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Die Steine der Fatima

Die Steine der Fatima

Titel: Die Steine der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Dame.«
    »Glaubst du, das wird reichen?« Mirwat warf ihm einen Beutel zu.
    Geschickt fing er ihn auf und ließ die goldenen Münzen auf seine Hand gleiten. Ein gieriges Funkeln trat in seine dunklen Augen, und Mirwat hatte den Verdacht, dass auch die Hälfte genug gewesen wäre. Aber das war unerheblich. Schließlich war für die Sicherheit ihres geliebten Gemahls keine Summe zu hoch.
    »Seid gewiss, dass ich meinen zuverlässigsten Mann mit Eurem Auftrag betrauen werde«, sagte er und verbeugte sich lächelnd. »Ihr werdet zufrieden sein. Ich verspreche Euch, dass Ihr schon in wenigen Tagen alles erfahren werdet, was Ihr wissen wollt.«
    »Ich erwarte deine Nachricht«, entgegnete Mirwat und erhob sich.
    Sie ließ sich nach draußen geleiten, wo Nirman auf sie wartete. Auf verschlungenen Wegen kehrten die beiden Frauen zum Palast zurück.
    Um Beatrice herum herrschte Dunkelheit. Es war so finster, dass sie nicht einmal ihre eigene Hand sehen konnte, wenn sie sie dicht vor die Augen hielt. Wie lange war sie schon hier eingesperrt ohne jeglichen Kontakt zur Außenwelt – zwei Tage, zwei Wochen oder gar zwei Monate? Natürlich waren solche Überlegungen Unsinn. Bevor Jussuf sie in diesem finsteren Loch eingeschlossen hatte, hatte er ihr gesagt, dass ihre Haft nur zehn Tage dauern sollte. Nur zehn Tage! Anfangs hatte sie geglaubt, dass sie diese Zeit spielend hinter sich bringen würde, dass sie es diesem widerlichen, fetten Kerl schon zeigen wollte. Er würde sie mit derart hinterhältigen, menschenverachtenden Methoden nicht klein kriegen können. Denn was waren schon zehn lächerliche Tage? Früher waren zehn Tage wie im Flug vergangen. Beatrice hatte beschlossen, diese Tage sogar zu genießen, sie als eine Art Urlaub vom Haremsalltag anzusehen. Zehn Tage, in denen sie endlich einmal allein war, ohne Diener, die sich aufdrängten und ihr selbst die kleinsten Arbeiten abnahmen; ohne die anderen Frauen und ihre seichten Gespräche, die sich immer nur um die gleichen Themen drehten; ohne die allgegenwärtigen Eunuchen, die sie auf Schritt und Tritt begleiteten. Doch trotz ihres festen Vorsatzes hatte sie schnell jedes Zeitgefühl verloren, und schon bald begann sie die anderen Frauen zu vermissen und sich zu langweilen. Außerdem merkte sie schnell, dass der Mensch nicht für die Dunkelheit geschaffen war. Diese undurchdringliche Finsternis, der sie hilflos ausgeliefert war, machte ihr Angst. Gewissenhaft zählte Beatrice die Mahlzeiten. Achtmal hatte sie bisher eine Schüssel mit gekochter Hirse und einen Becher Wasser erhalten. Aber wie viele Mahlzeiten wurden ihr täglich gebracht? Fünf? Drei? Oder vielleicht nur eine? Eine innere Stimme sagte ihr, dass sie vermutlich erst drei Tage im Kerker saß. Immer wieder rief sie sich Jussufs Worte ins Gedächtnis. »Zehn Tage lang wirst du eingesperrt. Du wirst jeden Tag genügend zu essen bekommen, und nach zehn Tagen werde ich dich wieder hinauslassen.«
    Aber wie sollte sie diese zehn Tage durchstehen, wenn sie schon jetzt halb verrückt vor Angst und Einsamkeit wurde? Beatrice begann, sich Sorgen zu machen. Sie war nicht sicher, ob sie sich wirklich hundertprozentig auf die Worte des Eunuchen verlassen konnte. Was wurde aus ihr, wenn Jussuf wegen einer Laune des Emirs mittlerweile ebenfalls im Gefängnis saß? Wenn Nuh II. selbst von seinen politischen Gegnern gestürzt wurde und sich niemand mehr darum scherte, dass der ehemalige Herrscher noch kurz vor seinem Ende eine Frau aus seinem Harem in den Kerker hatte sperren lassen? Oder wenn man sie ganz einfach hier unten vergaß?
    Solche Dinge konnten passieren. Sie hatte einmal in einer Zeitschrift von einem Mann gelesen, der in einem österreichischen Dorfgefängnis mehrere Tage vergessen worden war. Als man sich endlich wieder an ihn erinnerte, war der junge Mann halb tot und verrückt vor Hunger und Durst. Und das war im 20. Jahrhundert passiert, im Zeitalter der Kredit- und Telefonkarten, zu einer Zeit, in der man nicht einmal mehr Brötchen beim Bäcker kaufen oder seine Patentante anrufen konnte, ohne dass irgendeine Bank oder ein Konzern davon erfuhr. Wenn so etwas in einer Zeit der ständigen Erreichbarkeit geschehen konnte, wie viel größer war da die Gefahr, dass man im Mittelalter einfach vergessen wurde. Ein Menschenleben zählte nicht viel, wenn es sich nicht gerade um den Emir selbst oder ein anderes Mitglied des Adels handelte. Sie, Beatrice, war von diesem privilegierten Status so weit entfernt wie der

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