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Die Staufer und ihre Zeit

Die Staufer und ihre Zeit

Titel: Die Staufer und ihre Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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schlachtmüden Veteranen gleichwohl nur wenige Jahre genießen. Die Männer jener Zeit wurden im Durchschnitt gerade mal 47 Jahre alt. Die einstigen Helden waren gegen Ende ihres Daseins müde Gestalten mit Arthritis, kaputtem Rücken und faulen Zähnen.
    Ein Hundeleben also, das die Milizionäre des Mittelalters führten? Mitnichten. Die Vertreter des Berufsstandes glühten einem Leben entgegen, das in seinen Grundzügen noch heute die Zuschauer entzückt, wenn Daniel Craig als James Bond auf der Leinwand erscheint: Abends saßen die Ritter in Festkleidung neben den schönsten Frauen am Hof und
parlierten wahlweise mehrsprachig und geistreich über Gott, die Welt und den König. Gutes Essen, mit Pfeffer gewürzter Wein und Tanz rundeten das Vergnügen ab. Am nächsten Morgen legten die durchtrainierten Kampfmaschinen ihre Rüstung an, setzten sich auf ihr Pferd und taten das, worauf sie von Kindesbeinen an trainiert wurden: kämpfen.
    Krieg war der Lebensinhalt eines Ritters schlechthin. Der Sieg auf dem Schlachtfeld versprach Ruhm und die Bewunderung der Frauen. Noch wichtiger: Seine besiegten Gegner raubte der erfolgreiche Krieger ohne Skrupel aus. Wohlstand gründete sich auf dem zerschmetterten Leib des Feindes.
    Behändigkeit, Gesundheit, Schönheit und gute Umgangsformen waren die Ideale des Rittertums, doch natürlich waren die Menschen des Mittelalters nicht von einem besseren Geist beseelt. Im Getümmel der Schlacht kippte die Moral der Feldzügler im Kettenhemd häufig. Marodierend und brandschatzend zogen sie am Tag übers Land. Am Abend verlustierten sich die Adligen in der Manier tumber Landser mit Unmengen von Alkohol.
    Der bretonische Gelehrte Petrus von Blois empörte sich im 12. Jahrhundert: »Sobald sie mit dem Rittergürtel geschmückt sind, plündern und berauben sie die Diener Christi. Sie geben sich dem Nichtstun und der Trunkenheit hin, sie schänden den Namen und die Pflichten des Rittertums. Wenn unsere Ritter einen Feldzug unternehmen, werden die Pferde nicht mit Waffen, sondern mit Wein beladen, nicht mit Lanzen, sondern mit Käse, nicht mit Speeren, sondern mit Bratspießen. « Derlei Auswüchse minderten das Ansehen eines ganzes Standes. Die meisten Menschen fürchteten und verabscheuten den Typus, der hoch zu Ross nahm, was ihm gefiel – ein Ritter Gnadenlos.
    Weit entfernt war solch grobschlächtiges Treiben von jenen salbungsvollen Worten, die der Dichter Gottfried von Straßburg
seinem jugendlichen Helden Tristan um 1200 mit auf den Weg gab: »Jetzt ist dein Schwert gesegnet, jetzt bist du Ritter geworden, bedenke nun auch die ritterliche Ehre, deinen Stand, deine Person, deine Geburt, deinen Adel, sei demütig ohne Falsch, wohl erzogen, dem Armen gütig, den Mächtigen gegenüber hochgesinnt, halte dein Äußeres schön, ehre und liebe die Frauen, sei freigebig und treu, unverdrossen, dies immer wieder von neuem.«
    Moralisch gerüstet wurde der Novize mit der sogenannten Schwertleite, mit der sich Knappen in echte Ritter verwandelten. Das Zeremoniell war der bedeutendste Einschnitt überhaupt im Leben eines jungen Kämpfers. In der Regel waren die jungen Helmträger gerade erst dem Teenageralter entwachsen, wenn ihnen das kirchlich geweihte Schwert übergeben wurde. Hinter ihnen lag ein etwa siebenjähriger Drill.
    Die angehenden Ritter waren durch Schwimmen und Faustkampf topfit getrimmt, wussten sich in Wäldern zu orientieren und beherrschten den Umgang mit Lanze, Schwert und Dolch. Als unritterliche Waffen galten Bogen und Armbrust, mit denen nur Partisanen aus dem Hinterhalt angriffen. Zudem waren die Jungritter ausgezeichnete Reiter, die ihr Pferd allein durch geschicktes Verlagern ihres Gewichts oder den Druck ihrer Schenkel manövrieren konnten. Unmittelbare Kampferfahrung hatten jedoch die wenigsten von ihnen. Wohl bewährten sich einige als Schildträger für ihren Herrn, damit diesem vom Tragen des schweren Geräts nicht vorzeitig die Puste ausging.
    Nach der Schwertleite tobten sich jugendliche Ritter zunächst in Wettkämpfen aus und vertieften ihre militärischen Kenntnisse. Turniere boten dazu eine ausgezeichnete Gelegenheit, denn bis ins 13. Jahrhundert erlebten die Novizen hier überaus realistische Kampfbedingungen.

    Turnierwettkämpfe mit Prunk, Protz und Festcharakter waren das Ergebnis einer längeren Entwicklung. Zuvor verabredeten sich rowdyhafte Edelleute auf freiem Feld zu rüden Massenkeilereien mit Toten und Schwerverletzten. Erst als die Kirche mit

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