Die Steine der Fatima
scharf. »Du hast meine Befehle vernommen. Kümmere du dich um die Geschäfte. Und sorge dafür, dass Jussuf die Sklavin in eine finstere Zelle sperrt, aus der sie erst in zehn Tagen wieder entlassen wird.«
»Herr…«
»Geh!«
Ahmad biss sich auf die Lippe, verbeugte sich kurz und verließ hastig den Raum. Nachdem er die Tür fest hinter sich zugezogen hatte, stieß er heftig die Luft aus und schüttelte den Kopf. Vor ihm lag ein großes Stück Arbeit. Die Regierungsgeschäfte bereiteten ihm keine Sorgen. Vieles davon würde er selbst erledigen können, anderes ließe sich tatsächlich aufschieben, bis der Emir wieder vollständig genesen war. Außerdem würde er so ohne viel Aufhebens Saddin den kleinen Gefallen erweisen können, um den der Nomade ihn gebeten hatte. Wenn er selbst die Verhandlung führte, würde es leicht werden, den Gauner Malek al-Omar freizusprechen.
Um Jussuf machte Ahmad sich gar keine Gedanken. Der Eunuch würde den Befehl des Emirs gehorsam ausführen und die Sklavin nach zehn Tagen wieder aus dem Kerker befreien. Und das war genau der Punkt. Ein erneutes Zusammentreffen des Emirs mit dieser germanischen Hexe durfte auf gar keinen Fall zustande kommen. Irgendwie musste es Ahmad gelingen, das zu verhindern.
Weitaus schwieriger würde es jedoch werden, den wahren Grund für die Verletzung des Emirs geheim zu halten. Es gab dunkle Kanäle, aus denen jede noch so unwichtige Begebenheit im Palast nach außen sickerte und in den Gassen Bucharas die Runde machte. Die Diener, die Kaufleute und natürlich Ali al-Hussein – jeder von ihnen konnte die Wahrheit über die gebrochene Nase des Emirs weitertragen. Vielleicht begannen bereits in diesem Augenblick, während er noch hier stand und sich darüber den Kopf zerbrach, wie er das Unheil abwenden konnte, verräterische Zungen mit ihrem Werk. Und eines war sicher – auf diese Geschichte würde sich das Volk mit Begeisterung stürzen. Ahmad seufzte tief.
»O Allah!«, murmelte er und strich sich nachdenklich durch den Bart. »Was soll ich nur tun? Wie soll ich den Namen des Emirs vor dem Gespött des Pöbels schützen? Weshalb hast Du ausgerechnet mir diese Verantwortung aufgebürdet?«
Doch dann glitt ein Lächeln über sein Gesicht. Diese ganze unerfreuliche Angelegenheit hatte auch ihr Gutes. Zehn Tage würde diese Ungläubige eingesperrt sein. Zehn Tage hatte er also Zeit, ihren Besitz nach dem Stein der Fatima zu durchsuchen. Das sollte ausreichen. Er hob seine Hände und dankte Allah für Seine unermessliche Weisheit und Güte.
10
»Der Friede Allahs sei mit Euch, verehrte Dame. Es freut mich, Euch persönlich kennen zu lernen.« Der Mann verbeugte sich höflich vor Mirwat, geleitete sie zu einem der bequemen Sitzpolster und nahm dann ihr gegenüber Platz. »Womit kann ich Euch dienen?«
Der Raum war behaglich und luxuriös ausgestattet und der Mann vor ihr hatte gute Manieren. Dennoch fielen Mirwat lauter unangenehme Dinge ein, die ihr hier, weitab vom Palast in einem verrufenen Viertel von Buchara, zustoßen konnten. Unwillkürlich zog sie ihren Schleier fester um sich. Sie fragte sich, ob ihre Entscheidung richtig gewesen war. Nicht die Entscheidung, mehr über Beatrice und ihre dunklen Machenschaften herauszufinden. An diesem Entschluss hatte sie nicht die geringsten Zweifel, und jetzt schon gar nicht, nachdem diese Hexe aus dem Norden es gewagt hatte, ihren geliebten Mann so schwer zu verletzen. Aber hatte sie sich wirklich an einen Verbrecher wenden müssen? Konnte sie nicht auch auf andere Weise erfahren, was Beatrice bei Samira gewollt hatte? Der Kerl mit dem freundlichen Lächeln war ein Schurke. Er gefiel ihr überhaupt nicht. Daran konnten auch Reichtum und gutes Benehmen nichts ändern.
»Nun? Wollt Ihr mir nicht sagen, was Euch zu mir führt?«, forderte er sie nochmals auf.
»Ich weiß nicht…«, begann Mirwat unschlüssig. Dann kam ihr ein Gedanke. War sie nicht die Lieblingsfrau des Emirs? Hörten nicht ungezählte Diener auf ihre Befehle? Was also sollte ihr ein dahergelaufener Betrüger und Dieb schon anhaben können? Trotzig hob sie ihr Kinn. Sie ließ sich nicht so schnell einschüchtern. »Kennst du Samira?«, fragte sie. Der Mann neigte leicht den Kopf. »Gut. Vor Kurzem hat eine Frau, ihr Name ist Beatrice, Samira aufgesucht. Ich will wissen, was sie von ihr wollte. Um jeden Preis!«
Ein anzügliches Lächeln glitt über das Gesicht des Mannes. »So. Das wird Euch aber einiges kosten, verehrte
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