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Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
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unangenehm, aber ich erinnere mich leider nicht an Ihren Namen.“
    â€žWollen Sie die längere oder die kürzere Version? Die blumige Fassung, die bei Liebhabern der Urdu-Lyrik als Poesie durchgeht, oder die einfache, direkte?“
    Ihre Augen blitzten, und ihr Lächeln funkelte schelmisch.
    â€žDas volle Programm.“
    â€žDu kannst mich allzeit sehen, und doch bin ich nur Blendwerk. Grenzenlos bin ich und vollkommen unermesslich. Ich bin schwarz und eine Million Schattierungen von Blau und jegliche Farbe des Regenbogens, und dennoch bin ich durchsichtig und farblos. Ich bin mit der Erde vermählt, doch begegne ich ihr nur am Horizont. Man kennt mich unter vielen Namen, und doch bin ich nur das, was gar nicht ist. Ich bin Asmaan, der Himmel.“
    â€žWow, das nenne ich einen Wolkenbruch aus Worten!“
    Es war seltsam, aber kurz nach dieser Begegnung mit Asmaan begann Ravan mehr Aufträge zu bekommen. War das reiner Zufall, fragte er sich, oder hatte sie irgendetwas damit zu tun?
    Asmaan machte keinen Hehl daraus, dass sie, wann immer sie beim selben Dreh beschäftigt waren, lieber mit Ravan zusammensaß als mit den Frauen. Sie war es, die Ravan den Tipp gegeben hatte, wenn Eddie und er mehr Aufträge wollten, könnte es nicht schaden, dem Boss der Gewerkschaft zum Geburtstag ohne viel Aufhebens eine Flasche Scotch zu schenken, und auch seinen Assistenten nicht zu vergessen. Ravan befolgte ihren Rat, und wenn er auch nicht gerade in Aufträgen schwamm, so ging es ihm doch nicht allzu schlecht.
    Asmaan erinnerte Ravan an seinen Kindheitsschwarm Tara. Wie sie war Asmaan von einer unbändigen Lebhaftigkeit und immer hilfsbereit. Und genau wie sie, hatte Asmaan keinen Mangel an Geschwistern: sechs Schwestern und einen Bruder. Aber anders als Tara war Asmaan eine grandiose Erzählerin und konnte Ravan stundenlang unterhalten. Wenn man ihre gesamte Sippschaft zusammenrechnete, hatte sie siebenundvierzig leibliche und angeheiratete Tanten und Onkel, dreiundneunzig Neffen und Nichten, und jetzt, wo diese angefangen hatten zu heiraten, gab es nach letztem Zählstand dreiunddreißig Enkelkinder.
    Es war unmöglich zu sagen, ob sie sich Geschichten ausdachte oder reale Begebenheiten wiedergab, aber das spielte gar keine Rolle, da sie die Fähigkeit hatte, einen, selbst wenn sie die schaurigsten oder traurigsten Dinge erzählte, zum Lachen zu bringen. Wenn sie nicht gerade Ravan mit Geschichten beglückte, kritzelte sie in einem schwarz linierten Heft herum, das sie in einem verschließbaren Fach ihrer Handtasche verwahrte. Wie sie sagte, schrieb sie an einem Drehbuch über eine große Familie. Ihr einziges Problem war, genug Material für rund sieben Generationen zu haben. Sie erklärte, dass ihr Skript sich nicht auf die üblichen Schurken konzentrierte: Schwiegermutter, Tochter und Schwiegertochter oder das schwarze Schaf der Familie. Es handelte von indischen Müttern und ihren Söhnen. Sie behauptete unmögliche Dinge, wie zum Beispiel, dass alle indischen Mütter längst ihre Männer verlassen und ihre Söhne geheiratet hätten, wenn die indische Gesellschaft derlei gestatten würde.
    Ihr Vater war seit einiger Zeit nicht einsatzfähig. Seit seinem Schlaganfall lag die heimische Kinderproduktion danieder. Positiv hingegen war, dass er sich mit allerlei potenzfördernden Stimulanzien abfüllte, wie Erdpech, Spanischen Fliegen und pulverisierten Tigerhoden, die so tierisch rochen, dass jedes Mal, wenn er die Flasche entstöpselte, die Nachbarn sich wie Lemminge vom Balkon stürzten und nie mehr gesehen wurden. Er stopfte so viel Knoblauch in sich hinein, dass es gereicht hätte, der gesamten männlichen Bevölkerung des Landes blaue Hoden zu bescheren, und in dem Augenblick, in dem nachts das Licht ausgeschaltet wurde, schnappte er sich seine Frau und ließ sich von ihr das Organ wiederbeleben. Doch sein Gesundheitszustand machte rapide Fortschritte, und durfte man Asmaan Glauben schenken, würde er wahrscheinlich schon bald wieder voll diensttauglich sein.
    Asmaans Bruder, Yaqub, war zwar der älteste Sprössling, hielt es aber für unter seiner Würde, irgendeinen Beruf zu ergreifen. Seine Mutter war total in ihn vernarrt und bediente ihn von vorne bis hinten. Sie behauptete, er sei schwächlich und esse nicht richtig, obwohl er einen äußerst gesunden Appetit hatte und täglich stundenlang in einem

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