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Die steinerne Pest

Die steinerne Pest

Titel: Die steinerne Pest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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war sonnenklar: Sie hatte sie
durchsucht.
»Trautman ist im Salon«, sagte Mike, anstatt auf ihre
Worte einzugehen. »Zusammen mit Singh. Soll ich ihn
holen?«
Serena schüttelte beinahe entsetzt den Kopf. »Nein!«
sagte sie hastig und viel zu laut. »Ich... ich gehe schon
selbst. Aber was tust du denn hier? Es ist mitten in der
Nacht?«
»Ich bin aufgewacht, weil ich ein Geräusch gehört habe«, log Mike. »Und ich wollte nachsehen, wer da so spät
noch unterwegs war. Aber wo ich schon einmal wach bin,
kann ich dich genausogut zu Trautman begleiten. «
»Das ist wirklich nicht nötig«, sagte Serena. »Geh lieber
wieder ins Bett und schlaf ein bißchen. Morgen früh
erreichen wir die Insel, und es wird bestimmt ein
anstrengender Tag. « »Bestimmt«, sagte Mike.
Serena schien noch etwas anmerken zu wollen, aber
dann sah sie wohl selbst ein, daß sie sich sowieso nur mit
jedem Wort tiefer in Widersprüche verwickelte, und beließ
es bei einem Achselzucken. Ohne ein weiteres Wort ging
sie an ihm vorbei und wandte sich nach links, zum Salon
hin.
Einen Moment überlegte Mike ganz ernsthaft, ihr nachzugehen
- natürlich nicht, weil er glaubte, daß sie
tatsächlich etwas mit Trautman zu besprechen hatte, das
war nichts als eine Ausrede gewesen und nicht einmal eine
besonders kluge, sondern einfach, um zu sehen, wie sie
sich aus der Situation herauswand. Aber dann drehte er
sich statt dessen in die entgegengesetzte Richtung und
ging in seine eigene Kabine zurück. Er tat tatsächlich, was
Serena ihm geraten hatte, und ging wieder zu Bett.
»Was ist passiert?« Mike fuhr sich verschlafen mit den
Fingerknöcheln über die Augen und versuchte vergeblich,
ein Gähnen zu unterdrücken. Er hatte nicht besonders gut
geschlafen, und was ihn schließlich so früh wieder
geweckt hatte, das war keine Störung gewesen, sondern
etwas, was nicht mehr da war: das Geräusch der Motoren,
die die NAUTILUS während der letzten anderthalb Tage
mit voller Kraft vorwärtsgetrieben hatten.
Er war wohl auch nicht der einzige, dem dies aufgefallen
war: Auf dem Weg in den Salon kamen ihm Ben und Juan
entgegen, und als er den großen Raum betrat, stieß er um
ein Haar mit Serena zusammen, die im letzten Moment
erschrocken beiseite trat. Ihr Anblick erinnerte ihn wieder
an den kurzen Zwischenfall vom vergangenen Abend und
sie wohl auch, denn sie senkte hastig den Blick und
wandte sich um, so daß ihm gar keine Gelegenheit blieb,
noch einmal die Sprache darauf zu bringen. Er hatte es
ohnehin nicht vorgehabt. »Trautman hat mir befohlen, das
Schiff anzuhalten«, antwortete Singh, der hinter den
Kontrollinstrumenten stand. »Er ist oben im Turm, aber er
-« Den Rest des Satzes hörte Mike schon gar nicht mehr.
Er war auf der Stelle herumgefahren und lief auf die
metallene Wendeltreppe zu, die nach oben führte. Singh
rief ihm nach, er solle dableiben, aber das ignorierte er.
Immer noch ein bißchen schlaftrunken, trotzdem aber so
schnell er konnte, lief er die Metallstufen zum Turm der
NAUTILUS hinauf. Er fand Trautman genau dort, wo
Singh gesagt hatte: hoch aufgerichtet hinter einem der
großen, runden Bullaugen, die den Turm an beiden Seiten
flankierten und nicht zuletzt mit dazu beigetragen hatten,
daß das Unterseeboot dort, wo immer es auftauchte,
Legenden von Seeungeheuern und glotzäugigen Monstern
hervorrief.
Trautman hatte ein Fernglas an die Augen gesetzt und
blickte angestrengt hinaus. Mike sah in dieselbe Richtung,
kniff jedoch sofort geblendet die Augen zusammen, denn
die Sonne war gerade erst aufgegangen und stand als
grellweißer, schier unerträglich heller Ball am Horizont,
so daß Mike sich fragte, wie Trautman überhaupt in der
Lage war, etwas zu sehen. Er mußte Mike bemerkt haben,
denn er hatte sich keinerlei Mühe gegeben, leise
heraufzukommen, wandte sich jedoch nicht zu ihm um
und setzte auch den Feldstecher nicht ab. Trotzdem konnte
Mike den besorgten Ausdruck auf seinem Gesicht deutlich
erkennen und auch die angespannte Haltung, in der er
dastand und nach Osten blickte. »Was ist los?« fragte er.
Trautman setzte nun doch den Feldstecher ab, aber nur für
einen ganz kurzen Moment, um hastig den Kopf in seine
Richtung zu drehen und dann wieder aus dem Fenster zu
blicken. »Ihr solltet unten auf mich warten«, sagte er in
ungewohnt ungeduldigem, tadelndem Ton. Mike war
jedoch viel zu aufgeregt, um das überhaupt richtig zu
registrieren. Unaufgefordert trat er an dem großen
Steuerruder in der Mitte des

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