Die Statisten - Roman
das Taxi an der Bombay Central dem Fahrer der nächsten Schicht übergeben und sich auf den Weg nach Hause machen. Er war in Parel, mitten im Industriegebiet, als er einen Menschenauflauf sah, und ein paar Busse, die die StraÃe blockierten. Er zuckte die Achseln und begann, langsam an ihnen vorbeizufahren, als etwas durch das Taxi flog und die gegenüberliegende Fensterscheibe traf. Er wollte zunächst anhalten, um den Schaden zu begutachten, doch dann überlegte er es sich anders und gab Gas. Das Taxi machte einen Satz nach vorn, aber schon im nächsten Augenblick musste Ravan voll auf die Bremse treten.
Eine Bande von dreiÃig, vielleicht vierzig Typen hatte sein Taxi umzingelt, die Fahrertür aufgerissen und ihn herausgezerrt. âDu glaubst wohl, der Bandh ist ein Witz oder was, du Arschloch, und es ist egal, ob du dem Maaiboli Sangh gehorchst oder nicht? Wir zeigen dir, was passiert, wenn du dich während eines Bandh auf der StraÃe herumtreibst!â Sie traten ihm in die Rippen, auf die Nase, in den Rücken, und dann drosch ihm jemand mit einem schweren Knüppel über den Schädel.
âMaharashtra ist nur für die Maharashtrer, die Söhne des Landes, nicht für solche wie dich, die von auswärts kommen und uns alle Arbeitsplätze wegnehmen! Dieses Land ist für Marathisprechende, kapiert, du Schwein? Und die Arbeitsplätze hier sind nur für Marathen! Maaiboli Sangh zindabad ! Maharashtra zindabad!â
Blut strömte über Ravans Stirn und sein rechtes Auge. Jemand trat ihm zwischen die Beine, während die Ãbrigen fortfuhren, auf jeden erreichbaren Körperteil einzuschlagen. Er fing an zu erklären, dass seine UrurgroÃeltern und alle Vorfahren aus Maharashtra stammten und seine Muttersprache Marathi war. Doch dann fiel ihm Eddies Schwester Pieta ein, und er stockte. Wie konnte er auch nur daran denken, ihnen so etwas zu erzählen? Es würde diesen Hooligans praktisch eine Legitimation liefern, Pieta aus Bombay hinauszuprügeln, weil ihre Familie ursprünglich aus Goa stammte. Besser, er starb, als dass ihr irgendetwas zustieÃ.
Parvati-bai verzieh dem Maaiboli Sangh nie, was seine Horden ihrem Sohn im Namen der Marathi-Sprache angetan hatten. Er war am Kopf mit sechs Stichen genäht worden, doch obwohl er sich trotz der heftigen Einwände seiner Mutter schon wieder zum Dienst gemeldet hatte, weil er genau so stur war wie sie, war er noch immer ziemlich wackelig auf den Beinen. Sicher, auch sie wollte, dass die Marathisprechenden Arbeit hatten. Sie hätte jedem, der ihrem Mann Shankar-rao einen Job gegeben und anschlieÃend dafür gesorgt hätte, dass er ihn auch behielt, lebenslänglich eine tägliche Gratismahlzeit spendiert. Aber sie wollte, dass jeder einen Job hatte. Ihre Kunden bezahlten sie nur, wenn sie Arbeit hatten und Geld verdienten. Maharashtrer machten über die Hälfte ihrer Kunden aus, die übrigen kamen aus Uttar Pradesh, Kerala, Tamil Nadu, Andhra Pradesh und seit Kurzem vier aus Bihar. Sie war Geschäftsfrau, wenngleich nur eine Kleinunternehmerin, aber in ihrer Finanzpolitik galt die Maxime: je mehr desto besser. AuÃerdem hatte Geld â gleich, woher es kam und wer sich von ihm trennte â immer den gleichen Geruch.
Binnen ein, zwei Jahren waren die CWD -Chawls â abgesehen vom Erdgeschoss, in dem die Dalits wohnten, die Anhänger von Dr. Ambedkars Republican Party waren, und dem fünften Stock, der katholisches Territorium war und die Kongresspartei wählte â en bloc zu fanatischen Gefolgsleuten des Sangh geworden. Zu Divali hängte jeder hinduistische Haushalt safranfarbene Papierlaternen vors Fenster, und wenn Wahlen anstanden, wehten vor allen Sangh-Wohnungen die safranfarbenen Parteiflaggen mit den gekreuzten Silberschwertern. Aber nicht vor Parvati-bais Fenstern. Die Maaiboli-Leute versuchten es zuerst mit guten Worten, schlieÃlich mit ernstem Zureden und dann mit Drohungen. Als sie nicht klein beigeben wollte, redeten die Frauen kein Wort mehr mit ihr und machten ihr beim Schlangestehen am Wasserhahn das Leben schwer, indem sie ihre Töpfe wegkickten und sie daran hinderten, ihre GefäÃe zu füllen. Sie schikanierten sie auch auf andere Weise. Sie machten zotige Bemerkungen über sie; und das obszöne Vokabular der Frauen war nicht nur anschaulicher, sondern auch erheblich beleidigender und schmutziger als das der meisten Männer. Eine
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