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Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
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Wohnung mit mehreren Zimmern, und die gaben sie auf, um ins Ausland zu gehen?
    â€žNach England. Guck nicht so beeindruckt. Mein Vater redet davon, solange ich zurückdenken kann.“

    Kennengelernt hatte Eddie Belle auf einem Gesangswettbewerb von Radio Ceylon in Bombay. Sie waren die Halbfinalisten, die es nicht bis in die Endrunde schafften. Als Trostpreis hatte man ihnen angeboten, ein Duett zu singen. Ihnen fiel kein einziger Song für zwei Stimmen ein, bis jemand „Tonight“ aus „West Side Story“ vorschlug. Sie hatten noch nie ein Duett gesungen, sie hatten nicht die Möglichkeit gehabt, zu üben oder zu proben, und sie waren beide nervös. Sie vermasselten die Sache und beschlossen beide im stillen Kämmerlein ihres jeweiligen Herzens, nie wieder etwas miteinander zu tun zu haben.
    Einen Monat später kaufte Eddie gerade im Light of Asia Café ein Päckchen Zigaretten für den Vater seines Freundes Paul Monteiro, als Belle vorbeispaziert kam.
    â€žHast du Lust zu üben? Wir haben zu Hause einen Flügel, der meistens nur rumsteht.“
    Eddie dachte zuerst, sie wollte ihn auf den Arm nehmen. Wenn die Coutinhos einen Flügel in ihrem Wohn-Schlafzimmer gehabt hätten, hätten sie selbst ausziehen müssen. Und überhaupt – wie hätte er üben können, wenn er noch nie auf so einem Ding gespielt hatte?
    Er beschloss, Belles Geschichte zu überprüfen. Auch bei Belle zu Hause war es ziemlich eng, aber das mit dem Flügel stimmte. Er war größer als der, den sie in der St. Sebastian’s School hatten. Er war bitterschokoladenbraun lackiert, und Mr McIntyre hielt ihm einen langen Vortrag darüber, dass es ein Steinway sei – die beste Klaviermarke der Welt – und wie er vor hundert Jahren aus England herübergeschafft worden war. Es sei ein echtes Privileg, einen zu sehen, geschweige denn darauf zu spielen.
    â€žEr ist ein Familienerbstück. Wenn wir ihn verkaufen würden, brächte er ein Vermögen. Aber ich würde eher meine Seele verkaufen, als mich von dem Steinway trennen. Meine Großmutter Fiona hat ihn von ihrer Mutter geerbt. Er kam auf der ,Ocean Queen‘ nach Madras, wo wir ein großes Haus am Marina Beach hatten, mit einem riesigen Grundstück.“
    â€žHör nicht auf ihn, Eddie.“ Belle hatte das Staunen in Eddies Augen gesehen und war der Ansicht, Vater und sein Steinway müssten um ein paar Oktaven heruntergestimmt werden. „Das Ding klingt genau so klimperig und schräg wie jedes x-beliebige Klavier, das nicht gestimmt ist.“
    â€žAber gibt es etwas, das so sanft und voll wie der Klang eines Steinway in perfektem Zustand ist? Nur der weichste Scotch, der jahrhundertelang in Fässern gelagert hat, bis er von innen heraus zu glühen beginnt, käme ihm nahe!“
    Eddie berührte den Flügel erst sehr viel später zum ersten Mal, als Belles Mutter Daphne ihn unter ihre Fittiche nahm. In dem Moment hatte er schon genug damit zu tun, die Märchenprinzessin Belle und ihr Königreich im siebten Stock von Railway Quarters, Block B, gedanklich zu verarbeiten.
    Binnen weniger Monate sollte Eddie fast zu einem Mitglied der Familie McIntyre werden. Die Betonung liegt auf „fast“. Violet mochte sich wie etwas Besseres vorkommen als die McIntyres mit ihren anglo-indischen Vorfahren, aber das beruhte durchaus auf Gegenseitigkeit. Weiße waren per Definition eine Stufe – wenn nicht gleich mehrere Stufen – besser als Inder, und Belles Eltern waren ebenso davon überzeugt, besser als die „Einheimischen“ zu sein, wie darauf bedacht, ihr Blut nicht durch eine Mesalliance zu verunreinigen. Die meisten Anglo-Inder waren längst nach Großbritannien „heimgekehrt“ oder nach Kanada, Australien und Neuseeland ausgewandert. Daphne hatte Angst, ein eingeborener Verehrer könnte Belles Herz gewinnen, bevor sie Indien verließen, wodurch all ihre Träume für die Tochter wie ein Kartenhaus in sich eingestürzt wären. Die größten Aktivposten ihrer Tochter waren, ihrer Meinung nach, deren erlesene Hautfarbe und ihr Aussehen. Eine Heirat mit einem muskatbraunen Inder würde mit Sicherheit die Chancen ruinieren, dass Belles Kinder diese Vorzüge erben würden.
    Belle hatte schon immer Freunde gehabt. Je mehr, desto besser, so der Standpunkt ihrer Eltern. Bei mehreren ist man sicherer. Eddie war lediglich die

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