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Die Staufer und ihre Zeit

Die Staufer und ihre Zeit

Titel: Die Staufer und ihre Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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Exkommunikation drohte, nahm das Treiben zivilere Formen an. Nun droschen die Wettkämpfer mit stumpfen Schwertern aus Fischbein aufeinander ein. Weit gefährlicher war jene Paradedisziplin des mittelalterlichen Schaukampfs, der noch heute jeden Ritterfilm veredelt. Den Gegner mit einer Lanze aus dem Sattel zu heben war das harmlos formulierte Ziel des »Tjost«. Allerdings verdiente sich diese Übung einen sicheren Rang unter den gefährlichsten Sportarten, die der Menschheit je eingefallen sind. Regelmäßig wurden Köpfe zerschmettert und Brustkörbe lebensbedrohlich geprellt. Etliche Reiter brachen sich während des gewaltsamen Sturzes vom Pferd das Genick.
    Die Promotion zum Ritter fiel häufig mit dem Erreichen der Volljährigkeit zusammen, die der Mann des Mittelalters im Alter von 14 Jahren für sich beanspruchte. Ab jetzt konnte der junge Edelmann auch gegen den Willen seiner Eltern heiraten. Doch eine romantische Liebesgeschichte war kaum zu erwarten. Die Suche nach einer Partnerin folgte häufig harten Zwängen. Vor allem musste Standesgleichheit gesichert werden. Viele verarmte Adelshäuser sicherten durch umsichtige Heiratspolitik ihr Überleben. Der eigentlich rechtsverbindliche Akt der Eheschließung war die nächtliche Zusammenkunft von Mann und Frau im Ehebett, die im Mittelalter als »Beilager« bekannt war.
    Doch allzu leidenschaftlich ging es im Regelfall angesichts der Härten des Alltags und der Zweckmäßigkeit der Verbindung wohl nicht zu. Sexuelle Befriedigung suchten und fanden die auf der Höhe ihrer Kraft befindlichen Jungritter in außerehelichen Affären, in der sogenannten niederen
Minne. Hier kannte der Edelmann denn auch keine Klassenunterschiede. Weil adlige Burgfräulein für Seitensprünge nur schwerlich zu haben waren – sei es aus Furcht vor einer Schwangerschaft oder aus Angst vor dem Skandal –, trieb es den Ritter zu Mägden und Bauersfrauen.
    Diese pragmatische Einstellung fasste der Lyriker Walther von der Vogelweide prägnant zusammen: »Ich will meine Preislieder an Frauen richten, die zu danken verstehen.« Sein als »Spervogel« bekannter Zeitgenosse sah die Dinge weniger entspannt: »Der Mann, der eine gute Frau hat und zu einer anderen geht, der ist ein Sinnbild des Schweins. Was könnte es Böseres geben?«, keifte der Literat.
    An welchen Orten sich die Liebschaften vollzogen, lässt sich indes nicht leicht sagen. Die Betten des Mittelalters waren für gewöhnlich um einiges kürzer als die heutigen. Das lag jedoch weniger an der geringeren Körpergröße der Menschen, sondern an deren Gewohnheit, im Sitzen zu schlafen.
    Der Alltag des Ritters und seiner Frau war freilich von weit schärferen Unbilden überschattet. Die ständige Sorge um ausreichend Speis und Trank, die unwirtlichen Umstände in der eigenen Burg und nicht zuletzt die allzeit bestehende Gefahr eines feindlichen Angriffs auf das Rittergut dürften aus den Eheleuten eine recht feste Schicksalsgemeinschaft geschmiedet haben.
    Der verarmte Ritterhaushalt war zu staufischer Zeit eher die Ausnahme. Dennoch ging es in den Burgen eher ungemütlich zu – und das wohl zu fast jeder Jahreszeit. Im Winter war es in den Gemäuern so kalt, dass sich die Familie ausdauernd um das offene Kaminfeuer scharte. Beheizt wurde häufig nur ein Raum. In wohlhabenderen Häusern fanden die Bewohner immerhin auch Zuflucht im Dampfbad.
    Die Wasserversorgung einer Burg war im Mittelalter schwierig. Ein Brunnen garantierte den täglichen Bedarf auch
während einer Belagerung durch Angreifer, war aber sehr kostspielig. Die Burgherren mussten sich erst 20, 40 oder gar 70 Meter tief in den felsigen Untergrund fräsen, ehe sie auf die begehrte Ressource stießen. In Einzelfällen verschlang der Brunnenbau allein so viel Geld wie die Errichtung der ganzen Burg.
    Sparsame Ritter ließen ihre Knechte aus nahe gelegenen Flüssen Frischwasser in Eimern herbeischleppen und sammelten Regenwasser in Zisternen, das dort allerdings recht bald brackig wurde. Als Getränk des Alltags bewährte sich der in Fässern gelagerte Wein, dessen Alkoholgehalt zudem Krankheitserreger abtötete. Wohlhabende würzten ihren Wein mit reichlich Pfeffer, der für die Mehrheit kaum erschwinglich war.
    Anders als der Mythos glauben macht, stolzierte der Ritter nicht das ganze Jahr über in seiner Rüstung durch die Lande. Zwar gab es Krieger, die durch Teilnahme an Wettkämpfen und als Söldner im Dienste eines Fürsten oder Königs ganzjährig ein

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