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Die Steine der Fatima

Die Steine der Fatima

Titel: Die Steine der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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das Juwel in deinem Besitz?«
    »Nein.«
    Die Antwort kam schnell, kühl und sicher. Dennoch beobachtete Ahmad den Nomaden misstrauisch. Log er ihn etwa an? Da fiel ihm ein, dass Saddin, wie alle Schurken, jedes Wort auf die Goldwaage zu legen pflegte. Womöglich hatte er nur die falsche Frage gestellt.
    »Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. Solltest du den Stein in deinem Besitz gehabt und ihn verkauft haben, bitte ich dich, mir das zu sagen. Ich muss es wissen.«
    Die letzten Worte kamen zu schnell, zu hastig. Ein Fehler, dessen Ahmad sich durchaus bewusst war. Saddin würde misstrauisch werden, Verdacht schöpfen, den Preis für den Stein hochtreiben. Aber er konnte nicht anders. Er musste die Antwort erfahren. Nervös ballte Ahmad die Hände zu Fäusten, bis die Knöchel weiß hervortraten. Sein Herz klopfte bis zum Hals, kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn.
    »Warum?«
    Ahmad sah den Nomaden verständnislos an.
    »Warum müsst Ihr es wissen, Ahmad?«
    Ahmad spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. Weshalb nur hatte er die lange Wartezeit, die Allah in Seiner Weisheit ihm geschenkt hatte, nicht genutzt, um sich seine Worte genau zu überlegen? Was um alles in der Welt sollte er dem Nomaden jetzt antworten?
    »Ich wollte… ich dachte mir…«, stammelte er, während er verzweifelt versuchte, die passenden Worte zu finden.
    Saddin schüttelte den Kopf. Ein Lächeln glitt über sein Gesicht und entblößte dabei seine herrlichen ebenmäßigen Zähne – eine Reihe kostbarer weißer Perlen im Gesicht eines Gauners und Betrügers.
    »Gebt Euch keine Mühe, verehrter Freund. Lasst mich raten. Der Stein interessiert Euch sehr. Ihr würdet ihn gern in Euren Besitz bringen. Die Barbarin hat den Stein nicht mehr, sonst würdet Ihr nicht mich fragen müssen.« Die Augen des Nomaden wurden schmal. »Ihr habt das Zimmer der Barbarin bereits durchsucht.« Er schnalzte mit der Zunge. »Ihr überrascht mich, Ahmad al-Yahrkun. Ich entdecke ungeahnte Seiten an Euch.«
    Ahmad spürte, wie der Zorn in ihm aufwallte. Was bildete sich dieser Schurke eigentlich ein? Wie konnte er es wagen, ihn offen zu verhöhnen, ihn so zu demütigen? Trotzdem musste er wissen, ob Saddin den Stein der Fatima in seinem Besitz gehabt hatte. Wieder einmal biss er die Zähne zusammen und schluckte seinen Zorn hinunter.
    »Ich vermute, dass die Barbarin Samira den Stein gab. Samira ist nun tot. Deshalb muss ich dich fragen…«
    »Ob ich Samira getötet habe?«, unterbrach ihn Saddin. Seine Augen begannen zornig zu funkeln. »Dazu hatte ich wahrlich keinen Grund. Und ich kann Euch versichern, dass Samira Euren Stein nicht hatte.«
    »Aber wie kannst du dir sicher sein?«, fragte Ahmad. »Die Barbarin könnte ihr den Stein gegeben haben. Und dass sie jetzt tot ist…«
    »… hat überhaupt nichts mit diesem Stein zu tun«, unterbrach ihn Saddin heftig. »Samiras Tod ist das, was man das Werk eines unfähigen, törichten Mannes nennen könnte. Aber, Allah sei Dank, sein Handlanger hat bereits dafür bezahlt, sonst hätte ich mich auch darum selber kümmern müssen.«
    Ahmad fuhr sich verzweifelt durchs Haar. »Aber wo ist der Stein dann?«
    »Woher soll ich das wissen? Ich habe ihn nicht, und Samira hatte ihn auch nicht, sonst hätte sie ihn mir gegeben.« Saddin hob bedauernd die Hände. »Es tut mir leid, dass ich Euch nicht mehr dazu sagen kann. Wenn ich gewusst hätte, wie viel der Stein Euch bedeutet, hätte ich ihn an mich genommen und für Euch aufbewahrt. Die Gelegenheit wäre überaus günstig gewesen. Aber ihr müsst zugeben, dass es kaum in meiner Macht steht, derartige Wünsche vorauszusehen.« Saddin erhob sich und half Ahmad beim Aufstehen.
    Offensichtlich hatte er nicht die Absicht, noch länger mit dem Großwesir zu reden. »Ich vermute, Eure dringenden Geschäfte, von denen man mir erzählte, halten Euch davon ab, noch länger zu verweilen. Ich bedaure dies zutiefst, das Gespräch mit Euch war überaus lehrreich. Allerdings habe auch ich Verpflichtungen, die keinen Aufschub dulden.«
    Am Zelteingang blieb Ahmad stehen. Während er darauf wartete, dass man ihm seine Schuhe brachte, ließ er seinen Blick über die Zelte schweifen. Plötzlich erregte etwas am Stadttor seine Aufmerksamkeit. Ahmad rieb sich die Augen und schaute noch einmal hin. Aber nein, er hatte sich nicht getäuscht. Dort oben, direkt über dem Tor, hing etwas, das aussah wie ein Mensch.
    »Saddin!«, schrie er. »Komm schnell!«
    »Was ist denn jetzt

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