Die Staufer und ihre Zeit
Anfang mit der Rittermütze. Kleidung war Standesabzeichen, und der junge Heißsporn legt sich zuallererst einmal die Insignien eines Ritters zu: Ein Hemd aus »feinster weißer Leinewand« gibt ihm die Schwester. Bauern trugen normalerweise eher grobes Tuch aus Flachs, typischerweise eine Tunika mit weiten Ärmeln, einen Strohhut und Schuhe aus Rindsleder. Mäntel waren eine seltene Kostbarkeit.
Der Vater versucht den Sohn zurückzuhalten:
»Das Rittertum, lass ab davon!
Glaub mir, die höfische Lebensart
Wird allen denen drückend hart,
Die nicht von Kind auf heimisch drin.
Wer frevelnd seinem Stand entsteigt,
Gar selten dem das Glück sich neigt.«
Durchaus stolz preist er seinem Sohn das Bauernleben:
»Gewisslich wird manch hohe Frau
Durch deines Ackers Frucht verschönt.
Und mancher König sieht gekrönt
Sich dank des Bauern Fleiß und Schweiß.«
Damit hatte er durchaus recht: Der Bauern Arbeit ernährte die höheren Gesellschaftsschichten. Die »Trennung von Arbeit und Eigentum« beschreibt der Hamburger Historiker Hans-Werner Goetz als ein charakteristisches Merkmal des Mittelalters. Den Adligen gehörte das Land. Doch bewirtschafteten sie es nicht selbst. Sie überließen unfreien Bauern einige Hektar, die diese zu beackern hatten. Vom Ertrag mussten sie dem Feudalherrn Abgaben leisten: Getreide, Eier, Schlachtvieh, Geflügel oder Geldzahlungen. Und zudem hatten sie »Hand- und Spanndienste«, also körperliche Arbeit, als Fron auf den herrschaftlichen Gütern zu leisten. Die große Mehrheit der Bauern lebte wohl am Rande des Existenzminimums.
Es war ein mühseliges, arbeitsreiches Leben: Bauern waren in den seltensten Fällen freie Siedler, die sich die Wildnis untertan machten. Die große Mehrheit von ihnen lebte auf ihren Hufen, wie die ihnen per Lehnsrecht zugewiesene Parzelle Land hieß. Dort hausten sie in selbstgebauten Hütten aus Holz, Lehm und Flechtwerk. Oft gab es nur einen Raum mit offener Feuerstelle.
Verbreitet war in der Stauferzeit schon der Wagenpflug, ein primitives Gerät, gezogen von Ochsen, seltener Pferden. Der Treiber peitschte die Tiere voran, während der Pflüger den Pflügehaken, später die Schar in den Boden stemmte. Nachdem die Erde umbrochen war, säte der Bauer per Hand Flachs, Weizen, Roggen, Rüben, Bohnen, Erbsen, Mohn oder Hanf. Um den Boden nicht einseitig auszulaugen, entwickelten erfahrene Bauern schon im Mittelalter Formen des Fruchtwechsels. Häufig wurden drei Felder reihum mit verschiedenen Getreiden bebaut. Danach folgte die Ernte mit der Handsichel, in der Stauferzeit kamen dann langsam Sensen auf.
Freizeit kannte ein Bauer des Mittelalters kaum. Im Winter, wenn es draußen zu kalt war für die Feldarbeit, galt es, Werkzeug auszubessern und Kleidung zu flicken. Lediglich die Sonntage und die christlichen Feste lockerten den Alltag ein wenig auf: Prozessionen, Ostern, Weihnachten, auch alte heidnische Feste wie zur Sonnenwende, nicht aber Geburtstage. Kaum jemand im Mittelalter wusste, an welchem Tag er geboren war.
Solch ein ödes Leben ist für Helmbrechts Sohn nichts, er widersteht dem Flehen seines Vaters: » Dem Pflug absagen will ich.« Dabei gehörte die Familie wohl schon zur agrarischen Oberschicht. Der Vater trägt den Titel eines Meiers. Das waren oft immer noch unfreie Bauern, die aber als Aufseher fungierten oder Verwaltungsaufgaben für den Feudalherrn
erledigten. Erst im späteren Mittelalter wurden aus ihnen Pächter oder selbständige Bauern. Helmbrecht erwähnt auch, dass er seinen Zehnten immer pünktlich zahle.
Der ungestüme Sohn träumt von gutem Essen, »Backhuhn«, »Semmelbrot« und »blinkendem Wein«, statt Wasser und Grütze aus Dinkel oder anderen Körnern. Fleisch gab es bei Bauersleuten selten. Die Jagd war ein Adelsprivileg. Er hat auch keine Lust, sich bei der Landarbeit die Finger schmutzig zu machen:
»Denn schwarze Hände tragen
Weil ich dem Pfluge schreite nach
Das brächte mir bei Gott nur Schmach:
Wie dürft’ ich je mich zeigen
An Frauenhand im Reigen.«
Am Ende lässt sich der Vater breitschlagen. Sohn Helmbrecht bekommt »Kettenwams und Schwert« sowie einen Hengst, für den der Vater bezahlt der »Kühe viere, dazu zwei Ochsen und drei Stiere«. So ausgestattet, verlässt Sohn Helmbrecht das Gehöft.
Doch der kecke Kerl kommt nicht weit. Er stößt auf einen Raubritter, der »ohne Aufhörn blutige Fehden« ficht. Dem schließt er sich an, ob aus Überzeugung oder Not, verrät der Dichter nicht.
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