Die Statisten - Roman
ich könnte Krebs kriegen, jetzt, wo ich springen will?â
Eddie musste unfreiwillig ebenfalls lachen.
âDas ist nicht zum Lachen, Eddie! Seinen Kehlkopfkrebs hast dann du auf dem Gewissen! Ich werde mit deiner Mutter reden müssen!â
Eddie glaubte Pater Agnello aufs Wort. Morgen würde er gewaltigen Ãrger bekommen.
âWas macht Crystal?â, fragte Paul Junior.
âSie ist völlig auÃer sich. Sie glaubt, dass dir etwas Furchtbares zugestoÃen ist.â
Paul schaute den Mond an, als spreche er mit ihm. âGleich ist es so weit. Ich kann ihr nie wieder in die Augen sehen. Ich weiÃ, dass das alles ihr Werk ist!â
Mondlicht lag wie ein Kreideteich auf den Mosaikfliesen der Terrasse. Es tauchte Pauls Gesicht in Quecksilberlicht. War es das, fragte sich Eddie, was man Mond-Wahnsinn nannte? Paul hing an einem Rohr, das senkrecht aus der Terrasse aufragte, und schwang wie wild hin und her.
âWas hat sie getan?â
âWas sie getan hat?â Paul war drauf und dran, Eddie wegen der Unverfrorenheit seiner Frage von der Brüstung zu stoÃen. âDa fragst du noch?â Er blickte hilfesuchend zum Mond auf. In seinen Augen waren Tränen. Als er sprach, hatten seine Worte die Endgültigkeit eines Todesurteils. âIch krieg ihn nicht hoch.â
âKriegst was nicht hoch?â
Paul hatte keinen Sinn für Eddies dämliche Fragen.
âIch bin ins Badezimmer gegangen, um für heute Abend zu üben, aber es hat nicht geklappt. Zum ersten Mal in meinem ganzen Leben. Stell dir das doch mal vor! Heute Nacht ist meine Hochzeitsnacht!â
âAber ihr seid seit Jahren zusammen! Du musst es doch bereits Hunderte Male mit ihr gemacht haben!â
âRed keinen Blödsinn. Wir sind Katholiken. Wir gehen vor der Hochzeit nie aufs Ganze.â
Warum, fragte sich Eddie, klang das bloà so grausam vertraut?
âDu brauchst es dir nicht mehr alleine zu machenâ, sagte Eddie voller Empfindung. âVon nun an wird immer sie es mit dir machen.â
âDu bist ein hirnloses Arschloch, Eddie! Wenn ich es allein nicht hinkriegeâ, Paul schien momentan keinerlei Nachsicht für Dummköpfe aufbringen zu können, âwie zum Teufel soll ich es dann mit ihr schaffen?â
âHörst du mich, Paul? Paul! Komm runter! Augenblicklich!â Es war wieder Pater Agnello.
âIst durchaus meine Absicht.â Paul nickte dem Priester zu. Er breitete die Arme wie die Flügel eines Flugzeugs aus und düste erst einmal in die entgegengesetzte Richtung, um Geschwindigkeit für den Start zu gewinnen. Die Katze war direkt hinter ihm. Eddie fragte sich, ob sie Paul hinterherspringen würde.
âVergib mir, Crystal, unser gemeinsames Leben ist vorbei! Leb wohl, meine Geliebte!â
âEs wird klappen! Vertrau mir.â Eddie lief hinter Paul her. âWart einfach, bis ich wieder da bin!â
Paul blieb abrupt stehen. âKommt nicht in Frage! Du rührst dich nicht von der Stelle. Wenn du runtergehst, dann schickst du Crystal hier rauf.â
âTu ich nicht, ich schwörâs.â
âIch glaub dir nicht.â
âWäre aber besser. Ich bin deine einzige Hoffnung.â
âWie willst du wissen, dass es klappt?â
âIch weiÃ, was ich weiÃ.â
âUnd wenn es doch nicht hinhaut?â
âDann tu, was du willst.â
âSchwör, dass du Crystal nichts sagst!â
âKomm kurz da runter.â
âWarum?â
âWeil du die Tür hinter mir abschlieÃen sollst. Ich schick jemanden rauf, der den Bann entschärft. Schlieà nur auf, wenn jemand drei Mal kurz anklopft. Sonst nicht.â
âDu verrätst mich nicht, oder?â
âNein. Vertrau mir.â
Eddie stand vor der Tür des Hochzeitssaals und sondierte die Lage. Belle saà mit hängenden Schultern auf der Bühne und klackte mit den hochhackigen Goldsandalen gegen die Bühnenfront. Sie war angeödet und legte Wert darauf, dass das auch jeder merkte. Hoch über ihrem Kopf prangte das Motto von Saint Sebastian in Gold und rotem Samt: âAlles ist möglich. Selbst das Unmögliche. Wenn du in Gott vertraust.â Eddie ging auf sie zu.
âWo ist Crystal?â
âWarum versuchst du nicht ab und zu, auch mal meinen Namen auszusprechen? Ihre Mutter hat sie mitgenommen, damit sie sich nachschminkt.â
âGut. Komm mit.â
Belles Gesicht
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