabt hatte. Warum konnte seine Mutter nur nicht ein bisschen nachsichtiger und flexibler sein? Hatte er sich nicht ihren Wünschen gebeugt und einen Job angenommen, so widerwärtig er ihm auch war? Was spielte es schon für eine Rolle, ob er in einer Autowerkstatt oder in einem Auntie-Lokal arbeitete? Job war Job. Wo waren die großen Sprüche seiner Mutter über die Würde manueller Arbeit und den Schweiß des Angesichts auf einmal geblieben? Und weshalb wollte sie nicht akzeptieren, dass ihr Sohn zumindest ein bisschen Talent besaß?
    Wegen des Verlusts seines Vaters hatte Eddie nicht einen Tag lang gelitten. Jetzt aber fühlte er sich zum ersten Mal verwaist. Seine Mutter hatte ihn verlassen, auch wenn sie fast den ganzen Tag da war, in derselben Wohnung wie er. Wie es der Teufel wollte, hatte er keine Arbeit und war die meiste Zeit zu Hause. Das machte alles noch unendlich viel schlimmer.
    Der einzige Mensch, der zu ihm hielt, war Belle. Aber wie üblich hatte Eddie keine Ahnung, woran er bei ihr war.
    â€žIch werde mir einen Job suchen“, kündigte sie eines Tages an.
    â€žWozu?“
    â€žWenigstens einer von uns sollte etwas Geld verdienen.“
    â€žIch hab genug gespart, um ein Jahr über die Runden zu kommen. In der Zeit werde ich es zum Film schaffen.“
    â€žDas Geld musst du deiner Mutter geben, um ihr wenigstens einen Teil dessen zurückzuzahlen, was sie für deine Kaution ausgegeben hat.“
    â€žSie hat das nicht verlangt.“
    â€žUmso mehr Grund, es zu tun. Sie braucht eine Rücklage für ihr Alter.“
    â€žSeit wann bist du die Beschützerin meiner Mutter? Ich dachte, du könntest sie nicht leiden.“
    â€žDu meinst, sie ist der Ansicht, ein Anglo-Frauenzimmer sei für euer kostbares saraswat-brahmanisches Blut nicht gut genug.“
    â€žDas hast du gesagt, nicht ich.“
    â€žWas spielt’s für eine Rolle, ob ich sie leiden kann oder nicht? Deine Mutter ist alt, und es ist höchste Zeit, dass wir uns um sie kümmern.“
    â€žWir?“
    â€žDa bis auf Weiteres ich die Hosen anhabe und die Rolle des Brötchenverdieners spiele.“
    â€žWer wird dir schon Arbeit geben? Bildest du dir ein, der Big Boss da oben hat eine Stelle für dich reserviert?“
    â€žWir werden ja sehen. Es sei denn, du bist doch endlich bereit, Automechaniker zu werden.“
    â€žFang jetzt nicht damit an, Belle! Ich hab von meiner Mutter mein Leben lang kaum etwas anderes zu hören bekommen. Aber von dir lasse ich mir diese Scheiße nicht auch noch bieten!“
    â€žNa schön, wenn du mir nicht erlaubst, mir einen Job zu suchen, dann bleibt mir wohl nur noch der Straßenstrich, richtig?“
    Was sollte Eddie nur von Belle halten? Wie konnte sie, wenn auch nur zum Spaß, davon reden, auf den Strich zu gehen? Und außerdem hatte sie ihn damit praktisch als Zuhälter bezeichnet. Sie war so gottverdammt unberechenbar! Es schien ihr egal, ob sie einen aufregte oder verletzte, sie tat einfach, was sie für richtig hielt. Sie hatte seine Mutter nie leiden mögen. Zugegeben, sie sprach fast nie ein Wort über sie, während seine Mutter kein gutes Haar an Belles Familie und Belle selbst ließ. Und da kam sie nun und erklärte, sie wolle mithelfen, für Violet zu sorgen.
    Nachdem sie ein paar Monate lang jede nur vorstellbare Firma von Downtown bis rauf nach Bhandup und Powai abgeklappert hatte, bekam Belle drei Stellenangebote. Sie wurde Empfangsdame bei einem pharmazeutischen Unternehmen.
    Eddie hatte sich mittlerweile angewöhnt, den Tag in Belles Zimmer zu verbringen, auch wenn Belle selbst von morgens um halb neun bis abends um sieben gar nicht da war. Aber alles war besser, als der eisigen Missbilligung seiner Mutter ausgesetzt zu sein. Er konnte ihre Ablehnung spüren, wenn er im Treppenhaus seine Gitarre stimmte und sie in der Küche war, ja selbst, wenn er in Belles Wohnung war.
    Es hatte eine Zeit gegeben, da alles in seiner Umgebung Eddie zu einem Riff, einer musikalischen Phrase, ja einer ganzen

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