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Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
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Spielfilme anzusehen. Pater Agnello war unschlagbar darin, sämtliche Spuren sexueller Betätigung auszumerzen. Wann immer sich die Andeutung eines Kusses, einer Umarmung oder Fummelei anbahnte, schoss seine rechte Hand empor und bedeckte das Objektiv des Projektors, was mit Pfiffen, Buhrufen und obszönen Geräuschen quittiert wurde. Daraufhin drohte der Priester, den Projektor auszuschalten und die Vorführung ganz zu beenden. Die Jungen hatten ihr kurzes Vergnügen gehabt und beruhigten sich wieder ein wenig, bis fünfzehn oder fünfundzwanzig Minuten später die schwarz gesäumte Hand erneut die Linse verdeckte.
    Der Raum roch nach ranzigem Schweiß und erhitzten Körpern. Irgendwann furzte jemand – ein lautloser Furz, das waren die tödlichsten –, und ein langsam wabernder, widerlicher, üppiger Dunstschwall nahm jedem in seinem Einzugsgebiet den Atem. Die Jungs kicherten, zeigten auf den mutmaßlichen Übeltäter und stellten Vermutungen an, ob es sich um Kichererbsen-, Rind- oder Schweinefleisch-Emissionen handelte, während Pater Agnello sie zum Schweigen brachte.
    Mr Monteiro hatte im Hochzeitssaal alle drei Meter riesige Ventilatoren aufstellen lassen, dazu hohe Blumenvasen. MacRonnels, eines der besten Restaurants von Bandra, sorgte für die Verpflegung, und die Krönung ihrer Bemühungen stand in der Mitte des Saals: es war eine fünf Fuß hohe Torte mit einem swingenden Plastikbrautpaar auf der Spitze. Das Publikum war kosmopolitisch und schick. Viele Frauen trugen luxuriöse handgewebte Seidensaris und teuren Schmuck. Auf dem Hof standen vierzehn Autos, vier davon mit Chauffeur. Ein katholischer Stadtrat und der Sportminister würden jeden Augenblick eintreffen, Letzterer mit Polizeieskorte und Blaulicht.
    Eddie ging an den Autos und Chauffeuren vorbei in Richtung Schulhof. Es war eine Vollmondnacht, aber es wehte kein Lufthauch. Er knöpfte den Kragen seines Rüschenhemdes auf und lockerte die Fliege. Es war heiß und erdrückend schwül. Er war froh, von Crystal und Belle weggekommen zu sein. Möglicherweise überreagierte Crystal ja, aber er musste zugeben, dass seine Sympathien eher ihr als Paul Junior galten. Sie hatte all die Jahre geduldig auf ihn gewartet, und jetzt schien er fest entschlossen zu sein, ihr die Hochzeit zu ruinieren. Belle dagegen war in einer ihrer aufgekratzten Stimmungen. Normalerweise genoss er ihre Ausgelassenheit, doch manchmal bekam sie etwas in den falschen Hals und wurde eifersüchtig.
    Er steckte die Hände in die Taschen seines Jacketts und sah sich um. Einer der Torpfosten am anderen Ende des Platzes stand schief, und jemand hatte vergessen, die Stäbe vom Cricketfeld zu entfernen. Eddie wäre jede Wette eingegangen, dass die Schule geschrumpft war. Als er ein Kind war, war ihm das Gebäude gigantisch und labyrinthisch vorgekommen. Es war fünf Stockwerke hoch, dieselbe Höhe wie sein Chawl. Auf der Brüstung der Dachterrasse über dem Hochzeitssaal machte er zwei Silhouetten aus. Eine Katze und einen Mann. Sie schienen wie im Mondlicht erstarrt. Dann setzte sich die Katze in Bewegung, und der Mann folgte ihr. Die Katze schaute über die Schulter zurück, stellte den Schwanz in die Höhe wie beim indischen Seiltrick und bewegte ihn. Sie fing an zu rennen, und der Mann sprintete hinterher. Es war ein gruseliges und vollkommen lautloses Schauspiel. Eddie wollte schon schreien, überlegte es sich dann jedoch anders. Er rannte alle fünf Stockwerke wieder hoch zum Hochzeitssaal.
    Als er zu Atem gekommen war, wartete er, bis Roger in seine Richtung schaute, und winkte ihn zu sich heran.
    â€žHast du ihn gefunden?“ Crystal stand schon neben ihm.
    â€žIch bin noch auf der Suche. Entspann dich, Crystal. Ich hab dir gesagt, ich finde ihn.“ Er packte Roger am Ärmel und wollte ihn unauffällig weglotsen.
    â€žWarum bist du dann zurückgekommen?“, fragte Crystal.
    â€žIch möchte, dass Roger meine Mutter anruft, nur für den Fall, dass Paul zu mir nach Hause gegangen ist.“
    â€žIhr habt doch gar kein Telefon!“ Crystal war sich sicher, dass Eddie wusste, wo ihr Mann sich rumtrieb.
    â€žEr ruft die Da Penhas an, die sollen nachfragen.“ Eddie verließ mit Roger den Saal. „Ruf die Feuerwehr an. Stell jetzt keine Fragen. Sag, dass ein Mann versucht, von der Dachterrasse der St. Sebastian’s School zu springen. Schnell,

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