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Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
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Himmelskörpern zu kommunizieren, ihnen von einem unaussprechlichen Schmerz zu berichten; von einem Verlust und der Unmöglichkeit, im letzten Augenblick das Wort wiederzufinden, das all jene, die sie so sehr liebte, erstochen, zerfetzt und ausbluten hatte lassen; vom Irrsinn, ihrem Mann nicht verziehen zu haben, dass er sie mit solcher Unbefangenheit und heiterer Natürlichkeit geliebt hatte; davon, dass sie ihrem Sohn die kalte Schulter gezeigt und sich selbst das Herz gebrochen hatte; dass sie den Traum ihrer Tochter, Ärztin zu werden, starrsinnig zerstört hatte. Flehte sie die heilige Jungfrau um Vergebung an oder verlangte sie nach Rache für all das Unrecht, das ihr widerfahren war?
    Parvati-bai streckte die Hand aus, um sie zu stützen, doch Violet zuckte vor der Berührung zurück. „Ist ja gut, ist ja gut“, versuchte Parvati, sie zu beruhigen, obwohl es fraglich war, ob sie selbst wusste, was sie mit „Ist ja gut“ eigentlich meinte. „Ich dachte, es wäre an der Zeit zu begreifen, dass wir Nachbarinnen sind und keine Fremden. Was kostet es schon, eine Treppe hochzulaufen, hab ich mich gefragt. Gerade mal eine Minute. Also habe ich mir nach all den Jahren diese Minute genommen und bin gekommen, um Ihnen Hallo zu sagen. Ich hätte es bereits vor Jahren tun sollen. Aber egal, besser spät als nie.“
    Violet stöhnte noch immer wie ein verwundetes Tier. Hätte sie nur den Bann brechen können, wäre sie davongelaufen und hätte sich in Sicherheit gebracht. Jetzt schien die Frau vom vierten Stock endlich fertig zu sein. Doch Parvati-bai sammelte lediglich Mut für ihren großen Vorstoß. „Da wär eigentlich noch etwas, was ich Sie fragen wollte. Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, also sag ich es einfach so, wie ich kann, so ehrlich, wie ich es kann.“ Sie lächelte schüchtern. „Sie haben eine sehr schöne Tochter. Das Leben kann voller Überraschungen sein. Mein Ravan hat sich in Ihre Pieta verliebt. Mein Sohn ist ein guter Junge und er arbeitet sehr hart, in zwei Jobs gleichzeitig. Und da hab ich mich gefragt, ob Sie es in Betracht ziehen könnten, Ihre Tochter meinem Sohn zur Frau zu geben. Es wäre eine große Ehre für meine Familie.“
    Violet riss sich endlich mit einer übermenschlichen Anstrengung los. Es war nicht klar, ob ihre Hand bewusst zuschlug oder ob es lediglich die Erleichterung war, aus ihrer Lähmung befreit zu werden. Die Knabbereien und Köstlichkeiten segelten durch die Luft, und der Blechteller fiel scheppernd zu Boden und rollte davon, bis er den Schwung verlor, ins Trudeln geriet und sich auf den Bauch legte. Pieta kam mit einem Handtuch um ihr nasses Haar herausgerannt, weil sie befürchtete, ihre Mutter sei wegen ihrer neuen Bifokalbrille hingefallen.
    Parvati-bai stand reglos da, den Mund verwirrt aufgerissen, die Hände noch immer um das Metalltablett geschlossen, das gar nicht mehr da war, und bekam nicht so recht mit, was Violet zu ihr sagte: „Geh wieder nach Hause, Frau! Geh zu Deinesgleichen! Wie kannst du es wagen, dir einzubilden, ich würde meine Tochter, die die Bachelor-Prüfung bestanden hat und persönliche Assistentin des Vizedirektors eines multinationalen Konzerns ist und nun eine Fortbildung zur Computerprogrammiererin macht, deinem Statistensohn geben?“
    â€žEs tut mir leid! Furchtbar leid!“ Pieta nahm Parvati-bai bei der Hand und zog sie weg. „Hören Sie nicht auf meine Mutter! Sie meint nicht, was sie sagt. Ehrlich nicht! Bitte nehmen Sie es sich nicht zu Herzen, ich flehe Sie an!“ Sie hob den Teller auf und versuchte, die zerkrümelten Snacks wieder hineinzulegen, gab es dann aber auf. „Ich mach später sauber. Kommen Sie, ich begleite Sie zurück!“ Und sie fasste Parvati-bai an den Arm und stieg mit ihr die Treppe hinunter.

    â€žKomm schon, wir gehen ins Kino.“ Eddie stand in der Eingangshalle von Belles Bürogebäude.
    â€žNa, das ist ja eine Überraschung, Edward Coutinho. Ich weiß gar nicht, was ich davon halten soll. Oder hast du dich verlaufen und bist nur versehentlich hier gelandet?“
    â€žEs ist ein Versehen, ein entsetzlicher Irrtum! Also, wie ist es: Kommst du jetzt mit ins Kino oder was?“
    Belle spürte heute eine unterdrückte Erregung in Eddie, aber er hielt sie ganz gut unter Kontrolle.
    â€žPieta und ich gehen heute Abend shoppen“, sagte

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