Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
Vom Netzwerk:
Cooper Hospital in Juhu gebracht worden.
    â€žSie brauchen uns die schlechte Nachricht nicht bröckchenweise zu verabreichen“, sagte Violet. „Sagen Sie uns einfach die Wahrheit.“
    ClickClick schaute verdutzt. „Wie bitte?“
    â€žIch wusste es! Ich habe Eddie nicht nur ein Mal, sondern unzählige Male vor dem Umgang mit diesem Jungen aus dem vierten Stock gewarnt! Erst hat er Victor erwischt und jetzt hat er mir meinen Sohn genommen.“
    ClickClick blickte noch verwirrter drein. „Niemand hat Ihnen ihren Sohn genommen, gnädige Frau. Er und Ravan sind verletzt, das ist alles.“
    Violet war nicht überzeugt. Als sie das letzte Mal ins Krankenhaus gegangen war, in der Annahme, ihr Sohn liege in den letzten Zügen, hatte sich die Sache darüber hinaus als weit schlimmer entpuppt.
    Pieta gelang es nicht, den Nachtpförtner davon zu überzeugen, dass sie die Schwester eines der Patienten auf der Trauma-Station war. Schließlich begriff sie, hier ihre Zeit zu vergeuden. In dieser Stadt gab es eine einzige Möglichkeit zu beweisen, dass man zu irgendjemandem in einer engeren Beziehung – als Frau, Schwester, Bruder, Mutter, Tochter, Vater oder Freund – stand: etwas Geld in Umlauf zu bringen. Als sie endlich die Station erreichte, musste sie sich am Türpfosten festhalten. Einige Patienten stöhnten und ächzten; ein paar brüllten aus Leibeskräften, während andere weinten oder Gott anriefen, er möge ihnen beistehen. So hatte die Leiterin ihrer Klosterschule, Schwester Theresa, die Hölle beschrieben: verlorene Seelen, die gepeinigt schrien und den Allmächtigen um Vergebung anflehten, obwohl es für Reue längst zu spät war. Doch das Schlimmste kam erst noch. Die Intuition ihrer Mutter war richtig gewesen. Als sie sich dem Bett ihres Bruders näherte, sah sie, dass der Körper vollständig mit einem weißen Laken bedeckt war.
    â€žWann ist er …?“
    â€žIhm geht’s ausgezeichnet. Die spielen hier alle gern Theater, um Mitleid zu erregen“, sagte die Nachtschwester mürrisch und zog Eddie das Laken vom Gesicht. Es war zum Platzen geschwollen, und sein ganzer Körper war mit violetten Blutergüssen übersät. Neben dem rechten Ohr war er genäht worden, und er hatte drei gebrochene Rippen.
    â€žIch hab dich kommen sehen und dachte, du kriegst Angst, wenn du mich so siehst. Du hättest nicht kommen sollen.“
    Pieta hielt Eddies Hand und fragte sich, wie sie wohl in der Nacht ausgesehen hatte, als Ravan sie fünf Treppen hinunter zu seinem Taxi getragen hatte, nachdem sie ausgeweidet worden war. Eddie rollte sich auf die Seite.
    â€žKann ich etwas für dich tun?“, fragte Pieta.
    â€žNein. Ich will nur aufs Klo.“
    Sie versuchte, ihn zu stützen, aber er verlor das Gleichgewicht und fiel wieder zurück aufs Bett. Sie wohnten zusammen in einem Raum, und „Intimsphäre“ war für sie etwas, das sich größtenteils im Kopf abspielte, etwas, das sie sich gezwungenermaßen einbilden mussten, wann immer sie sich umzogen, sich wuschen oder es sie an einer peinlichen Körperstelle juckte. Und dennoch klammerten sie sich verbissener daran, als wenn sie allein in einem gottverlassenen Herrenhaus auf einem Hügel gewohnt hätten. Sie wünschte sich, sie hätte ihn ohne Umschweife fragen können, ob sie ihm helfen sollte, zur Toilette zu gehen, oder den Hilfspfleger bitten, eine Bettpfanne zu bringen, aber sie hatte Hemmungen, über Dinge zu reden, die mit Körperfunktionen zu tun hatten.
    Sie fühlte sich ihrem Bruder so nah, als sei sie an sein Nervensystem angeschlossen. Sie zuckte gequält zusammen, als der Schmerz der gebrochenen Rippen in seine Brustmuskeln hinaufzüngelte und sie sich verkrampften und ihm den Atem nahmen. Als die Wirkung der Schmerzmittel bei ihm nachzulassen begann, pochte es auch in ihrem Kopf. Sie wusste, dass er auf die Toilette wollte, um stöhnen und schreien zu können, ohne sich darum sorgen zu müssen, wie sie darauf reagieren würde. Es wäre eine Erleichterung für ihn gewesen, wenn sie gegangen wäre.
    â€žSoll ich die Schwester rufen?“, fragte Pieta. Wieder schüttelte er den Kopf.
    Eddie wälzte sich auf die Seite, stand auf und schleppte sich schlurfend in Richtung Toilette. Pieta fragte ihn, was er am nächsten Tag gern zu Mittag haben wollte; vielleicht würde seine Mutter

Weitere Kostenlose Bücher