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Die Stein-Strategie: Von der Kunst, nicht zu handeln (German Edition)

Die Stein-Strategie: Von der Kunst, nicht zu handeln (German Edition)

Titel: Die Stein-Strategie: Von der Kunst, nicht zu handeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holm Friebe
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Titel „Falling Star“ schreibt das ManagerMagazin im November 2012 über das resultierende Wischiwaschi: „Immer wieder hält sich der Daimler-Chef unterschiedliche Optionen offen,immer wieder kostet das viel Geld: etwa bei den Antrieben der Zukunft.“ Während die Konkurrenz klare Commitments in Sachen e-Mobilität eingegangen ist, experimentiert Daimler mit Elektroantrieben, baut eigene Batterien, investiert Milliarden in sparsamere Verbrennungsmotoren und entwickelt parallel als einziger Weltkonzern die Brennstoffzelle weiter. Der Artikel folgert: „Es ist oft so bei Daimler. Dieter Zetsche und sein Vorstand machen nicht ‚Das Beste oder nichts‘. Sondern von allem ein bisschen.“ Wer sich nicht entscheidet und aus allen Rohren ein bisschen feuert, kreiert zielsicher Rohrkrepierer.
    Entsprechend hohl tönen inzwischen Zetsches mantrahaft wiederholte Ansagen, demnächst die Konkurrenten BMW und Audi zu überflügeln und wieder zum größten Luxusautohersteller der Welt aufzusteigen – während die beiden anderen immer weiter davonziehen. Ein wenig erinnert das an Rumelts Quarterback, der immer verzweifelter den Sieg beschwört, ohne den Weg und die Mittel aufzuzeigen.
    „Good strategy“ dagegen meint das genaue Gegenteil: klare Ansagen, was man zu welchem Zweck zu tun gedenkt und was nicht. „Gute Strategie verlangt Leader, die willens und in der Lage sind, nein zu sagen zu einem breiten Spektrum von Aktionen und Interessenlagen. Strategie dreht sich mindestens genauso viel darum, was eine Organisation nicht macht, wie darum, was sie macht.“
    Strategie ist keine Raketenwissenschaft, sondern die Kärrnerarbeit, Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden. Es ist die Kunst, Komplexität sinnvoll zu reduzieren. Napoleon, als Stratege ein großer Minimalist, soll gesagt haben: „Die Kunst des Krieges ist wie alles, das schön ist. Die einfachsten Züge sind die besten.“ Richard Rumelt pflichtet dem bei und erteilt gleichzeitig jenen eine Absage, die Strategieberatung zu einer hochkomplizierten Alchemieform hochstilisieren: „Gute Strategie ist fast immer einfach und offensichtlich und braucht zur Erklärung keinen dicken Stapel von PowerPoint-Slides.“ Klingt simpel. Aber wie sagte noch Brecht über den Kommunismus? Er sei „das Einfache, das schwer zu machen ist“. Gleiches gilt für das Finden einer guten Strategie. Es braucht dazu eine Menge Anlauf, Erfahrungswissen, Gehirnstrom und Diskussionen. Am Ende gelangt man idealerweise zu etwas, das so einfach und selbstverständlich aussieht, als sei es schon immer da gewesen. Dann kann man relativ sicher sein, eine gute Strategie gefunden zu haben.
    Damit ist nicht gesagt, dass sie dann in der Praxis wie an der Schnur gezogen funktioniert. Das hat der preußische Offizier und Strategie-Pionier Carl von Clausewitz leidgeprüft feststellen müssen. In Vom Kriege schreibt er: „Es ist alles im Kriege sehr einfach, aber das Einfachste ist schwierig. Diese Schwierigkeiten häufen sich und bringen eine Friktion hervor, die sich niemand richtig vorstellt, der den Krieg nicht gesehen hat.“ Die Friktionen und Fährnisse des alltäglichen Krieges bringen es mit sich, dass eine Strategie in der Praxis immer wieder angepasst und rund geschliffen wird. Das Gute an einer Strategie ist aber, dass man sie hat. Eine gute Strategie wird sich auch unter diesen Bedingungen bewähren und den „test of time“ bestehen.
    Eine der einfachsten Strategien, die durch souveräne ökonomische Eleganz besticht, wird dabei oft übersehen: das Handeln durch Nicht-Handeln – die Stein-Strategie. Sich von vornherein darauf festzunageln und damit den Status quo zu zementieren,erscheint zu einfach; etwa so, als würde man bei Schnick, Schnack, Schnuck immer Stein spielen. Aber wenn man nach reiflicher Überlegung und gewissenhafter Abwägung aller strategischen Optionen dabei landet: umso besser.
Merkiavellismus
    Nicht von ungefähr wurde Helmut Kohl – für die jüngeren unter den Lesern: deutscher Bundeskanzler von 1982 bis 1998 – oft mit einem Buddha verglichen. Die Zeitschrift Titanic etwa griff diese gängige Assoziation auf und titelte im März 1994: „Buddhismus bizarr: Kohl droht mit Wiedergeburt.“ Die Evidenz des Vergleichs rührte zum einen von seiner physischen Statur des massigen Steh- wie Sitzriesen her, zum anderen von Kohls phlegmatischem Politikstil. Wenn jemals ein deutscher Politiker in die Nähe des „Wu wei“, der in sich ruhenden

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