Die Statisten - Roman
komme â von wo aus ich es immer noch geschafft hätte, sie bis auf den letzten Mann auszumerzen. Sie haben aus all den Jahren unter mir nichts gelernt. Sie hätten mich töten müssen â und sich anschlieÃend mindestens hundertmal vergewissern, dass ich es auch wirklich bin.
Jetzt können sie sich nur noch fürchten, solange sie leben. Sie wissen, dass sie einen langsamen, unvorstellbar qualvollen und brutalen Tod erleiden werden. Und sie wissen auÃerdem, dass kein Angehöriger ihrer Familie und Sippe, gleich wie entfernt er oder sie mit ihnen verwandt sein mag, überleben wird. Mag sein, dass ich gegen die Mehrheit von ihnen keinerlei Groll hege; mag sein, dass sie unschuldig sind. Doch das ist irrelevant. Denn vergiss nicht, dass Mütter, Schwestern und Ehefrauen, GroÃeltern, gleichgültig wie alt, Brüder, Eltern, Neffen und Nichten, Enkel und deren Kinder die Fackel der Rache am Leben erhalten werden. Und das Gleiche gilt für Freunde und Fahrer und Handlanger. Die ganze Familie, wenn nötig die ganze Sippschaft, wird ausgemerzt werden müssen.
Wenn sie nur ein bisschen Grips hätten, würden sie Massenselbstmord begehen. Sie werden es nicht tun. Ich werde auf sie warten.
Khuda hafiz
P.S. Vergiss nicht, ich werde denselben Fehler nicht noch einmal begehen.
P.P.S. Wie ich höre, zahlst du brav deine Raten. Klug von dir.
19
Es war eine Woche her, dass Sapna-ji wieder zurück war, dann waren es zehn Tage, und schon bald waren drei Wochen verstrichen, aber Eddie hatte es noch immer nicht geschafft, mit ihr zu sprechen. Er rief sie mindestens zwei Mal am Tag an. Normalerweise war die Nummer besetzt, und er brauchte fünfzehn Minuten bis vierundzwanzig Stunden, bisweilen auch zweieinhalb Tage, um durchzukommen, und dann war es immer entweder ihr Sekretär oder einer ihrer Lakaien, der sich meldete. Auf die Domestiken war wenigstens Verlass. Sie sagten, Madam-ji sei nicht zu Hause oder sie sei gerade âbisiâ, versicherten ihm, sie würden ihr ausrichten, dass er angerufen hatte, und sich zurückmelden. Was sie niemals taten. Wie sollten sie auch, sie wussten ja nicht mal, wie er hieÃ. Der Sekretär hingegen war weit professioneller. Sobald Eddie seinen Namen genannt hatte, fragte er stets: âUm was geht es bitte?â Wenn er sagte, Sapna-ji habe ihn gebeten, sich mit ihr in Verbindung zu setzen, lautete seine nächste Frage: âIn welcher Angelegenheit?â Die richtige Antwort hätte gelautet: âDas geht Sie einen Dreck anâ, aber nur ein Idiot würde es wagen, den Sekretär eines Stars vor den Kopf zu stoÃen. Eddie hatte versucht, ihm zu erklären, Sapna-ji habe ihn brieflich aufgefordert, sich wegen einer Probeaufnahme bei ihr zu melden, worauf der Mann sagte: âNatürlich, wir rufen Sie an, sobald der Termin feststeht.â Eddie wusste, dass das nur Gewäsch war, aber selbst wenn der Sekretär es ernst gemeint hätte â welche Telefonnummer hätte Eddie ihm schon geben können? Die von der Statistengewerkschaft vielleicht? Da wäre der Sekretär bestimmt begeistert gewesen. Also sagte Eddie lediglich, er würde zurückrufen.
Eddie schwor sich, dass er nie wieder versuchen würde, Sapna-ji zu erreichen, aber er fand doch immer wieder die eine oder andere Ausrede, um ihre Nummer zu wählen. Wie hätte es auch anders sein können? Das wäre das Ende seiner einzig verbliebenen Hoffnung gewesen, aus der Statistenfalle auszubrechen. Doch dann wendete sich sein Glück. Eines Abends meldete sich eine Frau am Telefon. Er wusste gleich, dass es Sapna-ji war. Ihre Stimme hatte den Klang einer Hochlandwüste: Sandstürme, eine trockene Leere und extreme klimatische Bedingungen. Vielleicht war dies der Grund, warum sie es nie bis ganz nach oben geschafft hatte. Die meisten indischen Männer haben Probleme mit Frauen mit einer tiefen Stimme.
âWir waren zusammen beim Dreh von ,Zameen Asmaanâ, und da haben Sie mir einen Brief geschrieben, ich sollte Sie anrufen, weil Sie mir eine Rolle in einem Film geben wollten.â Er schaffte es, die dreiÃig Worte zu einem einzigen zu komprimieren.
âWer immer Sie sein mögen â platzt Ihnen gerade die Blase? Ist die Polizei hinter Ihnen her?â
Eddie konnte kaum glauben, dass eine Frau so zu einem Unbekannten redete, und dazu noch am Telefon. âVerzeihung? Ich hab Sie nicht ganz
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