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Die Staufer und ihre Zeit

Die Staufer und ihre Zeit

Titel: Die Staufer und ihre Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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Österreich verheiratet. Sieben Jahre später will er sich von ihr scheiden lassen, was der Vater verbietet. Friedrich ärgert sich auch, weil sein Sohn den deutschen Fürsten landesherrliche Rechte zugesteht, die seine eigenen Zusagen weit übertreffen. Er sieht sich
aber gezwungen, auf dem Reichstag in Ravenna diese Rechte urkundlich zu bestätigen.
    Zu diesem Reichstag erscheint Friedrich wie ein orientalischer Herrscher: mit einem prächtig herausgeputzten Gefolge, mit Falknern samt Vögeln, Reitern auf Araberpferden, Gauklern, Tänzerinnen, mit Elefanten, Kamelen, Affen, Panthern, Löwen und Leoparden. Getrübt wird der Märchenauftritt, weil ausgerechnet Heinrich fehlt – der hat derweil mit den Städten der Lombardischen Liga sowie mit den Bischöfen von Augsburg und Würzburg ein Bündnis gegen den Vater geschmiedet.
    Als dies herauskommt, ist das »Band zwischen Vater und Sohn endgültig zerschnitten«, notiert Ekkehart Rotter. 1235 kommt es in Worms zu einer Gerichtsversammlung, Heinrich wirft sich auf den Boden und bittet weinend um Gnade. Friedrich lässt ihn lange nicht aufstehen – erst als einige der Fürsten darum bitten. Dass Heinrich die Namen der Mitverschwörer nennt, rettet ihm den Kopf, nicht das Amt. Er wird zu lebenslanger Kerkerhaft verurteilt, die er auf einem süditalienischen Kastell abbüßt. 1242 stürzt der an Lepra Erkrankte bei einer Verlegung mit seinem Pferd in eine Schlucht – wahrscheinlich ein Selbstmord. Was den Vater nicht hindert, öffentlich »das Schicksal unseres erstgeborenen Sohns Heinrich zu betrauern«. In seinem Brief an den sizilischen Klerus schreibt Friedrich auch diesen Satz: »Wir gestehen ein, dass wir, der wir durch den Übermut des lebenden Königs nicht gebeugt werden konnten, durch den Sturz dieses unseres Sohns gerührt sind.« Die Botschaft ist deutlich: Das Gesetz steht über verwandtschaftlicher Bindung – doch das tut auch weh. Seinem Kanzleichef Petrus de Vinea, einem alten Vertrauten, lässt er ohne Zögern die Augen ausreißen, als dieser des Hochverrats und der Bereicherung an Staatsgeldern beschuldigt wird.

    Kaiser Friedrich II. als Gelehrter auf dem Thron (Miniatur aus seinem Buch über die Falknerei)
    Da ist Friedrich bereits ein gebrochener Mann. Er hat die 1248 erlittene, vernichtende Niederlage seines Heeres gegen die kurzzeitig von den Päpstlichen beherrschte Stadt Parma, die schlimmste seiner Kriegerkarriere, nicht verkraftet. Fast gleichzeitig mit dem Hochverratsprozess gegen Petrus de Vinea muss Friedrich erleben, wie sein Leibarzt, wohl angestiftet von päpstlicher Seite, ihn zu vergiften versucht – mit einem Stärkungstrunk. Als der misstrauische Herrscher zwei zum Tode Verurteilte von dem Getränk kosten lässt, sterben diese. Der Arzt wird geblendet, gefoltert und hingerichtet.
    Friedrich ist im Dezember zur Welt gekommen, er verlässt sie auch im Dezember. An der Ruhr leidend, deprimiert und ermattet, zieht er sich im Sommer 1250 auf seinen Palast in Foggia zurück, in dessen Nähe er einen Park mit Seen und exotischen Tieren unterhält – dort leben Löwen, Bären, Dromedare, sogar eine Giraffe und ein Elefant. Solch ein Statussymbol besaß auch Karl der Große in Aachen.
    Anfang Dezember fühlt sich der Kaiser leicht genesen und reitet aus zu einer Jagd. Da erleidet er abermals einen Ruhr-Anfall – Übelkeit, Durchfall, Erbrechen, Fieber, Kreislaufkollaps. Man bringt ihn in eins seiner Jagdschlösser, ins Castel Fiorentino. Er verfasst sein Testament. Am 13. Dezember, 13 Tage vor seinem 56. Geburtstag, stirbt Friedrich II. Von den Söhnen ist nur Manfred zugegen. Friedrichs Herz wird im Dom zu Foggia bestattet, der übrige Körper im Dom zu Palermo, im normannischen Prunk-Sarkophag.
    Wer war nun dieser Proteus namens Friedrich wirklich? Gewiss ein »Liebhaber der Weisheit« und ein »Forscher« (»inquisitor«), wie er sich selbst im Falkenbuch bezeichnet, das er angeregt und teilweise diktiert, aber wohl nicht eigenhändig geschrieben hat. Doch war er darum schon ein Pionier der Aufklärung, ein Vorläufer multikultureller Toleranz,
ein selbstbewusst Sinnlicher und Diesseitiger unter lauter verklemmten Jenseits-Pfaffen? Wir wissen es nicht.
    Er war all dies, und auch wieder anders. Die muslimischen Sarazenen, die er umgesiedelt und dann religiös toleriert hat, wurden von ihm in Sizilien erst einmal gnadenlos bekämpft. Auch sonst schreckte er nicht vor Grausamkeit zurück. Er war ein modern anmutender, egozentrischer

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