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Die Stein-Strategie: Von der Kunst, nicht zu handeln (German Edition)

Die Stein-Strategie: Von der Kunst, nicht zu handeln (German Edition)

Titel: Die Stein-Strategie: Von der Kunst, nicht zu handeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holm Friebe
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„fiscal cliff“, der amerikanischen Form der Schuldenbremse. Auch das Delegieren von Verhandlungen an Agenten mit klarer Weisung und engem Verhandlungsrahmen gehört in diese Kategorie. Die drastischste Variante: ein Abweichen verunmöglichen, indem man buchstäblich oder im übertragenen Sinn „die Brücken hinter sich abbrennt“. Mythologie und Geschichte sind voll von Beispielen taktischer Selbstfesselung und heroischen Commitments: von Odysseus, der sich an den Mast seines Schiffes fesseln ließ, um dem Gesang der Sirenen widerstehen zu können, bis zum spanischen Seefahrer Hernando Cortéz, der nach der Landung in Mexiko seine Schiffe versenken ließ, um sich und seine Mannschaft unmissverständlich auf die Eroberungsmission einzuschwören.
    Selbstfesselung ist das wirksamste Mittel gegen Willensschwäche und Wankelmut. Als Normalsterbliche in der Neuzeit gehen wir andauernd Commitments ein, wenn auch weniger spektakuläre. Jeder geschlossene Vertrag ist eine Selbstbindung, jeder Kredit verbunden mit der Verpflichtung auf Rückzahlung. Wir lassen uns Deadlines setzen, um beispielsweise ein Buchmanuskript rechtzeitig abzuliefern. Das Eheversprechen ist der Versuch, sich selbst durch Commitment unter Zeugen auf den Pfad der Tugend einzunorden und gegen zukünftige Versuchungen zu imprägnieren, „bis dass der Tod uns scheidet“ – auch wenn es sich in knapp der Hälfte der Fälle als untauglich erweist. Damit nähern wir uns dem Wesenskern von Strategie. Er besteht im Weglassen. Mit Strategienist es ein bisschen wie mit der Ehe: Sich auf eine Strategie festzulegen heißt, sich ein für allemal gegen alle anderen zu entscheiden.
Gute Strategie, schlechte Strategie
    Strategie heißt Verzicht. Nach diesem simplen und abprüfbaren Kriterium ist vieles, was im hochoffiziösen Kontext von Politik und Wirtschaft als Strategie ausgeflaggt wird, keine – oder eine schlechte. Selbst und gerade Topmanager und Spitzenpolitiker scheinen dem Glauben anzuhängen, wenn sie nur oft genug das Wort Strategie in ihren Texten und Reden unterbrächten, würde diese wie durch ein Wunder vom Himmel fallen.
    Nach Ansicht von Richard Rumelt, Professor an der University of California in Los Angeles, dem in seiner Beraterpraxis viel heiße Luft als Strategie verkauft wurde, hat sich in den letzten Jahren die Kluft zwischen echter Strategie und dem, was die Menschen Strategie nennen, noch einmal verbreitert. Das veranlasste ihn, dieser Unterscheidung mit Good Strategy, Bad Strategy ein eigenes Buch zu widmen und in der Konzeption auch der negativen Seite gebührend Raum zu widmen, denn „Strategie kann kein nützliches Konzept sein, wenn es einfach nur ein Synonym für Erfolg ist“. Solch eine Strategie-Illusion ist vielmehr häufig die Quelle für unerklärlichen Misserfolg.
    „Bad strategy“ meint nämlich nicht einfach nur die Abwesenheit von „good strategy“, sondern folgt einer eigenen Logik. Sie verstopft den Raum, der eigentlich für gute Strategie reserviert sein sollte – und breitet sich dortepidemisch aus. In vielerlei Hinsicht ist „bad strategy“ ein Synonym für Aktionismus, der mangelnde Qualität anfänglicher Entscheidungen durch eine gesteigerte Intensität im Bemühen wettzumachen versucht: „Sie ignoriert die Macht von Festlegung und Fokussierung, versucht stattdessen eine Vielzahl konfligierender Anforderungen und Interessen unter einen Hut zu bringen. Wie ein Quarterback, der seinen Mitspielern allein die Ansage ‚Lasst uns gewinnen‘ macht, maskiert schlechte Strategie die Unfähigkeit zuführen, indem sie in der Sprache hehrer Ziele, Ambitionen, Visionen und Werte schwelgt.“
    Sogenannte Strategien, die aus Harmoniesucht oder Bequemlichkeit vermeiden, sich zwischen konfligierenden Zielen zu entscheiden – was zugegeben oft mit schmerzhaften Einschnitten verbunden ist –, „erzeugen Einkaufslisten voller wünschenswerter Resultate, aber ignorieren die Notwendigkeit, begrenzte Ressourcen zu koordinieren und gezielt einzusetzen“. Rumelts Buch ist voll von Beispielen für Fehler und Versäumnisse im Bereich Strategie, aber eines der schlagendsten finden wir gleich vor der Haustür: Daimler.
    Hatte der letzte Vorstandsvorsitzende Jürgen Schrempp mit seiner Idee der „Welt-AG“ noch eine Art Strategie, auch wenn sie katastrophal nach hinten losging, scheint sein Nachfolger Dieter Zetsche all das zu beherzigen, was Rumelt als Charakteristika von „bad strategy“ anführt. Unter dem

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