Die Steine der Fatima
Der Stein der Fatima. Sie seufzte. Was mochte ihr dieser seltsame Stein noch an Überraschungen bescheren? Und welches Geschenk…
»…auf dir und deinen Nachkommen.«
Die Worte der alten Frau hallten seltsam deutlich nach. Der Gedanke, der Beatrice jetzt durch den Kopf schoss, war erschreckend. Sie hatte bereits vor sechs Monaten die Beziehung zu ihrem Partner beendet. Seit der Zeit hatte sie keine intimen Kontakte gehabt, wenn man mal von Saddin und Ali absah. Aber das war doch… Beatrice holte tief Luft, ihr wurde plötzlich schwindlig. Ja, konnte denn das möglich sein? Konnte sie wirklich… Gut, ihr war im Laufe des Tages ein paar Mal übel gewesen, aber das hatte doch nichts zu bedeuten, oder?
Mit raschen Schritten lief Beatrice die Stufen hinunter. Sie wusste, dass in einem kleinen Schrank in der Nähe der Patiententoilette die Teststreifen aufbewahrt wurden. Oft mussten sie den Urin junger Frauen untersuchen, um eine Schwangerschaft auszuschließen. Beatrice verschwand auf der Toilette und nahm einen der Plastikbecher. In fünf Minuten würde sie Gewissheit haben.
Doch so lange musste Beatrice nicht warten. Schon nach einer Minute zeigte sich auf dem Teststreifen ein Pluszeichen. Ein riesiges rotes Kreuz, wie ihr schien. Beatrice musste sich setzen. Sie war schwanger. Fieberhaft überlegte sie, wann sie das letzte Mal ihre Periode gehabt hatte. In Hamburg waren es erst wenige Tage gewesen. In Buchara hingegen…
Beatrice schüttelte den Kopf und musste plötzlich Lachen. In was für eine verrückte Geschichte war sie hineingeraten? Kein Mensch würde ihr glauben, dass sie das Kind eines Mannes erwartete, der bereits seit über neunhundert Jahren tot war.
Ich brauche gleich Montag einen Termin bei meinem Frauenarzt, dachte sie, während sie mit zittrigen Beinen die Toilette verließ. Teststreifen konnten falsch positive oder falsch negative Ergebnisse liefern. Im Ultraschall jedoch würde sich zeigen, ob sie wirklich schwanger war. Beatrice trat aus dem Krankenhaus und atmete die kühle, feuchte Nachtluft ein. Es roch nach Benzin, nach Abgasen und Heizungen. Aber da war auch der Geruch von nassem Holz und welkenden Blättern. Beatrice sah zum Himmel. Im Gegensatz zu Buchara konnte sie hier kaum Sterne sehen. Doch direkt über ihr stand ein Sternbild, das ihr hier in Hamburg noch nie aufgefallen war. Sie hatte es aber schon einmal gesehen – in einer anderen Stadt, einer anderen Zeit. Es hatte die Form eines Auges, ein schönes großes strahlendes Auge. Welche Farbe mochte es wohl haben? Vielleicht Blau? Blau wie ein Saphir? Und während Beatrice dieses Auge aus Sternen betrachtete, hatte sie den Eindruck, es zwinkere ihr zu.
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