Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Staufer und ihre Zeit

Die Staufer und ihre Zeit

Titel: Die Staufer und ihre Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
Vom Netzwerk:
vieles mehr. Aber nur selten zelebriert der Herrscher einen Hoftag als Fest. Den ganz großen Aufwand kann sich
auch ein Barbarossa, der König und Kaiser ist, nicht dauernd leisten.
    Am Mainzer Rheinufer versammeln sich in jenen Pfingsttagen Gäste in solcher Zahl, dass die Chronisten ins Fabulieren geraten. Von 40 000 Rittern ist in der Sächsischen Weltchronik die Rede. Und Gislebert von Mons, der selbst zu den Teilnehmern gehört, bietet gar die Zahl von 70 000 Rittern auf, »ohne die Geistlichen und die Menschen anderer Stände«. Heutige Historiker sprechen von rund 20 000 Anwesenden.
    Chronist Gislebert interessiert sich auch sehr dafür, mit wie viel Gefolge die mächtigen Reichsfürsten anreisen. 2000 Ritter sollen zum Beispiel den König von Böhmen begleitet haben, 1000 den Landgrafen von Thüringen, 500 den Herzog von Österreich. Sogar Heinrich der Löwe reist aus seinem normannischen Exil an. Die von ihm wohl erhoffte Versöhnung mit dem Kaiser bleibt aber aus.
    Für die hochgestellten Gäste ist ein solches Fest die beste Gelegenheit, ihren Rang und ihren Reichtum zur Schau zu stellen. Man reitet auf edlen, prächtig geschmückten Pferden, trägt kostbare Gewänder und schimmernde Waffen. Wer die Ehre hat, dabei sein zu dürfen, taucht ein in eine farbige und vielsprachige Welt, die aus einer der Geschichten rund um die Artus-Ritter stammen könnte, die gerade populär werden. Hohe Herren stolzieren in ihrem Hofstaat einher, in feines Tuch gewandete Chevaliers aus Burgund lästern über vierschrötige Kämpfer aus Sachsen oder Bayern.
    Die Stadt selbst mit ihren gut 10000 Einwohnern ist zu klein und zu eng, um die riesige Schar der Geladenen zu beherbergen. Aber Barbarossas Hofbeamte haben an alles gedacht. Auf den Wiesen der Mainzer Maaraue, dort, wo der Main in den Rhein mündet, gibt es Platz genug. Hier wird rechtzeitig zum Fest eine ganze Pfalz aus Holz erbaut, mit kaiserlicher Residenz, Festsaal, Kirche und Fürstenhäusern,
die »aufs Vornehmste in einem Kreis errichtet« sind, wie es in einer Beschreibung heißt. Wer von den Fürsten kein Domizil in der Nähe des Herrschers beanspruchen kann, nächtigt in prachtvollen Zelten, geschmückt mit golddurchwirkten Bannern und seidenen Baldachinen, die in der Frühlingssonne leuchten.
    Es gibt viel zu staunen auf dem Festgelände, besonders aber staunt der Chronist Arnold von Lübeck über zwei große Hühnerhäuser. Arnold notiert später: »Diese Häuser waren von oben bis unten mit Hähnen oder Hennen angefüllt, so dass kein Blick durch sie hindurchzudringen vermochte, zur größten Verwunderung vieler, welche kaum geglaubt hatten, dass so viel Hennen in aller Herren Länder überhaupt vorhanden wären.«
    Neben reichlich Geflügel aus der »ersten Hühnerfarm zu Mainz« (der Historiker Jan Keupp) bietet die Festtafel Wildbret und Fisch, helles Brot und gewürzten Wein. Die Mahlzeiten sind, nicht anders als heute, wesentliche Programmpunkte einer jeden Feier – zumal wenn sie, wie Barbarossas großes Hoffest, über drei Tage geht. Aber es gibt Wichtigeres als Essen und Trinken. Erster ritueller Höhepunkt ist die Festkrönung am Pfingstsonntag: Der Kaiser, seine Gemahlin Beatrix und ihr schon mit drei Jahren zum König erhobener Sohn Heinrich zeigen sich im Glanz ihrer herrscherlichen Würde mit allen äußeren Zeichen. Welche Kronen, welche Gewänder sie an diesem Tag tragen, ist nicht überliefert. Die Reichsinsignien lagern in jenen Jahren gewöhnlich auf Burg Trifels, vier Tagesreisen südlich von Mainz, so dass es ein Leichtes ist, die achteckige Reichskrone aus gediegenem Gold und die anderen Kleinodien herbeizuschaffen.
    Der Sonntag geht dahin mit festlichen Gelagen, Reiterspielen und kunstfertigem Amüsement durch Spielleute, Gaukler und Artisten. Am Montag heißt es rechtzeitig aufstehen,
die Schwertleite steht an, die der kaiserlichen Familie ganz besonders wichtig ist. Jeder sollte sehen, schreibt der Historiker Johannes Laudage, »dass das Herrscherhaus über zwei potentielle Erben verfügte, die sofort die Führung übernehmen konnten«.
    Über den genauen Ablauf des Zeremoniells schweigen die Quellen. Sicher ist, dass eine Heilige Messe den würdigen Rahmen bildet. Am Ende des Gottesdienstes werden die beiden Staufer-Söhne Heinrich und Friedrich feierlich mit dem Schwert umgürtet. Damit sind sie in den Kreis der Ritter aufgenommen, eine Gemeinschaft, die den europäischen Adel über alle politischen Differenzen und

Weitere Kostenlose Bücher