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Die Steine der Fatima

Die Steine der Fatima

Titel: Die Steine der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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war, machte es den Eindruck, als wäre es direkt der sandigen Erde entwachsen, auf der es stand.
    Saddin musste seinen Untergebenen bereits von Ahmads bevorstehendem Besuch erzählt und entsprechende Anweisungen gegeben haben, denn ein Diener erwartete den Großwesir vor dem Zelteingang. Er verneigte sich vor Ahmad, begrüßte ihn höflich und bat ihn, seine Schuhe am Zelteingang abzustreifen. Erst dann hob er die schwere Plane, die den Eingang verdeckte, und ließ ihn eintreten.
    Ahmad hatte schon oft gemeinsam mit Nuh II. das Lager aufgesucht. Der Emir interessierte sich sehr für die edlen Pferde des Nomaden. Immer wieder schaute er sich die Tiere an und bewunderte sie, und hin und wieder kaufte er Saddin sogar eines ab – meistens für beachtliche Summen. Aber diese Geschäfte wurden in der Regel unter freiem Himmel abgewickelt. Niemals zuvor hatte Ahmad eines der Zelte von innen gesehen, und so traf ihn der Anblick völlig unvorbereitet. Er wusste nicht genau, was er eigentlich erwartet hatte – vielleicht ein paar Felle, irdene Schüsseln und ein offenes Feuer, Staub und Sand. Aber Saddins Zelt war so behaglich, geschmackvoll und luxuriös ausgestattet wie das Haus eines wohlhabenden Kaufmanns. Staunend blieb Ahmad am Eingang stehen. Der Boden war mit kostbaren Teppichen bedeckt. Auf ein paar niedrigen Tischen standen Messingschalen mit Datteln, Feigen und Weintrauben. Ahmad entdeckte sogar Melonen und Granatäpfel, überaus seltene Köstlichkeiten in Buchara. Auf den farbenfrohen Sitzpolstern lagen weiche Lamm- und Ziegenfelle. Mehrere verteilt stehende Öllampen verbreiteten ein angenehmes Licht, und auf einem kleinen Schemel in einer Ecke des Raums befand sich ein Räuchergefäß, aus dem eine dünne Rauchsäule aufstieg, die den warmen, würzigen Duft von Weihrauch und Amber verbreitete. Von Staub, Sand und Armut war weit und breit nichts zu sehen.
    Ein zweiter Diener begrüßte Ahmad und reichte ihm lächelnd ein Paar goldbestickte seidene Pantoffeln.
    »Der Friede sei mit Euch, verehrter Ahmad al-Yahrkun!«, wurde er von einem weiteren Diener begrüßt. Auch dieser lächelte, und Ahmad begann sich zu fragen, ob man ihm sein ungläubiges Staunen vom Gesicht ablesen konnte. »Mein Herr wird bald erscheinen«, fuhr der Diener freundlich fort. »Er beauftragte mich, Euch eine Erfrischung anzubieten, um Euch die Wartezeit zu verkürzen. Wenn Ihr mir bitte folgen wollt?«
    Der Diener führte ihn zu einem der Sitzpolster, half ihm beim Niedersetzen und ordnete sogar die Falten seiner Gewänder. Eine Platte mit Datteln, Feigen und Nüssen stand auf dem niedrigen Tisch neben Ahmad bereit, ebenso ein Krug mit Wasser und zwei Becher. Fassungslos nahm Ahmad den gefüllten Becher entgegen, den der Diener ihm reichte. Das Letzte, was er im Zelt eines Nomaden erwartet hatte, waren Manieren, die sich mit denen am Hofe des Emirs von Buchara messen konnten.
    »Ich werde Euch jetzt allein lassen, Herr«, sagte der Diener und verbeugte sich höflich. »Wenn Ihr einen Wunsch habt, ruft nach mir. Mein Name ist Kemal.«
    Der Diener verbeugte sich noch einmal und verschwand dann zwischen schweren, wollenen Vorhängen in einem anderen Teil des Zelts, der Ahmads Augen verborgen war. Erst jetzt merkte Ahmad, wie durstig er war, gestattete sich aber dennoch keine Gier; Mäßigung in allen Lebenslagen, das war ein Allah wohlgefälliges Verhalten. Vorsichtig trank Ahmad einen kleinen Schluck. Das Wasser war so klar und kühl, als wäre es erst vor wenigen Augenblicken aus einer reinen Bergquelle geschöpft worden – ein Genuss nach Staub und Hitze, nach dem anstrengenden Lauf und der Warterei bei den Pferden. Es war Ahmad ein Rätsel, wie es Saddin gelungen war, derart köstliches Wasser zu beschaffen. Soviel er wusste, gab es im Lager der Nomaden keinen Brunnen. Jeden Morgen sah man die in bunte Gewänder gehüllten Frauen mit den großen Tonkrügen durch das Stadttor gehen, um in Buchara Wasser zu schöpfen. Das Wasser aus diesen Zisternen jedoch war meist abgestanden, hatte eine gelbbraune Farbe und einen lehmigen Beigeschmack. Das Wasser in seinem Becher hingegen schmeckte so köstlich, als stammte es aus Nuhs eigenen Brunnen. Ahmad trank noch einen Schluck – und wartete. Als sich Saddin nach einiger Zeit immer noch nicht blicken ließ, wurde er unruhig. Ratlos drehte er den Becher in seiner Hand und überlegte, was er tun sollte.
    »Kemal!«
    Die dichten Vorhänge bewegten sich leicht, und wie durch einen Zauber stand der

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