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Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Titel: Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holzhauer (Herausgeber)
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lesen ist) und habe weitere Bewerbungen im Blick.
     
    Vom Schreiben allein lässt es sich aber bisher aber noch schwer leben. Hauptberuflich ging es von der Ausbildung zum »Tech-nischen Assistent für Informatik« direkt weiter zum Infor-matikstudium. Auf das Diplom folgte der Master und aktuell arbeite ich am Fraunhofer-Institut in Karlsruhe.

Gedanken an Schmetterlinge
    Thomas Wüstemann
     
I. Die Drachenbändiger
     
    Mateo versuchte, wann immer er es einrichten konnte, ein Auge auf den Jungen zu haben. Zwar war er die meiste Zeit damit beschäftigt die Maschine in Betrieb zu halten, doch nutzte er jeden Gang zu den Mechanikern um nach ihm zu sehen; und wenn Fredo, der Vorarbeiter der Drachenbändiger, nach ihm verlangte, dann ließ er ihn gern ein oder zwei Minuten länger warten, und unterhielt sich stattdessen kurz mit dem Jungen. Sollte Fredo ihm beim Eintreten einen missbilligenden Blick ob der Verspätung zuwerfen, dann brummte Mateo nur in seinen Bart und sagte: »Auch du, Fredo, solltest Interesse daran haben, dass es dem Kleinen gut geht. In deiner Haut möchte ich nicht stecken, wenn ihm etwas zustößt. Seine Mutter würde dich statt ihrer Ochsen vor den Karren spannen und lachend dabei zusehen, wie du übers Feld jagst.«
    Fredo wurde dann tatsächlich sehr ernst, stierte nachdenklich auf die Berechnungen und Tabellen, mit denen sein Schreibtisch geradezu tapeziert war, stemmte schließlich die Handflächen unter das Kinn, und sagte mit fast verzweifelter, hilfesuchende Stimme: »Nun, dann pass´ gut auf ihn auf, Mateo. Unter den Drachenbändigern hat noch keiner den anderen im Stich gelassen. Wir sind füreinander da, und dir obliegt nun die Obhut des Jungen.«
     
    Eigentlich hatte Mateo Emilio nicht aufnehmen wollen. Er war fünfundfünfzig Jahre und hatte nicht umsonst ein kinderloses Leben geführt. Er sah sich selbst als alten Griesgram und Eigenbrötler, auch wenn seine Kollegen sehr wohl sein gutes Herz schätzten; als niemand jedenfalls, dem man die Verantwortung für einen Fünfzehnjährigen übertrug. Aber Martha, die Mutter des Jungen, hatte noch nie viel von Argumenten gehalten. Bevor sie sich darauf verließ, ihren Gegenüber im Dialog zu überzeugen, brachte sie die ganze Wucht ihrer Person aufs Tapet – immerhin war sie die Personifikation der öffentlichen Meinung im Dorf –, und so lenkte man ein, bevor man sein Gesicht vor den anderen Dorfbewohnern verlor.
    »Mateo«, hatte sie ihm gesagt. »Ich sehe eine Zukunft für Emilio, und es ist nicht die eines Viehhirten. Er ist zu verträumt, um als Bauer zu enden. Nimm ihn mit, zeig ihm den Himmel. Und bring ihn nicht wieder, ehe er nicht einer der Drachenbändiger geworden ist.« Mateo wollte noch sagen, dass sein Beruf ein gefährlicher war und er keineswegs den Tod des Jungen auf seinen Schultern brauchte, aber im mexikanischen Volk war nach Jahren des Krieges endlich so etwas wie Entspannung eingetreten. Gedanken an weitere Schlachten fegte man hinfort. Nur von Ruhm und Ehre war zu hören. Er hatte nichts entgegen zu setzen. Also hatte er den Jungen mitgenommen.
     
    Er hatte Emilio zu den Weichenstellern gesteckt, jenen schrulligen Ingenieuren, die über große Ventile den Verlauf des Dampfes durch das Schiff lenkten. Dort, so dachte er sich, war der Junge mit seinen naiven Spinnereien gut aufgehoben; sollte er doch tagträumend durch die Gänge streifen. Außerdem konnte er so am meisten über die Schifffahrt lernen, und blieb dem Drachen selbst so fern wie möglich. Emilio hatte schnell Freude daran gefunden, mit den feinmechanischen Apparaturen in die über das Schiff verteilten Rohre zu spähen. Den Armreif mit dem Hitzedetektor trug er wie einen königlichen Schmuck. Und wenn er bei seinen Inspektionstouren durch das untere Deck zufällig einem Hoheitlichen über den Weg lief, dann verbeugte er sich mit Anstand; sein Blick aber ging nie so tief zu Boden, als dass er die Leitungen aus den Augen verloren hätte.
     
    Mateo selbst fütterte den Drachen. Es war ein respektabler aber schmutziger Beruf, und er war stolz, ihn auf diesem besonderen Schiff verrichten zu können. Die Acalli war das erste Schiff, das in Auftrag und alleiniger Ausführung der neu entstandenen Republik gebaut worden war, und es stand ganz im Zeichen der Geschichte. Mateo war ein Nahua , ein Nachfahr der großen Azteken. So blickte er mit dem Gedanken an seine Ahnen auf den Schlund des Drachen, jedes Mal wenn er eine Schaufel Kohle ins Feuer beförderte:

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