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Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
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würde sie was erleben können, aber momentan hieß es Vollgas geben und aus sämtlichen Rohren feuern.

    Als er das erste Mal bei ihr zu Hause gewesen war, hatte Eddie kaum ein Wort herausgebracht. Er hatte sich fehl am Platz gefühlt. Nicht, dass Belle oder ihre Eltern ihn nicht freundlich empfangen hätten. Aber er war noch nie zuvor in einer Bombayer Wohnung gewesen, die mehr als zwei Zimmer und gar ein eigenes Bad und Klo gehabt hätte. Bei Belle gab es außer dem Wohn- noch zwei Schlafzimmer, jedes mit einem eigenen Bad. Verglichen mit seinem eigenen Zuhause in CWD -Chawl Nr. 17 wohnten die McIntyres in einem Palast. Ihre Wohnung befand sich im siebten Stock. An den Fenstern des Wohnzimmers hingen durchscheinende weiße Gardinen, die mit grünen Blättern und roten Chrysanthemen bedruckt waren. Wenn der Wind durch das Zimmer blies, bauschten sie sich und stiegen fast bis an die Decke. Dennoch wirkte die Wohnung nicht weniger beengt als seine eigene. Sie hatte etwas Provisorisches, als ob ihre Bewohner nur auf der Durchreise wären. Die McIntyres schienen aus dem Koffer zu leben. Metallene Überseekoffer, Lederkoffer, Holztruhen, Pappkartons und schwere Holzkisten standen in allen Zimmern herum, manche aufgeklappt und an Wände und Couchtische gelehnt. In der Mitte des Wohnzimmers fungierten acht aneinandergestellte leere Holzkisten von Brooke-Bond-Tea als Esstisch. Der eigentliche, der aus Teakholz, erklärte ihm Belle, war vor anderthalb Jahren nebst sechs dazugehörigen Mahagonistühlen sorgfältig mit alten Zeitungen und Wellpappe umwickelt und in Sackleinen eingenäht worden und stand seitdem auf dem überdachten Balkon.
    Gabeln, Messer, Löffel, Teller, Schüsseln, Gläser, Tassen und Untertassen, alles, was die Familie für den täglichen Gebrauch benötigte, war in vier Pappkartons unter der Küchen-Arbeitsfläche eingelagert, die den Gasherd und den Backofen beherbergte. Das einzige Möbelstück, das noch nicht verpackt worden war, war ein Vitrinenschrank, der im Wohnzimmer stand. Eddie hatte so etwas noch nie gesehen. Er hätte stundenlang dastehen und den Schnickschnack und die Dekorationsstücke bestaunen können, die liebevoll auf den Glasböden angeordnet waren. Da gab es Porzellanteller mit aufgemalten Windmühlen, Puppen, kuriose Miniaturhäuschen, einen zwanzig Zentimenter hohen Eiffelturm, Bierkrüge und eine ganze Menagerie von Keramikkatzen, -spaniels, -sittichen und -eulen. Über der Vitrine hing ein großes gerahmtes Farbfoto von einer Frau mit einem Diadem und einem gut aussehenden Mann in einer todschicken Militäruniform.
    â€žIst das ein Foto von der Hochzeit deiner Eltern?“, fragte Eddie Belle leise.
    Belle lachte laut auf. „Dad, hast du das gehört?“, rief sie zu ihrem Vater hinüber, der eben von der Arbeit zurückgekommen war und gerade im Schlafzimmer den Schlips ablegte. „Eddie hält dich für Prinz Philip!“
    William Kingsley McIntyre kam aus dem Schlafzimmer, während er den Gürtel seines Hausmantels zuknotete. Er lächelte etwas verlegen. „Na ja, wenn du dir das linke Profil ansiehst, besteht durchaus eine Ähnlichkeit, eine sehr ausgeprägte Ähnlichkeit, weißt du.“
    â€žOh, Mann, Eddie, jetzt hast du bei ihm einen Riesenstein im Brett! Von jetzt an kannst du dir alles von ihm wünschen, was du willst. Es gehört schon dir. Aber bevor er dir erklärt, um wie viel Ecken er von seines Vaters Seite mit Prinz Philip verwandt ist, gehen wir lieber in mein Zimmer.“
    â€žDu hast ein eigenes Zimmer?“
    â€žDu nicht?“
    Eddie schwieg. Glücklicherweise bohrte Belle nicht weiter nach.
    â€žErwarte nicht zu viel, es ist mehr ein Katzenstübchen, aber wenigstens bin ich nicht den ganzen Tag der königlichen Familie ausgesetzt.“
    Als Belle später Eddie zu Haus besuchte, fragte sie nüchtern: „Wo sind die übrigen Zimmer?“
    Eddie zeigte unbestimmt in Richtung Küche und sagte: „Da wird zur Zeit was repariert.“
    In ihrem Zimmer standen ein Klappbett, ein Tisch, ein Stuhl und weitere Schrankkoffer sowie aufeinandergestapelte Kartons. Am Fenster hing ein schlichter blauer Vorhang.
    â€žGeht ihr weg von Bombay?“
    â€žJa. Nicht nur von Bombay, von Indien.“
    â€žWo zieht ihr hin?“, fragte Eddie ungläubig. Das musste man sich vorstellen: Die McIntyres hatten eine

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