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Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
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erklären, da er dem jungen – beziehungsweise gar nicht mehr so jungen – Mann das Ehesakrament gespendet hatte. „Ich bin sicher, Sie werden ihn dort finden.“
    â€žDort ist er nicht“, klagte Mrs Monteiro. „Es klingelt und klingelt, und keiner nimmt ab. Und außerdem habe ich die Hausschlüssel.“
    â€žWo ist Paul denn dann?“ Crystals Stimme war ein Flüstern. „Glaubst du, er hatte einen Unfall? Ist er von einer Straßenbahn überfahren worden?“
    â€žStraßenbahnen gibt es in Bombay schon seit einer ganzen Weile nicht mehr, Crystal.“ Eddie setzte Crystals fieberhaften Spekulationen einen Dämpfer auf, bevor sie völlig außer Kontrolle gerieten.
    â€žEr hat mich verlassen und ist mit irgendeinem jungen Mädchen durchgebrannt.“ Crystal ließ sich einfach nicht beruhigen.
    â€žWer würde schon mit ihm durchbrennen, Crystal?“ Eddie versuchte, Crystals wilde Wahnvorstellungen herunterzuspielen. „Er ist doch schon bald rentenreif und hat nur noch siebeneinhalb Haare auf dem Kopf!“
    Noch bevor er das letzte Wort ausgesprochen hatte, wusste Eddie, dass er mit beiden Füßen ins Fettnäpfchen getreten war.
    â€žWillst du damit unterstellen, dass ich alt und keinen zweiten Blick wert bin?“ Crystal brach in Tränen aus.
    â€žWie kannst du so was nur meinen, Crystal, wo Eddie selbst den Boden unter deinen Füßen verehrt. Er würde alles für dich tun.“ Belle rammte Eddie die Faust in die Rippen. „Alles, absolut alles! Stimmt’s, Eddie?“
    Eddie funkelte Belle böse an. Crystal wusste nicht so recht, was sie von Belles Überfürsorglichkeit halten sollte. Ihre Lippen bebten, und sie hatte Tränen in den Augen. „Wie konnte Paul mir das nur antun?“ Ihr Make-up war zerlaufen, sie schniefte, und ihre kurzsichtigen Augen waren gerötet. Sie wollte sich gerade die Tränen abwischen, als ihre Mutter ihr einen Klaps auf die Hand gab.
    â€žNicht mit dem Schleier, Crystal!“ Die Mutter bot ihr ein Taschentuch an. „Und hör auf zu heulen! Was sollen unsere Gäste denn sagen?“
    Die Gäste hatten allerhand zu sagen. Sie langweilten sich, sie waren ungeduldig und sie hofften inbrünstig, dass sie nach dieser endlosen Warterei wenigstens mit etwas richtig Skandalösem entschädigt werden würden.
    â€žDas ist mir doch egal! Er kommt nie wieder! Ich werde mein Leben lang eine verheiratete Witwe sein!“
    Eddie stand eilig auf, ehe sich die Schleusentore wieder öffneten. „Ich schaffe ihn her, Crystal. Mach dir keine Sorgen, ich bringe ihn zurück.“ Eddie legte seine Trommelstöcke auf einen Stuhl, würdigte Belle keines Blickes und sagte zu Roger, seinem Gitarristen: „Ich bin gleich wieder da. Halt du so lange die Stellung, ja?“
    â€žIch möchte mit.“ Belle versuchte, seine Aufmerksamkeit zu erregen.
    â€žWozu?“
    â€žBitte.“
    â€žKümmer dich um Crystal.“
    â€žDas kannst du doch viel besser!“
    Eddie verließ den Hochzeitssaal und stieg die fünf Stockwerke seiner ehemaligen Schule hinunter. Er hatte sich auf diese Hochzeit gefreut. Nicht nur weil Paul sein Freund war, er hätte ihm auch erlaubt zu spielen, was er wollte. Eddie war bereit gewesen, für Paul umsonst aufzutreten. Aber Pauls Vater wollte nichts davon hören. „Also bitte, mein einziger Sohn! Und ich soll für seine Hochzeitskapelle nicht bezahlen können? Paul bekommt vielleicht nicht die prunkvollste Hochzeit in der Stadt, aber er soll mit Sicherheit eine schöne bekommen, mit der besten Hochzeitskapelle. Ich zahle im Voraus.“
    â€žKapelle“, „Hochzeitskapelle“, die Wörter taten Eddie in den Ohren weh. Aber es hätte keinen Wert gehabt, dem alten Mann zu erklären, dass die Bandra Bombshells keine Kapelle, sondern eine Rock-’n’-Roll-Band waren, wie die Beatles oder die Rolling Stones. Er hätte es sowieso nicht verstanden. Aber Wort gehalten hatte Mr Monteiro. Er hatte Eddie die Gage schon ausgezahlt. Und er hatte sein Bestes dafür getan, dass es ein schöner Hochzeitsempfang wurde – beziehungsweise werden würde, wenn Eddie nur Paul Junior herbeischaffen konnte.
    Der Schulsaal war mit drei Deckenventilatoren bestückt. Eddie erinnerte sich daran, wie er zusammen mit siebenhundert anderen Schülern auf dem Fußboden saß, um sich

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