Die Statisten - Roman
passiert?â Es lag so viel Verachtung in ihrer Stimme, dass Eddie die Ursache seiner grausamen Demütigung hätte aufschlitzen, abhacken und pürieren können. Sie lüpfte seinen verschrumpelten Penis und stimmte melodisch an: âSag mir, wo dein Dingsbums ist, wo ist es geblie-hi-ben? Sag mir, wo dein Dingsbums ist? Was ist geschehn? â¦â
Sie fand das Ganze irrsinnig komisch und lachte. Sie lachte. Und lachte.
âGeh nach Hause, Brando. Geh zu deiner Mami und bleib dort. Dieser Tango ist nichts für dich.â
Eddie sah seine Zukunft, die nach so vielen Fehlstarts endlich in Gang zu kommen schien, wieder einmal abstürzen.
âBitte, lassen Sie mir nur ein wenig Zeit! So was ist mir noch nie passiert!â
âZieh dich an, Coutinho.â Sie wälzte sich aus dem Bett. âBlödes Arschloch. Du hast mir den ganzen Abend versaut!â
Er zog Hemd und Hose an, stopfte die Krawatte in die GesäÃtasche, schwang sich Weste und Jackett über die Schulter und warf Sapna-ji einen letzten Blick zu in der Hoffnung, dass sie es sich doch noch anders überlegen würde. âGute Nacht.â
Sie würdigte ihn keiner Antwort.
Eddie nahm den Daumen nicht von der Klingel. Als der Hausdiener endlich aufmachte, stieà Eddie ihn so ungestüm beiseite, dass der Mann hinfiel. Er stürmte die Treppe hinauf in Sapna-jis Schlafzimmer und schloss die Tür ab.
âDu? Du schon wieder? Wer hat dich hereingelassen?â Eddie war zu sehr damit beschäftigt, sich auszuziehen, um ihr antworten zu können. âIch dachte, ich hab dir gesagt, du sollst nach Hause gehen!â
Eddie zog Sapna-ji das Nachthemdchen über den Kopf, während sie brüllte, er solle verschwinden. Jetzt saà er rittlings auf ihr und konnte ihr Gesicht durch die durchscheinende Seide sehen. Sein Glücksbringer funktionierte wieder wie eine Eins, und sie stemmte sich ihm entgegen.
âWo warst du die ganze Zeit? Unterwegs? Oder bist du von zu Hause zurückgekommen?â
Der Hausdiener klopfte an die Tür und sagte, er habe den Wachmann gerufen, damit er den Eindringling hinauswirft.
âGeht ins Bett, beide! Inkompetente Idioten!â
Eddie war noch nie so gedemütigt worden wie an dem Abend, aber jetzt hatte er jede Menge Zeit, um sich doppelt und dreifach zu revanchieren.
âNoch mal?â, fragte Sapna-ji ungläubig. âEs ist schon früher Morgen, Coutinho.â
âSpielt das eine Rolle? Und nebenbei gesagt, heiÃe ich Eddie.â
âWirst du denn überhaupt nie müde?â
âIch dachte, du hättest was gegen Rein-spritz-raus-Männer.â
âDu hast mich restlos überzeugt. Mein Mann kann jeden Augenblick heimkommen.â
âWie steht es mit der Rolle? Bin ich im Rennen?â
âDarüber reden wir morgen. Oder heute Abend, wenn du wieder da bist. Sagen wir halb elf.â
âWas ist los?â, fragte Ravan Eddie, nachdem er das Taxi vor dem Chawl abgestellt hatte. âHab dich schon seit einer ganzen Weile nicht mehr bei der Gewerkschaft gesehen.â
âWas habe ich dort auch verloren?â, sagte Eddie lässig. âMit dem Laden hab ich nichts mehr am Hut.â
âBloà weil Rustom Khan, der Blödmann, uns rausgeschmissen hat?â
âWer schert sich schon um den?â, sagte Eddie achselzuckend. âIch steh kurz davor, für meinen ersten Film zu unterschreiben.â
Ravan fiel die Kinnlade einen guten Meter runter. âWirklich? Das ist ja irre! Glückwunsch! Du bist schon eine Nummer, Eddie. Wie heiÃt der Film? Wer produziert ihn?â
âEs ist ein Remake des phantastischen französischen Films âDer letzte Tango in Parisâ. Im Original spielten Marlon Brando und Maria Schneider die Hauptrollen. Ich werde Brandos Rolle übernehmen.â
âBrandos Rolle? In deinem allerersten Film? Wovon handelt er denn?â
âAch, es ist ein Film über den Tanz. Kannst du dir Brando als Tänzer vorstellen? Absolut sagenhaft! Samba, Mambo, Jive, Tango, nenn irgendeinen beliebigen Tanz, Brando tanzt ihn wie kein anderer! Deswegen hat Sapna-ji mich auch ausgesucht. Sie ist der festen Ãberzeugung, dass kein anderer indischer Schauspieler dieser Rolle gerecht werden kann.â Eddie kam der leise Verdacht, dass er es mit seinem ganzen Gerede über das Tanzen vielleicht ein bisschen übertrieben hatte. âIch meine Tanzen als
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